Kurzmeldungen




Die bestehenden Verhältnisse sind nicht alternativlos

Rheinischer Präses Rekowski erstattet der Synode seinen jährlichen Bericht

Präses Manfred Rekowski; Foto: ekir.de

Bad Neuenahr. „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“ An Freiheit und Weite, die im christlichen Glaube wohne, erinnerte Präses Manfred Rekowski am Montag (11.1.) bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland.

In seinem traditionellen „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“, den er den Mitgliedern des obersten Leitungsgremiums der Kirche erstattete; sagte der Präses: „Wer betet ,Dein Reich komme!’ und das so meint, wie er es betet, glaubt: ,Es gibt eine Alternative.’ Denn die Botschaft vom kommenden Reich Gottes ist eine klare Ansage: Die bestehenden Verhältnisse sind nicht alternativlos! Es gibt einen Gegenentwurf: Wir erwarten Recht, Frieden und Gerechtigkeit – wir beten und hoffen auf Gottes Reich, glauben an seine Alternativen und treten für sie in Wort und Tat ein. Dies macht die Relevanz von Kirche aus, ist aber zugleich auch mit Systemkritik verbunden.“

An Gottes Alternativen zu glauben, gebe auch der Kirche die Freiheit, loszulassen, so Präses Rekowski: „Die Kirche der Reformation ist eine veränderungsbedürftige und veränderungsfähige Kirche. Sie kann immer anders, wenn es um Ordnungen und Strukturen, um die Gestalt von Kirche, geht. Sie kann nicht anders, wenn es um Zeugnis und Dienst, um Glaube, Hoffnung und Liebe geht.“ Das Klammern sei deshalb nicht die christliche Primärtugend: „Und ein Bündel von Korsettstangen, d. h. den kirchlichen Betrieb stützenden Hilfskonstruktionen, schafft nicht den Leib Christi, sondern ein ziemlich lebloses Gerippe. Wenn wir der Geistesgegenwart mehr Chancen einräumen, werden wir überrascht werden.“

Ist Europa mehr als ein Rettungsverein maroder Banken?

In seinem Bericht nahm der rheinische Präses auch in den Blick, wer und was die Kirche in diesen Zeiten herausfordere. Dazu gehörten insbesondere die Flüchtlinge, die derzeit zu uns kommen, aber auch die, die nur bis zu den EU-Außengrenzen gelangen: „Die seit Jahren bestehenden unhaltbaren und unmenschlichen Zustände an den EU-Außengrenzen und im Mittelmeer wurden – solange die Menge der Flüchtlinge in Italien und Griechenland blieb – von Politik und Gesellschaft mit einer fast entspannten Gelassenheit hingenommen. Wie mit Flüchtlingen in Italien und Griechenland umgegangen wurde, war in der öffentlichen Diskussion zu selten Thema. Diese Haltung unterscheidet sich in nichts von unverantwortlicher Untätigkeit und kommt schuldhaft unterlassener Hilfeleistung gleich.“ Eine wirksame Unterstützung der Nachbarländer von Krisenherden, die Millionen von Flüchtlingen aufgenommen haben, erfolge bis heute nicht. „Dies ist inhuman und fördert eine Perspektivlosigkeit, die weitere Fluchtbewegungen auslöst“, so Manfred Rekowski.

„Flucht ist für die betroffenen Menschen eine Katastrophe“, sagte Rekowski, „deshalb weigere ich mich, von ,Flüchtlingskrise’ zu sprechen. Zu sprechen ist aber sehr wohl von einer ,europäischen Krise’. Denn ob Europa mehr ist als ein überdimensionierter Förderverein zur Rettung maroder Banken, muss sich jetzt erst noch zeigen. Dass eine Wertegemeinschaft die Staaten Europas verbindet, ist für mich derzeit nicht ersichtlich. Für welche Werte Deutschland konsequent einsteht, ist nicht immer eindeutig erkennbar.“

Es werde zu häufig ausgeblendet, dass deutsche Waffen auf direkten oder auf verschlungenen Wegen zur Verschärfung von Fluchtursachen beitragen. „Für die aktuelle Fluchtbewegung gilt deshalb auch: Flucht trägt das Label ,Made in Germany’. Waffenexporte sichern nicht nur deutsche Arbeitsplätze, sondern sie sorgen dafür, dass andere einen hohen Preis für unseren Wohlstand zahlen.“

Leitungshandeln: Mehr Spielraum statt „DIN-Normen-gleicher“ Regelungen

Innerkirchlich sei ein verändertes Leitungshandeln notwendig, machte Manfred Rekowski deutlich: „Wenn ich wahrnehme, wie sich landessynodale Beschlüsse in den Kirchenkreisen auswirken und welchen Aufwand sie auf allen Ebenen unserer Kirche auslösen, dann sehe ich in der Grundausrichtung Korrekturbedarf. Einheitliche und ,DIN-Normen-gleiche’ Regelungen werden den unterschiedlichen Situationen unserer Kirche häufig kaum oder nur unzureichend gerecht. Dies ließe sich an den Beispielen Verwaltungsstrukturreform, Personalplanung und Pfarrstellenplanung gut demonstrieren.“ Bei Beschlüssen und gesetzlichen Regelungen müsse es seiner Meinung nach künftig ausreichen, „dass es eine Grundverständigung über die Ziele gibt, die zugleich Gestaltungsmöglichkeiten zulässt und schafft“. So stelle er sich eine „intelligente Form der Deregulierung“ vor, machte der Präses deutlich.

Die Mitglieder der Landessynode hätten sich sicher etwas anderes wünschen können als einen komplexen Prozess zur Konsolidierung des landeskirchlichen Haushaltes unter den Bezeichnungen „Aufgabenkritik“ und „Haushaltskonsolidierung“, stellte Manfred Rekowski im Rückblick auf die vergangenen Jahre fest: „Aber ich bin, bei allen Schmerzen, die sich damit verbinden und auch bei allen Zumutungen, für eine Erfahrung sehr dankbar: Wir haben in diesem Prozess gelernt, zu gestalten und umzubauen. Nicht selten haben wir zögernd und zagend Entscheidung getroffen, erleben dabei aber genau dies: Es gibt Alternativen zu der bisherigen Gestalt kirchlicher Arbeit. Der Prozess der Haushaltskonsolidierung hat gezeigt: Veränderungen und Umgestaltung sind in unserer Kirche möglich. Bisher waren es finanzielle Faktoren, die Veränderungen erforderlich machten. Wir werden aber ganz sicher in den nächsten Jahren unsere Kirche aus inhaltlichen Gründen grundlegend verändern müssen.“

Pressemeldung der EKiR, 11. Januar 2016

 

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