Dankbarkeit und kritisches Problembewusstsein

Erntedankgottesdienst im Kirchenkreis Wittgenstein


Präses Annette Kurschus, WLV-Präsident Johannes Röring, Martin Ahlhaus vom Amt für Mission, Ökumene und Kirchliche Weltverantwortung der EKvW und Lukas-Pfarrer Dr. Ralf Kötter (von links): Sie alle kamen beim Festgottesdienst in der Evangelischen Kirche in Bad Berleburg-Elsoff zu Wort. Foto: Jens Gesper / Kirchenkreis Wittgenstein

BAD BERLEBURG/WESTFALEN - „Ich erinnere mich an kaum eine Zeit in meinem Leben, in der unsere Gesellschaft derart von Sorgen zerfressen war wie gegenwärtig. Krieg, Terror und rohe Gewalt drohen ganze Völker auszulöschen. Flüchtlingsdramen von ungeahnten Ausmaßen spielen sich ab: in Syrien, im Irak, im Mittelmeer. Die Folgen des Klimawandels schreiten voran. Die Seuche namens Ebola gerät außer Kontrolle. Unsere Kirche verliert zusehends an Finanzkraft und Bedeutung.“ Das sagte Präses Annette Kurschus am Sonntag (5.10.) in Bad Berleburg-Elsoff.

Die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) predigte im Gottesdienst zur gemeinsamen Erntedankfeier von westfälischer Landeskirche und Westfälisch-Lippischem Landwirtschaftsverband (WLV), der in diesem Jahr im Evangelischen Kirchenkreis Wittgenstein stattfand. Trotz dieser niederschmetternden Analyse war das Leitmotiv des Gottesdienstes dem 104. Psalm entnommen und hieß: „Du machst das Land voll Früchte.“ In ihrer Predigt plädierte Annette Kurschus nicht trotz, sondern gerade wegen all der aktuellen Probleme dafür, dankbar zu sein für das Gute, das es zweifelsohne in unser aller Leben jeden Tag gibt. Sie ermutigte ausdrücklich dazu, genau hinzuschauen, um das Gute zu sehen: „Gutes wahrnehmen und darüber staunen lenkt mich nicht ab von allerlei Schwierigkeiten und Missständen – im Gegenteil: Es macht mich stark, ihnen mutig ins Auge zu sehen und sie anzugehen. Mit meiner Dankbarkeit für erlebte Fülle verleugne ich nicht manchen eklatanten Mangel – im Gegenteil: Sie hilft mir dazu, den Mangel klar zu benennen und entschlossen zu bekämpfen. Dankbarkeit und kritisches Problembewusstsein sind am stärksten, wenn sie zusammengehören und Hand in Hand gehen. Wenn wir uns so benehmen, als seien sie unvereinbare Gegensätze, die sich gegenseitig ausschließen und blockieren, wird alles schief. Jedenfalls hat dann die Sorge leichtes Spiel mit uns. Dann überfordert sie und macht müde.“

Leben auf dem Land zukunftszugewandt gestalten

Auch nach dem Gottesdienst kamen die Probleme des ausblutenden Landes in von Lukas-Pfarrer Dr. Ralf Kötter moderierten Gesprächen vor. Aber Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann, der WLV- Präsident Johannes Röring und Präses Annette Kurschus ermutigten dazu, das Leben auf dem Land weiter zukunftszugewandt zu gestalten. Im Verbund aller Akteure vor Ort. Und Annette Kurschus wusste, weshalb die Christen in diesem Prozess und generell bei allen gegenwärtigen Problemen eine ganz wichtige Rolle spielen: „Wir sind als Kirche wichtig, weil wir die Verheißung haben, dass Gott mit der Welt etwas anderes vorhat.“

5000 Brote

Der Erntedankgottesdienst war in der EKvW auch gleichzeitig das Startsignal für die Aktion "5000 Brote". Bei der Aktion sind alle Konfirmandinnen und Konfirmanden in Deutschland eingeladen, Brote zugunsten von Kinder- und Jugendbildungs-Projekten in Kolumbien, Bangladesch und Ghana zu backen und diese für eben diesen guten Zweck zu verkaufen. In Westfalen haben sich mehr als 70 von rund 500 Gemeinden zur Aktion angemeldet.

Pressemeldung der EKvW, 6. Oktober 2014