Kurzmeldungen




Die Leere bleibt

20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda. Internationale Tagung in Wuppertal

Mehr als 100 Menschen aus Deutschland, Ruanda und anderen Ländern nehmen an der Tagung in Wuppertal teil. ©Foto: reformiert-info

von Christoph Wand, VEM

1994 erschütterte der Völkermord in Ruanda die Welt. Schätzungsweise eine Million Menschen wurden innerhalb weniger Monate getötet, viele von ihnen von ihren Bekannten, Nachbarn oder sogar eigenen Familienmitgliedern. Eine hochkarätig besetzte Tagung in Wuppertal schaut heute und morgen zurück auf die Ereignisse von damals und auf die Entwicklung, die Ruanda seit damals gemacht hat. Zu der Tagung eingeladen hat das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) in Zusammenarbeit mit der Vereinten Evangelischen Mission (VEM).

Freunde verloren

"Wir denken zurück an das Undenkbare" – mit diesen Worten begrüßte Dr. Jochen Motte, Sprecher des Koordinationskreises des ÖNZ, die rund 100 Gäste aus aller Welt im Tagungszentrum "Auf Dem Heiligen Berg". "Viele von uns haben damals Freunde verloren. Und wir selbst haben uns gefragt: ,Warum haben wir das Offensichtliche nicht vorausgesehen? Warum haben wir es als kirchliche Organisationen nicht geschafft, die internationale Gemeinschaft dazu zu bringen, das Morden zu stoppen?’"

Ein Augenzeugenbericht

Eindrücklich erzählte Esther Mujawayo, Traumatherapeutin im Psychosozialen Zentrum Düsseldorf, von ihren eigenen Erlebnissen während des Völkermordes. Fast alle ihre Angehörige starben, darunter ihr eigener Mann; wie die Mörder kamen, die Männer von Frauen und Kindern trennten und alle Männer töteten. Das Schlimmste sei gewesen, ihre Angehörigen noch nicht einmal begraben zu können. "Wie kannst Du trauern, wenn Du noch nicht einmal weißt, wo ihre sterblichen Überreste sind?" Sie habe Glück gehabt und überlebt, sagte Esther Mujawayo. Die Bilder aber verfolgten sie auch 20 Jahre danach noch. "Die Leere bleibt." Dabei könne man ja noch nicht einmal auf eine ausländische Macht wütend sein, die diesen Krieg ins Land gebracht hätte. Es seien ja die Nachbarn gewesen, die Ärzte, die Erzieher, sogar die Pastoren, die zu Mördern wurden. "Wir mussten eine ganze Gesellschaft wieder aufbauen."

"Der Mörder ist in uns"

"Der Mörder ist in uns" – das sei ein wichtiger Satz beim Versöhnungsprozess, betonte Gloriosa Bazigaga von International Alert bei der anschließenden Podiumsdiskussion. Das Nebeneinanderleben von Mördern und Menschen, deren Angehörige getötet wurden, sei nur möglich, wenn gezeigt werde, dass das Böse in jedem Menschen schlummere. "Die Mörder sind keine lebenslängliche Dämonen. Auch sie können sich verändern."

Autoritär oder nicht?

Gerd Hankel vom Institut für Sozialforschung kritisierte eine autoritäre und einseitige Art der Aufarbeitung in Ruanda. Außerhalb der von der Regierung verordneten Bahnen zu denken sei in Bezug auf den Völkermord nicht gewünscht. Dem widersprach die Botschafterin Ruandas in Deutschland, Christine Nkulikiyinka. Kritisches Denken sei in Ruanda erlaubt, werde schon in der Schule gefördert.


20. März 2014
 

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