Was halten Sie von der Aktion?
Martin Rüsch: Einerseits kann ich die Beweggründe gut nachvollziehen, das Justizsystem in Russland ist sicher fragwürdig, das Urteil gegen Pussy Riot skandalös. Auf diese Punkte wollten die Aktivisten aufmerksam machen. Andererseits ist es für uns unverständlich, dass die Aktion unabgesprochen und ohne Bewilligung erfolgt ist. Da müsste man schon vorher den Kontakt mit der Kirchgemeinde Grossmünster suchen. Zudem war die Aktion auch risikoreich. Von daher lehnen wir das Vorgehen ab.
Wurden die Aktivisten nicht kontrolliert, bevor sie auf den Turm gingen? Grössere Gepäckstücke müssen unten gelassen werden, aber es ist nicht möglich, alles zu kontrollieren. Das wollen wir auch nicht. An jenem Tag herrschte ein grosser Besucherandrang, und da hätte es einen Securitas-Wachmann gebraucht, um alle genau zu kontrollieren.
Verändern Sie jetzt etwas beim Einlass des Turmes?
Wir sind ohnehin daran, die Abläufe des Touristenstromes zu überprüfen und allenfalls neu zu konzipieren. Aber eine vollumfängliche Kontrolle gibt es nie, und wir möchten den Turm auch nicht schliessen müssen.
Wie haben die Leute auf die Aktion reagiert?
Einerseits sehr positiv, viele haben Verständnis für die Aktion und schätzen die besonnene und gelassene Reaktion der Kirchgemeinde. Vereinzelt gibt es empörte Reaktionen, weil der Kirchturm für politische Propaganda missbraucht wurde. Und man befürchtet auch, dass Leute meinen können, die Kirchgemeinde selber sei dafür verantwortlich.
Warum haben die Aktivisten wohl den Grossmünster-Turm gewählt?
Man sieht ihn von weit her, und er ist sicher einer der wenigen zentralen Symbolorte der Deutschschweiz. Von daher ist die Wahl verständlich.
(Interview ref.ch/Matthias Böhni)