Flüchtlinge nach Deutschland holen oder in der Heimat unterstützen

Ist ein Exodus christlicher und jesidischer Flüchtlinge aus dem Irak sinnvoll?


Flüchtlingslager im Nordirak (Foto: Andreas Flick)

In der Diskussion, die Innenminister de Maiziére angestoßen hat, geht es auch um einen Vergleich mit den Hugenotten, die aus Frankreich nach Deutschland flohen.

Auf der EKD-Internetseite evangelisch.de ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob es für die Islamisten im Irak ein "Triumph" wäre, alle Christen und Jesiden aus dem Land zu jagen,  oder ob es ein Akt der Humanität sei, alle Ausreisewilligen in Deutschland oder Europa aufzunehmen. Die christliche wie die jesidische Minderheit im Irak und in Syrien sind jüngst besonders unter Druck geraten, da Kämpfer der IS-Militz sie als Ungläubige mit besonderer Rücksichtslosikeit behandeln, sie vertreiben oder gar auszurotten versuchen.

Innenminister de Maizère gegen großzügige Aufnahme von Irak-Flüchtlingen

Rund 1,2 Millionen Jesiden, Christen und andere religiöse Minderheiten sind bereits innerhalb des Iraks auf der Flucht. Nun ist die Frage, ob sie auser Landes gebracht werden oder im Irak bleiben sollen. Die Jesiden selbst wollten nach dem Ende der Kämpfe in ihre Heimatregionen zurückkehren, sagte der Minister laut epd der "Bild am Sonntag". "Deshalb gehe es jetzt nicht darum, Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutschland zu holen, sondern dafür zu sorgen, dass sie im Land bleiben können." Es wäre ein "unerträglicher Triumph" für die Terroristen, "wenn am Ende des Konflikts die Christen aus dem Irak vertrieben wären - kulturhistorisch und menschheitsgeschichtlich", fügte de Maizière hinzu.

In den Kommentaren zur Meldung des epd auf evangelisch.de äußerten sich dann einige Personen zu der Frage, wie de Maizère als Nachkomme der Hugenotten diese Haltung vertreten könne. Auch diese wären in Deutschland aufgenommen worden, hätten die Gesellschaft bereichert und für ihr Herkunftsland Frankreich einen Verlust dargestellt.

Die größte Gruppe der besonders Verfolgten stellt im Nordirak die Gruppe der Jesiden dar. Diese monotheistische Religion ist möglicherweise älter als das Christentum, beruft sich aber in seiner heutigen Form auf Scheich ʿAdī, der im 12. Jahrhundert in den kurdischen Bergen die Religionsgeminschaft wiederblebte. Die Jesiden (oder auch Eziden) leben nach sehr strengen Regeln als ein Teil des kurdischen Volksstamms und mit deren Sprache. Aus dem Osmanischen Reich und der Türkei vertriebene Jesiden leben auch in Georgien und Armenien. In Deutschland gibt es schätzungsweise 60.000 Jesiden.

Auch verfolgte Christen wollen im Land bleiben

Die verfolgten Christen im Irak gehören zumeist zur Assyrischen Kirche des Ostens an. Ihr Sprachrohr im deutschsprachigen Westen, der irakische Erzpriester und bischöflicher Vikar Emanuel Youkhana, bittet unablässig um Unterstützung des Westens - sowohl humanitär als auch mitlitärisch. Aus der Stadt Mosul, dem biblischen Ninive, seien inzwischen so gut wie alle Christen vertrieben, die dort seit 1600 Jahren ansässig gewesen seien. Die meisten sind in die von der kurdischen Peschmerga kontrollierten Gebiete geflohen und harrten dort aus, um in ihre Heimat zurück zu kehren. Selbst wenn ihnen das gelingen sollte, werden sie dort nichts mehr von dem vorfinden, was sie verlassen haben. Nicht nur Häuser und Kirchen, sondern auch das Grab des Jonas sind von den IS-Terrorbanden gesprengt worden.

Georg Rieger

epd-Meldung und Kommentare auf evangelisch.de