Kurzmeldungen




Reformationsjubiläum: Markierungen auf die Straße bringen

Idee zum Reformationsjubiläum: Worte im öffentlichen Raum sprayen.

Einzelne Teilnehmende erschrecken: Die sprayen wirklich. Einfach auf den feinen alten Stein in der Kölner Trinitatiskirche. „Glaub doch was du willst“, steht da in dicken Lettern. Und: „Selber denken. Seit 1517“.

Die Schablonen und die Spraydosen haben die Theologin Kathinka Brunotte und der Theologe Michael Birgden mitgebracht. So präsentieren sie beim 6. glaubensreich-Treffen ihre Projektidee. Damit wollen sie „eingeschliffene Begriffe in Frage stellen“. Aufmerksamkeit erzeugen. Zum Reformationsjubiläum „Markierungen auf die Straße bringen“, wie sie erklären.

Beratungen über Projektideen stehen im Mittelpunkt dieses glaubensreich-Treffens. „Wie könnten wir das in unserer Gemeinde aufgreifen“, fragt ein prompt begeisterter Teilnehmer. Sie überlegten, sich für die Projektidee bei der Kirche ein Budget zu holen, vor allem für die Schablonen und die Farbe. „Sozusagen für das Starterset“, versteht der interessierte Mann. Ein anderer stimmt zu: „Klar, viele Gemeinden müssen mitmachen, damit ein Multiplikationseffekt entsteht.“ 

Wohlwollende, aber auch kritische Rückfragen in einem der weiteren fünf Workshops. Mitgebracht hat die Gruppe einen Bollerwagen, mit dem sie rausziehen will. In eine Fußgängerzone oder auf einen öffentlichen Platz. Der Bollerwagen ist ein Gottesdienstwagen und hilft: Gottesdienst wagen. Hach, Wortspiele.

Ziel sei, mit Psalm 139 Menschen anzusprechen: „Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin“. Dazu sollen Menschen zu Selfies vor Rollups mit diesem Bibelzitat ermuntert werden, sollen mit Armbändchen mit den Bibelworten beschenkt werden. Also ein Gottesdienst „im Kleinformat“ und mobil, wie einer aus der Gruppe sagt, der Saarbrücker Superintendent Christian Weyer.Als „Gottesdienst im Vorübergehen“ beschreibt ein anderes Gruppenmitglied die Projektidee, Pfarrerin Dr. Susanne Wolf aus Wuppertal.

Stadtwerke oder Polizeipräsidium – ein Bonner Pfarrer ordnet im Gespräch die Idee ein in eigene Erfahrungen mit Gottesdiensten außerhalb von Kirchenmauern. Er finde die Idee interessant, aber sie klinge auch nach „Häppchen“. Stimmt, heißt es bestätigend aus der Gruppe. Und: Das Projekt soll Ende August einmal erprobt, dokumentiert und ausgewertet werden – und gern weiter entwickelt werden, vielleicht auch durch andere. 

Glaubensreich – das ist „keine geschlossene Gesellschaft“, sondern ein offenes Treffen, hatte zu Beginn des Tages der Geschäftsführer dieser Zukunftsinitiative, Landespfarrer Christoph Nötzel, noch einmal klar gestellt. Projekte auf die Straße bringen, nannte er als Ziel dieses 6. Treffens. Die Initiative läuft nun auf den 29. Oktober zu: Für den Vorabend des Reformationsfestes ist ein „Tag der Inspiration“ geplant, er soll „Sprungbrett“ ins Jubiläums-Reformationsjahr sein.

„Mit Abrahams Aufbruch begann die Menschheitsgeschichte“, erinnerte Pfarrer Nötzel in seiner Bibelarbeit zu Beginn. Abraham sei aufgebrochen ohne zu wissen, wohin ihn der Weg führen werde. Und so rief Nötzel dazu auf, heute die Sicherheit der kirchlichen Tradition zu verlassen und sich aufzumachen in die Zukunft.

Er hat sich wirklich weit aufgemacht: Ein weiterer Input kommt von Favor Bancin, einem Pfarrer aus Indonesien, der seit einem Jahr in Deutschland lebt und arbeitet. Aber er machte klar, dass Aufbruch kein leichter Spaziergang ist: „In Indonesien kenne ich mich aus. Hier bin ich wie ein kleines Kind. Ich muss die Sprache lernen. Ich muss viele neue Sachen lernen.“ Er habe oft die Menschen nicht verstanden. Und die Menschen verstünden ihn nicht.

Trost und Hoffnung im Gottesdienst

Durchgehalten habe er, weil er sich daran erinnert habe, dass er auch zu Hause große Geduld brauche: Armut, Krankheiten, defizitäres Bildungssystem, Korruption, Kriminalität. Da seien die Kirchengebäude Orte der Hoffnung, und der Gottesdienst spende Trost und Hoffnung.

Besuchsdienst. Das gemeindeergänzende Projekt „Beymeister“. Neue Konzeption für Akademiearbeit – das waren Themen der weiteren Workshops. Im Workshop zur Spray-Projektidee erläutert Kathinka Brunotte weiter, Bezug nehmend auf den Künstler Thomas Baumgärtel , den sog. Bananensprayer: „Wir kommen von der Banane.“

"Wir kommen vom Wort"

Warum schlagen Brunotte und Birgden nicht das Kreuz als Spraymotiv vor? Um stärker das Evangelische zu unterstreichen. Kathinka Brunotte: „Wir kommen vom Wort.“

Die Sprayidee will provokant sein, wird klar, aber zersetzend ist sie nicht: Draußen wird ein ordentlicher Regenguss genügen, dass niemand dauerhaft über die Worte meckern muss. Drinnen wischt Michael Birgden den Steinboden der Trinitatiskirche mit einem Wasserlappen sauber. Das Sprüche-Spray ist Sprühkreide. 

 

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