Kurzmeldungen




Ein Christ zwischen zwei Stühlen

J. F. Gerhard Goeters-Preis für Dissertation über den französischen Gelehrten und Diplomaten Jean Hotman (1552 – 1636)

Dr. Marius J. Lange van Ravenswaay überreicht Dr. Mona Garloff den Gerhard Goeters Preis.

Die Historikerin Mona Garloff hat am Sonntag Abend (15.3.) in der Johannes a Lasco Bibliothek den J. F. Gerhard Goeters-Preis der Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus erhalten.

Ausgezeichnet wurde die Dissertation der Akademischen Rätin am Lehrstuhl für Frühe Neuzeit der Universität Stuttgart über den französischen Gelehrten und Diplomaten Jean Hotman (1552 – 1636). Die Arbeit mit dem Titel „Irenik, Gelehrsamkeit und Politik. Jean Hotman und der europäische Religionskonflikt um 1600“ würdigte Marius J. Lange van Ravenswaay, Vorsitzender der Gesellschaft, als einen herausragenden Beitrag zum Denken Hotmans.

Kirchenfrieden und Politik

Hotman war maßgeblicher Protagonist der Debatten über einen Frieden zwischen den Konfessionen reformiert, lutherisch und katholisch. Als Diplomat hatte Hotman verschiedene Modelle religiösen Friedens in England, den Niederlanden, der Eidgenossenschaft und im Heiligen römischen Reich deutscher Nation kennengelernt. Das anglikanische Staatskirchentum beeindruckte ihn besonders. Den weltlichen Herrscher als Kirchenoberhaupt einzusetzen, sah er als einen wichtigen Schritt zum Religionsfrieden. Eine dauerhafte Friedensordnung in Europa könne nur die Reunion der reformierten und der römisch-katholischen Kirche Frankreichs in einer gallikanischen Nationalkirche garantieren, war Hotman überzeugt. Die Wiedervereinigung der getrennten Kirchen sah er als Aufgabe der weltlichen Herrscher.

Hotmans Einsatz für Kirchenfrieden sei eng mit politischen Zielen verknüpft gewesen, hob Lange van Ravenswaay hervor. Eine konfessionelle Spaltung habe Hotman nur als nötigen Übergang bis zum Konfessionsfrieden akzeptiert.
Als Ireniker – vom griechischen Wort eirene = Frieden – wirkte Hotman vor allem, indem er irenische Schriften sammelte und herausgab sowie eine vielfältige Korrespondenz zu Gelehrten in ganz Europa pflegte.

Aus "unio" wurde "Re-Union"

In ihrer Dankesrede erläuterte Mona Garloff, in den 1560er Jahren habe sich die Sprache, wie an einer Einheit der Kirche von Reformierten, Lutheranern und Katholiken festgehalten wurde, verändert. Aus dem Ziel einer „unio“, wurde sprachlich die Re-Union, also eine Wiederherstellung der Einheit.
Hotman selbst, der Sohn eines berühmten calvinistischen Juristen, sah alle Konfessionskirchen als Teil der römisch-katholischen Kirche. Er war, das wussten bereits seine Zeitgenossen, „ein Christ zwischen zwei Stühlen“.
Die Schwierigkeit, Hotman selbst auf eine Konfession festzulegen, zeige, so Garloff, dass es um 1600 noch keineswegs festgezogene Linien zwischen den Konfessionen gegeben habe, auch wenn die etablierten Kirchen sich darum bemüht hätten.
Diese Erkenntnis stand am Anfang der Tagung unter der Frage: Was ist Reformierten heilig? Die 10. Internationale Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus findet noch bis zum 17. März statt.

Seit 2001 vergibt die Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus alle zwei Jahre den mit 2500 euro dotierten J. F. Gerhard Goeters-Preis für eine hervorragende deutschsprachige Dissertation oder Habilitation zu einem Thema der Geschichte des reformierten Protestantismus.
Bisherige Preisträger waren: Daniel Bolliger, Nicola Gwen Stricker, Peter Opitz, Judith Becker, Kestutis Daugirdas, Marco Hofheinz und Frank Ewerszumrode OP, der sich den Preis mit
Boris Wagner-Peterson teilte.

Mona Garloff

Irenik, Gelehrsamkeit und Politik
Jean Hotman und der europäische Religionskonflikt um 1600

1. Auflage 2014
400 Seiten gebunden
ISBN 978-3-8471-0222-9
V&R unipress
Schriften zur politischen Kommunikation - Band 018
54,99 €

weitere Infos zum Buch auf der Verlagsseite:
www.v-r.de/de/title-0-0/irenik_gelehrsamkeit_und_politik-1011849/
 

 

 

 

 

 

 

 


Barbara Schenck, 16. März 2015

 

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