Synkretismus oder kontextuelle Theologie? - Skizzen aus Sri Lanka III

Meine erste Elefantenbegegnung

Der Elefant steht auf einem Lastwagen.
Seine Füsse sind angekettet
an die Seitengitter.
Als er von den Ketten befreit wird,
hebt er den Kopf.
Mit den gewaltigen Stoßzähnen
sieht er stolz aus.
Dann wird er am Schwanz
vom Wagen gezogen.
Schwerfällig und unsicher
sucht sein Hinterbein
Halt bei Abstieg.
Die Leute lachen.
Gedemütigt  schlurft er
durch den Eingang des Tempels.

Abkündigung

Vor 2 Tagen
ist Frau Chandra gestorben.
Sie hat lange zur Gemeinde gehört.
Noch auf dem Sterbebett hat sie gebeten,
nur ja christlich beerdigt zu werden.
Aber ihre muslimische Verwandtschaft
hat sich ihren Leichnam geholt.
Was sollte ich machen,
fragt der Pfarrer.
Nun soll sie eingehüllt werden
in unsere Gebete
auf dem Weg
zu ihrem Herrn.

Thai Pongal

Ein Hindu Fest wird christlich gefeiert.
Der Gottesdienst beginnt
in der Kühle des Morgens,
wenn man noch den Atem sieht.
Die Wiese ist festlich geschmückt.
Vorn steht ein irdener Topf auf dem Feuer
gefüllt mit Milch.
Eine Frau legt um ihn herum
Bananen, Zuckerrohr und Kokosnüsse.
Sie hebt die Hände betend zur Sonne.
Sie ist eine Hindu.
Eine Trommel eröffnet den Gesang.
Ölleuchter werden angezündet.
In allen 3 Sprachen danken wir Gott
für Nahrung, Gesundheit und Leben.
Es ist der 2. Tag von Thai Pongal.
Am ersten wird das Haus gereinigt
und alles Unnütze wird verbrannt.
Der 2. Tag beschwört die Fülle des Lebens.
Am 3. werden die Tiere geschmückt und dürfen ausruhen.
Am 4. Tag – erst nach den Tieren,
dürfen auch die Frauen feiern.
Die Predigt verwebt die Hindubräuche
mit biblischen Texten.
Danach warten wir,
bis die Milch überkocht,
zum Zeichen überschäumender Fülle,
und jeder streut eine Handvoll Reis hinein.
Bis der Reis gar ist,
wird gesungen und gebetet.
Wir empfangen das Abendmahl
mit diesem Reis, getränkt in einer scharfen Fruchtsoße.
Und endlich wärmt uns die Sonne.
Thai Pongal,
ein Hindufest, christlich gefeiert.
Synkretismus
oder kontextuelle Theologie?

Sajeemie

Sie ist eine  Kämpferin,
meine Nachbarin Sajeemie,
Studentin der Mathematik
und voller Lachen.
Sie lebt in der Hütte ihrer Schwester.
Aufgewachsen ist sie ohne Vater.
Mit harter Feldarbeit hat ihre Mutter
das Schulgeld bezahlt für ihre 3 Kinder.
Nur Sajeemie hat das College geschafft.
Die ganze Familie ist stolz auf sie,
oft legt sie ihre Schlafmatte vor die Tür,
damit sie beim Lernen nicht ans  Schlafen denkt.
Sie muss gut sein,
denn sie kann sich keinen Titel kaufen
wie die Reichen.
Ihr Bruder bezahlt ihr Studium
von seinem mageren Sold.
Er dient in der singhalesischen Armee,
ist stationiert in Jaffna.