Die Aufnahme von Flüchtlingen ist Christenpflicht

Diakonische Konferenz der Evangelisch-reformierten Kirche in Leipzig zum Thema Flucht und Integration

Eberhard Grüneberg, Leiter des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Foto: Carola Bußmann-Deinis)

Die Diakonische Konferenz der Evangelisch-reformierten Kirche hat ein klares Bekenntnis für die Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft ausgesprochen.

Der Leiter des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Eberhard Grüneberg sagte am Samstag, 22. Oktober 2016 „Die Aufnahme von Flüchtlingen ist Christenpflicht.“ Er sprach vor etwa 150 Teilnehmern der Konferenz in der Evangelisch-reformierten Kirche in Leipzig. Erstmals fand die Jahreskonferenz des Diakonischen Werkes in Leipzig statt. Sie stand unter der Überschrift „Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen (Mt. 25,35) – Auf der Suche nach Heimat“.

Grünberg war Hauptreferent der Tagung und begann seinen Vortrag mit biblisch begründeten Grundorientierungen für Kirche und Diakonie: Die Prüffrage für das tägliche Handeln könnte die Frage sein, „Was würde Jesus dazu sagen?“, wie sie Martin Niemöller sich gestellt habe. Grünberg empfahl, sich in der christlichen Grundhaltung, nicht von anderen verrückt machen zu lassen. „In der Bibel steht alles drin, was wir über Gott und die Welt wissen können und sollen. Die Bibel ist sozusagen der Kompass für alles, was uns beschäftigt.“

Grünberg betonte, dass sich aus den Exilerfahrungen des biblischen Israel sehr konkrete Hinweise für die Aufgabe der Integration gewinnen ließen: „Flüchtlinge wollen sich in die Gesellschaft einbringen; aber ob sie ihre Identität und ihre Religion aufgeben wollen, das darf bezweifelt werden. Der Wunsch, über kurz oder lang Moscheen wie in Chemnitz oder Erfurt bauen zu wollen, ist da nur verständlich.“

Schließlich stieß Grünbergs These von der „Diaspora-Existenz“ der Gemeinde Gottes bei der reformierten Hörerschaft auf starke Resonanz. So wie die Leipziger Gemeinde vor mehr als dreihundert Jahren von Hugenotten gegründet wurde, verdankten sich viele Gemeinden der reformierten Kirche der Initiative von Migranten und Glaubensflüchtlingen. Christsein in der Welt bedeute, in Spannung mit der Welt zu leben, sagte Grünberg. Dies heiße jedoch nicht, sich zurückzuziehen, sondern im Gegenteil, „der Stadt Bestes“ zu suchen:  „Je besser es gelingt, als Kirche für das allgemeine Wohl der Gesellschaft sich stark zu machen, desto relevanter ist die Rolle, die Kirche in der Zukunft spielt“, hob Grünberg hervor.

Zuvor hatte Torsten Bonew, Bürgermeister und Finanzverantwortlicher der Stadt Leipzig, die Gäste der Diakonischen Konferenz mit einer persönlichen Erinnerung in Bann gezogen: Am 9. Oktober 1989 habe er als 18-Jähriger beim Montagsgebet eben in der Reformierten Kirche am Tröndlingring gesessen. Mit gemischten Gefühlen habe er damals die Ansage vernommen, dass die Kirche die ganze Nacht als Zufluchtsstätte offenstehen sollte und dass vorsorglich eine Sanitätsstation dort eingerichtet worden sei. „Ich danke Gott jeden Morgen dafür, dass wir die Sanitätsstation in jener Nacht nicht in Anspruch nehmen mussten“, sagte Bonew unter dem Beifall der Konferenz.

Kirchenpräsident Martin Heimbucher antwortete, es gebe wohl keinen besseren Ort zur Diskussion über die Fragen von Migration und Integration als Leipzig, die Stadt der friedlichen Revolution von 1989. Wie 1989 sei die Kirche auch heute herausgefordert, der Gesellschaft Orientierung zu geben: „Sorgen wir dafür, dass nicht denen der öffentliche Raum überlassen wird, die mit ihrem Hass und ihren dumpfen Parolen die errungene Freiheit und Humanität gefährden.“

Pastor Bernd Roters, Vorsitzender des Diakonischen Werkes, dankte im Namen des Auditoriums der Leipziger reformierten Gemeinde für deren Gastfreundschaft und die ausgezeichnete Vorbereitung der Konferenz. Er sagte, mit dieser Diakonischen Konferenz wolle die Evangelisch-reformierte Kirche auch praktische Anregungen für eine gelingende Integration liefern und die Kirchengemeinden in ihrer Arbeit stärken. Am Nachmittag bearbeitete die Konferenz in acht Gruppen Handlungsfelder der Flüchtlingsarbeit und Integration. Bereits am Vorabend hatte Pastorin Elke Bucksch die Gäste in die Geschichte ihrer Gemeinde eingeführt, in der Persönlichkeiten wie der Aufklärungstheologe Georg Joachim Zollikofer und der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy gelebt und gewirkt hatten.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt das musikalische Programm der Konferenz mit dem Kammerensemble „Trio anima barocca“ um Kantorin Christiane Bräutigam.

23. April 2016
Ulf Preuß, Pressesprecher

 

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