Kurzmeldungen




Zur aktuellen Diskussion um Rüstungsexporte

Ein altes Zitat zu Kriegsindustrie und wirtschaftlicher Macht

Karl Barth schrieb im Jahr 1951: „Es ist heute vor allem vor den Augen aller, die sehen wollen, daß es in der ganzen Welt eine weitverzweigte, durch die moderne Technik gewaltig in Bewegung gesetzte und vorwärtsgetriebene und diese ihrerseits immer weiter vorwärtstreibende Industrie gibt, die als Kriegsindustrie …

… mit allen ihren Verbindungen zu Industrie, Technik und Handel anderer Art ein gebieterisches Bedürfnis danach hat, daß von Zeit zu Zeit unter möglichst großem Verschleiß des vorhandenen Materials und zur Anregung weiterer Nachfrage nach solchem aufs neue Kriege geführt werden und also entstehen müssen.

Das bedeutet aber, daß es uns ganz anders als früheren Zeiten bekannt sein kann und bewußt sein müßte, daß das, was im Kriege auf dem Spiel steht und als Motiv zum Kriege wirksam ist, viel weniger der Mensch selbst und sein wirkliches Lebensbedürfnis als des Menschen wirtschaftliche Macht ist: nur daß es sich im Kriege zeigt, daß nicht er diese Macht, sondern diese Macht ihn hat, und zwar zu seinem Verderben hat, indem sie ihn, statt ihm zu helfen, zu leben und leben zu lassen, dazu nötigt zu töten und sich selbst töten zu lassen. Der Krieg offenbart den im tiefsten Grund chaotischen Charakter schon des sogenannten friedlichen Wollens, Strebens, Schaffens des Menschen, seine tiefe Unkunst, Herr zu sein, ohne eben damit nicht nur Sklave, sondern sein eigener Verderber, im Grunde Selbstmörder zu werden. Der Krieg ist die Offenbarung der notorischen Lebensunfähigkeit, des Gerichtes, das der Mensch schon im Frieden auf sich zu ziehen dauernd im Begriffe steht. Und das bedeutet, daß eigentlich nur noch die Oberflächlichkeit die Kriegsfrage trennen kann von der Friedensfrage, das heißt von der Frage: was wollen und tun wir, auf was ist des Menschen Leben ausgerichtet und wie ordnet er sein Leben, bevor der Krieg mit seinem Töten und Getötetwerden jeweils wieder einmal da ist? Haben wir die Macht zum Leben oder hat sie uns? Solange sie uns hat, wird der Krieg immer wieder unvermeidlich werden. Si vis pacem, para bellum! lautet die alte Römerweisheit. Vernünftigerweise müßte es heißen: Si non vis bellum, para pacem! Sorge für eine bessere Organisation des Friedens! Aber offenbar wollen wir ja schon im Frieden etwas sehr Kriegsmäßiges, wie könnten wir da für den Frieden, wie könnten wir da für etwas Anderes als eben für den Krieg rüsten und wie müßte er da nicht immer wieder ausbrechen und geführt werden? Das ist die ungeschminkte Wahrheit, der man sich heute nicht mehr so leicht wie früher entziehen kann.“ – Karl Barth, KD III/4,517

bs, August 2014

 

Nach oben   -   E-Mail  -   Impressum   -   Datenschutz