Kurzmeldungen




Nicht hinnehmbar: Sichere Herkunftsstaaten

Ein Staat, der Christen die freie Ausübung ihres Glaubens verwehrt und die Bekehrung zum christlichen Glauben unter Strafe stellt, soll zum sicheren Herkunftsland bestimmt werden.

Sahara - Foto: Luca Galuzzi - www.galuzzi.it; CC BY-SA 2.5

Welche kirchliche Stimme wird sich dagegen erheben?, fragt Paul Oppenheim in seiner Kolumne.

In wenigen Tagen entscheidet der Bundesrat darüber, ob Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes bestimmt werden.

Inzwischen hat sich die Debatte um Flüchtlinge abgekühlt. Die alte Ordnung ist wieder hergestellt. Flüchtlinge, wenn sie es lebend übers Meer bis nach Europa schaffen, werden in Italien oder Griechenland festgehalten. Unsere Grenze erreichen sie nicht mehr. Dieser Zustand entspricht dem, was die gewählten Regierungen Europas – und allen voran unsere deutsche Regierung – mit den Dubliner Übereinkommen gewollt haben.

Die sogenannte Flüchtlingskrise wurde von konservativen Kräften in Deutschland, insbesondere von Innenminister de Maizière dazu genutzt, das seit 1993 nahezu abgeschaffte Asylrecht noch weiter auszuhöhlen. Das von Populisten geschürte Schreckgespenst nicht enden wollender Flüchtlingsströme aus dem Nahen Osten und Afrika hat ein Klima der Angst und Verunsicherung geschaffen, das konservativen Politikern in die Hände gespielt hat. Sie konnten ihre längst gehegten Pläne verwirklichen. In Windeseile wurde das Aufenthaltsrecht für Ausländer verschärft (sogenanntes Asylpaket I) und es wurden neue Instrumente zur Abschreckung und Abschiebung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Einwanderern entwickelt.

Die Definition eines Landes als sicherer Herkunftsstaat ist kein neues Instrument. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich dieses Instrument 1993 ins Grundgesetz geschrieben, als das Grundrecht auf Asyl de facto abgeschafft wurde.  Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten umfasst die Länder der Europäischen Union sowie einige afrikanische Staaten und neuerdings auch die Balkanstaaten, von denen bekannt ist, dass dort Angehörige der Roma-Minderheit wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt, bedroht und misshandelt werden.

Mit den drei Maghreb-Staaten wird eine neue Grenze überschritten. Erstmals sollen Länder zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden, in denen es keine Religionsfreiheit gibt und insbesondere Christen in ihren Rechten extrem eingeschränkt werden. Im Jahr 2012 veröffentlichte die EKD zum Sonntag Reminiszere ihr Länderheft zu den Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien. Es wird darin nüchtern geschildert, dass es in keinem dieser Länder Religionsfreiheit gibt und es wird zu folgender Fürbitte eingeladen:

„Barmherziger Gott, vor dich bringen wir heute unsere Sorge und Klage über Bedrängnis, Gewalt und Verfolgung, denen Christen und andere religiöse Minderheiten in den nordafrikanischen Ländern ausgesetzt sind.“ (Siehe: http://www.ekd.de/download/ekd_fuerbitte_2012_neu.pdf)

Aus kirchlicher Sicht dürfte es nicht hinnehmbar sein, dass ein Staat, der Christen die freie Ausübung ihres Glaubens verwehrt und die Bekehrung zum christlichen Glauben unter Strafe stellt, zum sicheren Herkunftsland bestimmt wird. Am 17. Juni soll der Bundesrat darüber befinden, ob in unserem Grundgesetz diese Staaten als „sichere Herkunftsstaaten“ festgeschrieben werden oder nicht. Ich bin gespannt, welche kirchliche Stimme sich dagegen erheben wird.

Paul Oppenheim, Hannover den 8. Juni 2016

 

 

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