Prekäre Lage von Migranten in Marokko - Hilfe aus dem Rheinland

Seinen Dank fasste der Jurist Diachari Poudiougo in ein großes Wort: ''Es grenzt an ein Wunder, dass ein Afrikaner wie ich hierher kommen kann.''

Der Jurist Diachari Poudiougo traf sich im Rheinland mit Präses Manfred Rekowski und weiteren Vertretern der rheinischen Landeskirche, um ihnen über die prekäre Lage von Migranten aus Subsahara-Afrika in Marokko zu berichten.

Poudiougos Besuch ist ein lebender Kommentar zum Thema: Einst als Flüchtling aus seiner Heimat Mali nach Marokko gekommen - mit dem Traum Europa im Kopf -, ist er nun ins Rheinland geflogen, berichtet bei Begegnungen in der Evangelischen Kirche im Rheinland von der Flüchtlingsarbeit der Evangelischen Kirche von Marokko, die er bis vor kurzem selbst leitete. Auch beim Kirchentag in Hamburg war er dabei.

„Es ist wichtig, dass wir von dieser sehr beeindruckenden Arbeit erfahren“, betonte Präses Rekowski bei der Begegnung. Für das Engagement des Kirchenkreises Jülich, Partnerkirche der marokkanischen Kirche, und auch den großen persönlichen Einsatz dankte der Präses auch im Namen der rheinischen Kirche.

Jülichs Superintendent Jens Sannig berichtete über die Lage rund um die Stadt Oujda an der Grenze zu Algerien, die „an Dramatik kaum zu überbieten ist“. Zuletzt war er im März dort, erfuhr das Elend, die Menschenrechtsverletzungen, die die Flüchtlinge dort erleiden.

Wahre Friedensnobelpreisträger

In die Gegend werden Menschen aus Subsahara ausgesetzt. Sannig: „Es ist für viele, die dort ausgesetzt werden, eine Art Todesurteil.“ Nothilfe für die Betroffenen leisteten vor allem junge Menschen, Studierende aus verschiedenen Ländern Afrikas, quasi Geschwister. Sannig: „Sie sind die wahren Friedensnobelpreisträger dieser Welt.“

Wie Diachari Poudiougo erläuterte, ist die Nothilfe eine der vier Säulen der Flüchtlingsarbeit der evangelischen Kirche in Marokko. Nothilfe – das können ein paar Lebensmittel sein, ein paar gebrauchte Kleider, eine Decke, Medikamente. Die zweite Säule bilden Berufsausbildungen – zum Koch, zum Automechaniker, zur Frisörin, zum Teppichweber.

Wenigstens im informellen Sektor arbeiten

Ziel ist es, dass sich die Migranten dann wenigstens selbst „durchwurschteln“ können, im informellen Sektor. Auch Mikroprojekte sollen die Migranten in die Unabhängigkeit führen, erklärte Poudiougo. Der vierte Pfeiler, das Stipendienprogramm, unterstützt Studierende dabei, in Marokko ihren Studienabschluss zu machen und dann in ihr Heimatland zurückzukehren, um dort zur Entwicklung beizutragen.

Finanziert würde die Programme zum allergrößten Teil aus Deutschland, fasste Poudiougo zusammen, Geld kommt aus dem Kirchenkreis Jülich, der Evangelischen Kirche im Rheinland, von der Aktion „Brot für die Welt“, der UNO-Flüchtlingshilfe und dem Evangelischen Entwicklungsdienst. Das Psychosoziale Zentrum (PSZ) in Düsseldorf half mit Fortbildungen.

Abschreckende EU-Migrationspolitik

Sannig skizzierte außerdem aktuelle politische Fragen: Das geplante Abkommen zwischen Europäischer Union (EU) und Marokko regle u.a. eine Drittstaatenregelung. Demnach würden Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika beispielsweise in Deutschland oder Spanien von der EU nach Marokko abgeschoben, auch sogenannte Altfälle.

Das Ganze diene der Abschreckung. Marokko als verlängerter Arm der EU-Migrationspolitik? Sannig: „Verlierer sind die Flüchtlinge aus Subsahara. Auf ihrem Rücken wird EU-Politik ausgetragen. Ihr Leben ist nichts wert.“

Politische Lobbyarbeit wird fortgesetzt

Im weiteren Gespräch ging es um die Frage, wie die Arbeit auch aus der rheinischen Kirche heraus fortgesetzt werden soll. Klar war: Politische Lobbyarbeit tut weiter Not. Daneben sollen Wege gefunden werden, auch die praktischen Hilfen auszudehnen - bisher muss die Kirche in Marokko zwei Drittel der Hilfesuchenden mangels Mitteln abweisen, wie Hans-Joachim Schwabe sagte, stellvertretendes Kirchenleitungsmitglied.

Für Diachari Poudiougo persönlich soll es so weiter gehen: Er will nach Marokko zurückkehren, um bis Sommer seine Promotion abzuschließen. Danach möchte er – trotz des Kriegs – in seine Heimat Mali zurückkehren.

Video und weitere Informationen über die Flüchtlingsarbeit in Marokko