Paradiesschnäpper und Genozid

Skizzen aus Kigali, Ruanda. Teil I. Von Sylvia Bukowski

In Ruanda unterricht Pfarrerin Sylvia Bukowski im Auftrag der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) einige Wochen lang angehnde Pastorinnen und Pastoren. Von ihren ersten Eindrücken aus Kigali erzählt sie in Gedichten:

Sonntagmorgen in Kigali

Der erste Vogel: ein Paradiesschnäpper.
Blühende Bäume säumen die Straßen.
Die Straßenkehrerin trägt auf ihrem Kittel die Aufschrift: new life.
In der Kirche singt sich die Gemeinde in Trance
Ein Bauarbeiter mit gelbem Helm tanzt dazu auf dem Rohbau
Dunst hüllt die Hügel Kigalis ein.
Nichts lässt ahnen,
was hier vor 20 Jahren geschah.

Central memorial of the genocide in Rwanda

Ein stiller Ort
neben dem Massengrab für Hunderttausende
zeigt, wie vorher das Leben war,
vor dem entfesselten Morden
an Menschen,
die dann nur noch „Kakerlaken“ hießen.
Ehemänner sollten ihre Frauen töten,
ihre Kinder zerhacken,
Nachbarn verraten;
die 10 Gebote des Teufels befahlen totale Vernichtung.
Zerspaltene Schädel geben Zeugnis
von dem Gehorsam.
Und zuletzt sind da die Fotos der Kinder,
zerknittert, befleckt, unzählige Male ans Herz gedrückt,
hergegeben,
damit ihrer gedacht werde

Für immer.

 

Yvette Uweri,5 Jahre,

Yves Mugista,1 Jahr

Geschwister
Lieblingsessen: Chips
Lieblingsgetränk: Milch
Yvonne: Daddy`s daughter
Yves: Mummy`s boy

Mit der Machete zerhackt im Haus der Großmutter.

 

Ariane Umutono, 4Jahre

Lieblingsessen: Kuchen
Lieblingsbeschäftigung: Singen und Tanzen
Augen ausgestochen, Schädel zerspalten.

 

David Mugiromeza, 10 Jahre alt

Hobby: Fußball
Lieblingsbeschäftigung: Leute zum Lachen bringen
Traum: Arzt
Letzter Satz: die UNOMIR wird kommen

Zu Tode gefoltert.

 

Bernhardin Kambanda, 17 Jahre

Hobby: Sport
Lieblingsgetränk: Tee
Klassenbester

Mit der Machete zerhackt in der Kirche von Nyamata.


Sylvia Bukowski, Kigali, Februar 2014
Skizzen aus Butare, Ruanda. Teil III

von Sylvia Bukowski
von Sylvia Bukowski

„Die Kirche ist aus Bambus und Gras, ringsherum armselige Hütten Dort wohnen Witwen und Waisen des Genozids, aber auch entlassene Mörder...“
Lied der neuen Woche (Letzter Sonntag nach Epiphanias): Herr Christ, der einig Gottes Sohn (eg 67)

Sylvia Bukowski erzählt, wie es ihr mit dem „ehrwürdigen Bekenntnislied“ in Ruanda ergeht.