Neuer Chef für Johannes a Lasco Bibliothek

Kirchenhistoriker Kestutis Daugirdas wird neuer wissenschaftlicher Vorstand

Der 44-jährige gebürtige Litauer werde die Leitung am 1. November übernehmen, sagte der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher, am Dienstag in Emden. Der Vertrag des jetzigen Vorstands, Marius Lange van Ravenswaay, ende dann.

Daugirdas stammt aus der zweitgrößten litauischen Stadt Kaunas und studierte evangelische Theologie in Frankfurt/Main und Mainz. Sein Vikariat absolvierte der reformierte Theologe in Litauen, wo er auch zum Pastor ordiniert wurde. Nach mehreren wissenschaftlichen Stationen arbeitet er seit 2010 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für europäische Geschichte in Mainz. Seit 2011 ist Daugirdas deutscher Staatsbürger. 2016 wurde er an der Universität Tübingen mit einer Arbeit über den Sozianismus habilitiert. Die Bewegung versuchte im 16. und 17. Jahrhundert Theologie und neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu verbinden.

Die Arbeit in der a-Lasco-Bibliothek sei eine große wissenschaftliche Herausforderung, sagte Daugirdas. Er bringe ein Forschungsprojekt mit nach Emden, bei dem es um die digitale Erschließung und Vernetzung von etwa 2000 historischen Briefen und Drucken geht. Das Projekt knüpfe an seine Habilitationsschrift an. Sogar astronomische Daten der Weltraumagenturen NASA und esa würden dabei mit den historischen Quellen verknüpft. Dieses Prinzip wolle er langfristig auf den gesamten Bestand der Bibliothek anwenden, so dass Wissenschaftler in aller Welt über das Internet gemeinsam die Inhalte nutzen könnten. Mit dem Projekt erhalte die Bibliothek zusätzliche zweieinhalb wissenschaftliche Stellen.

Kirchenpräsident Heimbucher sprach als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung der Bibliothek von einer „wunderbaren Aussicht“. Der Wechsel in der wissenschaftlichen Leitung werde zu Umbrüchen in dem Haus führen. Anders als Lange van Ravenswaay werde Daugirdas sich mit einer Vollzeitstelle der Arbeit in der Bibliothek widmen können. „Das ist ein von uns gewollter Qualitätssprung.“ Auch wegen seiner Herkunft Litauen erhalte die Bibliothek mit dem neuen Leiter einen „europäischen und weltweiten Horizont“.

Der aktuelle Leiter van Ravenswaay drückte seine Freude aus, dass es gelungen sei, einen jungen Wissenschaftler nach Emden zu holen. Er sei Daugirads auch deswegen eng verbunden, weil er ihm in der Emder Bibliothek im Jahr 2009 den den J.F. Gerhard Goeters-Preis der Gesellschaft für die Geschichte des Reformierten Protestantismus überreichen konnte.

Zu den Sammlungsgebieten der Bibliothek gehören die reformierte Theologie, die Konfessionsgeschichte der frühen Neuzeit und die Landesgeschichte Ostfrieslands. Insgesamt verfügt sie über mehr als 160.000 Bände, deren Grundbestand auf die seit 1559 bestehende Büchersammlung der reformierten Gemeinde Emden zurückgeht.

1995 wurde die Bibliothek in den Ruinen der 1943 zerstörten Großen Kirche in Emden eröffnet. Wegen der desolaten finanziellen Situation der Stiftung wurde der damalige Leiter im Herbst 2008 entlassen. Die Bibliothek musste ein Jahr lang schließen und konnte nur dank einer Rettungsaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 1. Februar 2010 wieder eröffnen


Quelle: Meldung Evangelisch-reformierte Kirche

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