Kurzmeldungen




Neu auf reformiert-info: Beckers Neuland. Irgendwas mit Medien

Von Bernd Becker

Foto: B. Becker

„Twittern in die Kindheit“

Ich muss zugeben: Mit Twitter stehe ich ein wenig auf Kriegsfuß. Aber ein Thema hat mich jetzt doch interessiert: Unter der Überschrift #spruchausderkindheit schreiben Menschen Sätze, die sie in der Kinderzeit etwa von ihren Eltern oder Lehrern gehört haben. Seit Pfingsten sind schon mehrere hundert markante Sätze gepostet werden. Wer die Kurznachrichten durchliest, stellt schnell fest: So verschieden die Twitterer sein mögen - viele der Sprüche sind erstaunlich ähnlich.
Der erste Eintrag stammt natürlich von der Initiatorin, Daniela Hofmann aus Frankfurt. Am 25. Mai eröffnete sie den Reigen mit dem elterlichen Hinweis: „Du bist zu Hause, wenn es dunkel wird.“ Schnell haben andere Twitterer nachgelegt: „Die Kinder in Afrika wären froh, wenn sie das zu essen hätten“ oder „Schau nicht so viel fern, sonst bekommst Du viereckige Augen“. Auch der Klassiker: „Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch stellst…“ ist dabei. Ich persönlich glaube ja, dass dieser Spruch nie wirklich gesagt wurde, sondern dass er sich eher als urbane Legende ins kollektive Bewusstsein eingeschlichen hat. „Dreck reinigt den Magen“ und „Mit vollem Mund spricht man nicht“ ist mir beides jedoch selbst aus Kindertagen vertraut.
Vor einigen Tagen habe ich mich dann auch an der virtuellen Liste beteiligt, und zwar mit einem Satz, den mein Onkel regelmäßig zu sagen pflegte: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Ich fand den Spruch als Kind immer doof. Klar, man soll nicht wehleidig sein, aber wenn man sich das Knie aufschlägt, tut es eben weh.

Zum Glück erinnere ich sonst nur wenige Sätze, die mich als Kind genervt hätten. Zwei Standardsprüche meiner Mutter, die mir noch im Ohr sind, hatten allerdings mit der Kirche zu tun.
„Komm nach Hause, wenn die Glocken läuten“, war der alltägliche Hinweis an den kleinen Jungen, der die Uhr noch nicht lesen konnte. Bis heute bin ich noch ein wenig neidisch, wenn ich irgendwo höre, dass die Abendglocken um 19 Uhr läuten. In meinem Heimatort war es schon um 18 Uhr so weit.
Und oftmals war ich der einzige aus unserer Familie, der sonntags zur Kirche ging. Dann sagte meine Mutter regelmäßig: „Und bete für uns mit!“. Das habe ich dann auch gemacht. Ansonsten hielt ich mich als Kind beim Beten allabendlich an die gleiche Formulierung. Erst als mein älterer Bruder konfirmiert wurde, schwenkte ich auf seinen Konfirmationsspruch um, der dann für einige Jahre mein Abendgebet wurde. Das wäre eigentlich auch einmal einen Austausch wert. Wo ich doch Twitter neu entdeckt habe, könnte ich ja selbst einen Hashtag initiieren. Der hieße dann vielleicht #gebetausderkindheit. Ob da auch so viele mitmachen würden? Kleiner Haken bei Twitter: Es sind maximal 140 Zeichen möglich. Für den Konfirmationsspruch meines Bruders würde es reichen.

Bernd Becker, 3. Juni 2015

Bernd Becker, Direktor des Evangelischen Presseverbandes für Westfalen und Lippe,
wurde auf der Hauptversammlung im April 2015 in das Moderamen des Reformierten Bundes gewählt.
Foto: EKvW

 

Kommentare:

Hartmut Gabriel, Dresden:
Der wichtigste Spruch meiner Mutter: "Vergiß nicht, die Hände zu falten:" - Sie selber betete oft mit uns: "Breit aus die Flügel beide und nimm dein Kücklein ein - will Satan es verschlingen, so laß die Englein singen: dies Kind soll unverletzet sein!"

 

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