Kurzmeldungen




Ein Wochenende in Dresden

Einspruch! Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger

Martin Luther vor der Dresdner Frauenkirche (Foto: Georg Rieger)

Nein! Ich will nicht mit Pegida-Demonstranten reden. Ich will nur Freunde besuchen.

Meine Frau und ich fahren am Wochenende nach Dresden. Eigentlich sollte es ein ganz normaler Besuch bei Freunden werden. Mit ein bisschen Stadtbesichtigung, Musik machen und abends in eine Neustädter Kneipe. Doch jetzt ist der Ausflug unvermutet zu einem Politikum geworden. Nach Dresden? Was wollt Ihr denn da? Demonstrieren?

Eine Stadt ist zum Symbol eines Phänomens geworden, das aber sicher nicht auf Dresden beschränkt ist. Nein, ich meine gar nicht die ausländerfeindlichen Parolen, die bei den Pegida-Demonstrationen herumgebrüllt werden. Dass mehr als zehn Prozent der Bevölkerung für rechtsradikales Gedankengut empfänglich ist, bestätigen uns entsprechende Untersuchungen seit Jahren.

Viel gefährlicher sind die Verteidiger dieser Aufmärsche, die sich nun in den Talkshows breit machen und mit der Forderung daher kommen, man müsse mit diesen Menschen reden, die da eine allgemeine Unzufriedenheit zum Ausdruck brächten - mit der Politik und den vielen Missständen. Ja, das klingt nach Verständnis und Gesprächsbereitschaft. Und da kann man ja schließlich nichts dagegen haben, oder?

Und eben doch! Zu reden gibt es schon. Aber nicht mit Pegida, sondern gegen Pegida. Und zwar in aller Deutlichkeit. Dabei geht es mir nicht um Verunglimpfungen. Die kann man sich in der Tat sparen. Aber es kann doch nicht sein, dass wir über so einen Unsinn wie die Islamisierung Deutschlands ernsthaft reden. Wir wissen nicht nur, dass es sie nicht gibt, sondern auch, dass diese Drohkulisse das Hirngespinst von Menschen ist, die für Andersdenkende nichts als Verachtung übrig haben.

Mit diesen Menschen - zudem in dieser aufgeheizten Stimmung - zu reden, ist völlig sinnlos. Das heißt aber ja nicht, dass man sie nicht insofern ernst nehmen sollte, als man ihnen deutlich macht, wie falsch sie mit ihren Argumenten liegen. Und natürlich müssen die Lügen entlarvt werden, mit denen die Hetzer Stimmung machen.

Eine dieser Lügen ist, dass in Deutschland über manche Themen nicht offen geredet werden dürfe. In der etablierten Presse hat sich tatsächlich selten jemand gefunden hat, über die Islamisierung Deutschlands zu schreiben. Wie auch? Doch das nehmen die Pegida-Initiatoren zum Anlass, diese im Nazi-Jargon als "Lügenpresse" zu diffamieren. Erst wurde das Gespräch mit dem Hinweis auf die deutsche Gesinnungsdiktatur verweigert und jetzt jammern die Schafbepelzten uns bei Jauch und Konsorten die Ohren voll, dass niemand mit ihnen redet. Ja hallo!

Wohlgemerkt! Es geht mir nicht darum, generell das Gespräch zu verweigern. Aber nicht wegen Pegida, sondern trotz Pegida sollte der gesellschaftliche Diskurs fortgeführt und intensiviert werden. Aber organisierte Gesprächsrunden wie sie die sächsische Landeszentrale für politische Bildung begonnen hat, sind Wasser auf die Mühlen derer, die Ängste schüren und dann erwarten, dass die Gesellschaft auf ihre Ressentiments Rücksicht nimmt.

Genau dazu bin ich jedenfalls nicht bereit und freue mich schon auf das Standbild Luthers vor der Dresdner Frauenkirche, das mir dafür ein gutes Symbol zu sein scheint. Die Wahrheit nämlich ist, dass alle Menschen vor Gott gleich sind. Das können selbst Atheisten mit anderer Begründung unterschreiben. Und das gilt es immer wieder laut zu sagen. Da gibt es viel zu reden - in der Tat!

Georg Rieger, 21. Januar 2015

 

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