Søren Kierkegaard (5. Mai 1813 - 11. November 1855)

Über ihn sagte Karl Barth:

"Ich halte ihn für einen Lehrer, durch dessen Schule jeder Theologe einmal hindurch gegangen sein muss. Wehe einem jeden, der sie versäumt haben sollte! Nur dass er nicht in ihr sitzen bleiben und besser nicht in sie zurückkehren würde!"

Søren Kierkegaard, den dänischen Philosophen, Theologen und Dichter, den Vordenker des Existentialismus, entdeckte Barth selbst 1919, in der "Wende" zwischen der ersten und zweiten Auflage seines Römerbriefes. Er schätze den "dialektischen Mut Kierkegaards" als große religiöse Möglichkeit (Römerbrief, 255). Barths zweiter Römerbrief von 1922 ist durchzogen vom Kierkegaardschem Denken wie etwa dem "Paradox" und dem "unendlichen qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch".

Als "Paradox" à la Kierkegaard bezeichnet Barth Jesus als den Christus, als Messias, der das Ende der Zeit ist (Römerbrief, 6). In Jesus beginne, so Barth, "die Mitteilung Gottes mit einem Zurückstoßen, mit dem Aufreißen eines klaffenden Abgrundes, mit der bewussten Darbietung des kräftigsten Ärgernisses", wie Kierkegaard geschrieben habe: 'Nimm die Möglichkeit des Ärgernisses weg, wie man in der Christenheit getan hat, so ist das ganze Christentum direkte Mitteilung, und dann ist das ganze Christentum abgeschafft. Es ist ein leichtes, oberflächliches Etwas geworden, das weder tief genug verwundet noch heilt, die unwahre Erfindung des bloß menschlichen Mitleids, die den unendlichen qualitativen Unterschied zwischen Gott und Mensch vergisst' (vgl. Römerbrief, 80).

Später distanzierte Barth sich von Kierkegaards Sicht, die Subjektivität für die Wahrheit zu halten und rückte Jesus Christus "in die Mitte" seines Denken. Als der Schweizer Theologe im Jahr 1963 den Sonning-Preis in Kopenhagen erhielt, schätzte er sich mit dem ihm eigenen Humor glücklich, dass Kierkegaard nicht mehr lebe und ihm vorhalten könne, "dass man die wirkenden Propheten mit Steinen und nicht mit solchen Preisen zu bedenken pflegte".

Søren Kierkegaard wurde vor 200 Jahren, am 5. Mai 1813 geboren.

Bis zu seinem Geburtstag erinnert jeden Tag ein Kierkegaard-Zitat auf reformiert-info an den "Lehrer".

"Jeder Mensch ist aus Gottes Hand eine Original-Ausgabe."

Søren Kierkegaard, in: Christliche Reden, 1848

 

Barth-Zitate aus:
Karl Barth, Der Römerbrief 1922, Zürich 1989.
Eberhard Busch, Karl Barths Lebenslauf, München 1986 (1. Aufl. 1975), 128f.187.

 


bs, 25. April 2013
''Jeder Mensch will gern dankbar sein für das Gute, das er empfängt, doch das Herz eines jeden Menschen ist auch schwach genug, gern selbst bestimmen zu wollen, was das Gute ist.''

Søren Kierkegaard, in: Zwei erbauliche Reden, 1843
''Gottes Wort ist gegeben, damit du danach handelst, nicht, damit du dich daran versuchst, dunkle Stellen zu interpretieren.''

Søren Kierkegaard, in: Zur Selbstprüfung, der Gegenwart anbefohlen, 1851
''Ist nicht in Wahrheit der einzige Beweis dafür, dass man eine Überzeugung hat, dass das eigene Leben sie handelnd ausdrückt?''

Søren Kierkegaard, in: Erbauliche Reden in verschiedenem Geist, 1847
''Man soll nicht schlecht über das Paradox denken; denn das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens, und der Denker, der ohne das Paradox auskommt, ist wie ein Liebhaber ohne Leidenschaft: ein mittelmäßiger Patron.''

Søren Kierkegaard, in: Philosophische Brocken, 1844
''Ohne Risiko kein Glaube. Glaube ist gerade der Widerspruch zwischen unendlicher Leidenschaft der Innerlichkeit und der objektiven Unwissenheit. Kann ich Gott objektiv greifen, dann glaube ich nicht, aber gerade weil ich es nicht kann, darum muss ich glauben; und will ich mich im Glauben bewahren, muss ich beständig achtgeben, dass ich an der objektiven Unwissenheit festhalte, dass ich in dieser objektiven Unwissenheit 'über den 70000 Klaftern Wasser' bin und doch glaube.''

Søren Kierkegaard, in: Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift, 1846
''Religiös gesprochen ist die Erfüllung immer bereits im Wunsch vorhanden, die Beruhigung der Sorge in der Sorge, genau wie Gott bereits in dem Leid ist, das ihm zugetragen wird.''

Søren Kierkegaard, in: Drei erbauliche Reden, 1844
''Der Vergleich ist die gefährlichste Bekanntschaft, die die Liebe machen kann; der Vergleich ist die schlimmste aller Verführungen.''

Søren Kierkegaard, in: Der Liebe Tun, 1847
''Wer der Zukunft hoffend entgegenblickt, den kann das Vergangene in keinem Augenblick versteinern; denn es kehrt ihm ja beständig den Rücken zu.''

Søren Kierkegaard, in: Zwei erbauliche Reden, 1844