Glaube ohne Kirche?

Westfalen: Austausch mit der amerikanischen Partnerkirche UCC


Reverend R. Philip Hart, Christa Kronshage, Vorsitzende des UCC-Ausschusses der westfälischen Landeskirche, Dr. Thies Gundlach und Ökumenedezernet Dr. Ulrich Möller (von links). Foto: EKvW

WESTFALEN/USA - Viele Menschen sind religiös ohne Kirche – in Deutschland ebenso wie in den USA. Dort wächst die Zahl derer, die sich als Christen empfinden, aber keiner Kirche angehören. Für Pfarrer R. Philip Hart aus Columbus/Ohio ist das kein Grund zur Sorge. Der Theologe von der United Church of Christ (UCC) empfiehlt den Kirchen, mit dieser Herausforderung offensiv umzugehen. „Es ist eine großartige Chance, mit den Kindern Gottes außerhalb unserer Organisation in Verbindung zu kommen.“

Er sprach auf einer deutsch-amerikanischen Tagung zum Thema „Glaube ohne Kirche“ am Freitag und Samstag (12./13.9.) in Schwerte-Villigst. Dazu hatte die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) eingeladen, die mit der UCC Kirchengemeinschaft pflegt.

Nach Überzeugung von Pfarrer Hart muss die Kirche Energie, Personal und Geld einzusetzen, um auf die vielen Kirchenfernen zuzugehen. Er sprach von einer ganz besonderen Phase in der Kirchengeschichte – „für uns gleichermaßen verwirrend, spannend und aufregend“.

In der UCC Ohio wird es dazu jetzt ein sogenanntes Innovations-Labor (Innovation Lab) geben – als Möglichkeit, neue Formen des christlichen Glaubens zu erproben, um religiös ansprechbare Menschen außerhalb der Kirche zu erreichen. So werden beispielsweise „Mikrokirchen“ entwickelt mit dem Ziel, dass kleine Gruppen Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten und zu ungewöhnlichen Zeiten feiern können, sei es im Wohnzimmer, in der Kneipe, im Kino oder im Supermarkt.

Auch in Deutschland verlagern sich religiöse Themen immer stärker in den Bereich des Privaten und Intimen, erklärte Dr. Thies Gundlach (Hannover), Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Wir reden untereinander schneller über Sex als über Religion“, so der Theologe.

Gleichzeitig würden existenzielle Themen wie Geburt und Tod, Sinn- und Beziehungsfragen mehr und mehr als religiöse Themen erkannt. Die Erwartungen an die Qualität pastoraler Arbeit würden höher. Es sei immer selbstverständlicher, dass man etwa Gottesdienste zur Trauung oder zur Taufe nach eigenen Wünschen mitgestalten wolle. Gundlach: „Solche Erwartungen sind eine Riesenchance für uns als Kirche.“

Er rief dazu auf, die Kirchenmitglieder „auch in ihrer Halbdistanz zu lassen und zu würdigen“. Ebenso sei die Frage zu stellen: „Wie weit reicht Kirche? Gehen wir eigentlich weit genug hinaus?“ Für Gundlach bedarf es weiterer, neuer überraschender Orte, Formen und Liturgien.

Believing without Belonging!
Rev. R. Philip Hart, United Church of Christ, Ohio Conference


Pressemeldung der EKvW, 13. September 2014