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Digitale Kompetenz stärken

EKD-Synode in Dresden nahm Beratungen über Schwerpunktthema »Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft auf«

EKD. Am heutigen Montagvormittag hat sich die in Dresden tagende Synode intensiv mit ihrem Schwerpunktthema „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“ auseinandergesetzt. In mehreren Impulsreferaten beleuchteten Fachleute die unterschiedlichen Facetten des Verhältnisses von Kirche, Religion und Digitalisierung.

Der Theologe Christian Grethlein, Professor an der Universität Münster, betonte, die Digitalisierung stärke potenziell die Bedeutung des Einzelnen und der kleinen Gruppen. Der soziale Nahbereich gewinne an Bedeutung ebenso wie weltweite Vernetzungen. Demgegenüber spielen nach Auffassung von Grethlein historisch gewachsene Grenzen von Kirchengemeinden oder Landeskirchen immer weniger eine Rolle.

Theologisch sieht Grethlein den Protestantismus mit seinem biblisch begründeten Konzept des Priestertums aller Getauften für die neue Situation gut gerüstet. Auch die Internationalität des Christentums sei ein großes Gut. In der Wahrnehmung der digitalisierten Kommunikation werden nach Auffassung des Theologen konfessionelle Unterschiede bedeutungslos – für Grethlein ein „Hoffnungszeichen“. Aufmerksamkeit erhalte nur noch das, „was den Menschen praktisch im Leben weiterzuhelfen verspricht“.

Als wichtige Aufgabe christlicher Ethik benannte der Professor die Auseinandersetzung mit den Gefahren für Privatheit und Sicherheit durch die Digitalisierung. Hier müssten Lösungen gesucht und generationenübergreifende Lernprozesse in Gang gesetzt werden. Die Tendenz zur Beschleunigung und Dauerbeanspruchung steht für Grethlein in Spannung zu konkreter Frömmigkeitspraxis: „Die Beziehung zu Gott benötigt Zeiten der Ruhe und Konzentration“.

Die Designforscherin Gesche Joost, Internetbeauftragte der Bundesregierung wies auf negative Entwicklungen der digitalen Vernetzung wie „Cyber Mobbing“, die Präsenz extremistischer Gruppen und Verletzungen der Privatsphäre hin, hob aber zugleich die Chancen hervor. Anhand des Beispiels der Kommunikation von Taubblinden mittels einer Art „Daten-Handschuh“ entwarf sie das Bild einer „inklusiven vernetzten Gesellschaft“. Hier führe digitale Technologie zu mehr Teilhabe und die Vielfalt der Gesellschaft werde besser abgebildet. Die Gestaltung von inklusiven Zugängen zur digitalen Kommunikation nannte Joost als eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung.

Die jüngere Generation schaffe laut Joost im Internet neue, andere Formen des gesellschaftlichen Engagements. So gebe es Online-Plattformen, in denen soziale oder entwicklungsbezogene kleine Initiativen ohne großen Aufwand um praktische und finanzielle Unterstützung für ihre Projekte werben können. Öffentlich zugängliche Daten würden durch freiwillige Programmierer für Gemeinsinn-Projekte aufbereitet, zum Beispiel für eine rasche Übersicht freier Kindergarten-Plätze in einer Stadt, berichtete die Berliner Professorin. Solche Chancen dürften aber nicht nur den digitalen Eliten zu Gute kommen.
Professorin Caja Thimm, Medienwissenschaftlerin aus Bonn, zeigte eine Vielfalt an Beispielen der Präsenz christlicher Kirchen in den digitalen Medien auf. Zwar seien diese im Netz in kompetenter Weise präsent. Doch werde die eigenständige Online-Kultur mit ihren Regeln von vielen Institutionen nicht verstanden. Öffentlichkeitsarbeit funktioniere dort gut, es gehe aber um die Frage, wie man Menschen erreicht, um „medienvermittelte Vergemeinschaftung“ zum Beispiel in Gebet und Gottesdienst.

Die Kirchen können nach Auffassung von Thimm den gesellschaftlichen Wandel nicht ignorieren, weil sie sonst Adressaten verlieren. Sie sollten die Netzkulturen kennen und verstehen lernen. Es bestehe allerdings das Risiko, dass die Entfremdung vom Glauben durch „Distanzmedien“ verstärkt werde.

Landessuperintendent Detlef Klahr (Emden) brachte als Vorsitzender des Vorbereitungsausschusses für das Schwerpunktthema die „Bausteine“ für eine Kundgebung der Synode in das Plenum ein. „Die Kommunikation des Evangeliums gelingt nur, wenn wir als Kirche und als einzelne Christen in der digitalen Gesellschaft wahrnehmbar sind“, betonte Klahr. Die Kirche müsse Wege zu mehr „religiöser Sprachfähigkeit“ suchen – dies sei eine Bildungsaufgabe.

Ohne eine Kompetenz für das Digitale werde es der Kirche nicht gelingen, am Diskurs über die digitale Gesellschaft teilzunehmen und sich „für die Freiheit des Menschen einzumischen“, betonte der Ausschussvorsitzende Auch wenn diese Kompetenz schon bei vielen Ehren- und Hauptamtlichen in der Kirche vorhanden sei, sei die „bewusste Mitgestaltung“ der digitalen Gesellschaft als solches“, in der Kirche noch „wenig etabliert“.

Dresden, 10. November 2014
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt

 

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