Mahlzeit! Und zwar für jedes Kind!

Evangelische Kirche von Westfalen fordert kostenfreie Mahlzeiten für jedes Kind in der öffentlichen Erziehung

Längst nicht jedes Kind bekommt eine warme Mahlzeit am Tag. Mit einer Aktion der Kinder-Tafel der Evangelischen Jugend in Hagen setzte die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) am Samstag (27.9.) ihre im Juni gestartete Kampagne „Lasst uns nicht hängen!” – Gegen Kinderarmut fort.

Hagen/Westfalen. Samstagmorgen in der Hagener Innenstadt: Große Suppentöpfe stehen mitten auf dem Marktplatz. Sie sind (fast) leer. Statt einer schmackhaften Mahlzeit enthalten sie Zettel mit Kindertexten: „Ich würde auch gerne mit anderen Kindern mein Schulbrot tauschen, aber Mutti gibt mir nie eins mit!.” Oder auch: „Manchmal bin ich neidisch, wenn andere Kinder von Familienfeiern und dem ganzen Essen erzählen. Vati sagt, wir können uns so was nicht leisten.” Die Botschaft ist immer die gleiche: Viele Kinder leiden auch hierzulande an Hunger. Und längst nicht jedes Kind bekommt eine warme Mahlzeit am Tag. Mit dieser Aktion der Kinder-Tafel der Evangelischen Jugend in Hagen setzte die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) am Samstag (27.9.) ihre im Juni gestartete die Kampagne „Lasst uns nicht hängen!” – Gegen Kinderarmut fort.

Kirche übernimmt gesellschaftspolitische Verantwortung
Dem Leiter der Evangelischen Jugend in Hagen, Frank Fischer, sind Hunger und Armut aus seiner sozialen Arbeit mit Kindern gut bekannt. Darum initiierte er das Projekt Kinder-Tafel, das nun seit zwei Jahren aus einem Unterstützerkreis besteht, dem sowohl Einzelpersonen als auch Kirchengemeinden angehören. „Innerhalb dieser Kooperation”, so Fischer, „erreichen wir täglich fast 900 Kinder, von denen vor der Arbeit der Kinder-Tafel die Hälfte nicht ausreichend mit Mahlzeiten versorgt war.” Dazu muss die Tafel für ein Schuljahr 60.000 Euro aus eigenen Mittel aufbringen. „Für das laufende Jahr haben wir die Hälfte schon zusammen”, berichtete Fischer. Das anstehende Entedankfest ist für Superintendent Bernd Becker (Kirchenkreis Hagen) genau der richtige Zeitpunkt, auf die Problematik hinzuweisen: „Solange die Politik keine Lösung findet, werden wir diese Arbeit als Kirche weiter leisten”.

Ein leerer Kochtopf mit einem Zitat von KevinBürgerschaftliches Engagement allein reicht nicht
„Die Forderung der westfälischen Landeskirche nach einem Recht auf eine warme Mahlzeit für jedes Kind in den Einrichtungen der öffentlichen Erziehung, Bildung und Betreuung kann nicht durch Einzelne erfüllt werden”, so Landesjugendpfarrer Udo Bußmann. Solange ein Bündnis zwischen Kommunen und Bund keine tragfähige Lösung anbiete, seien Initiativen einzelner Träger und Verbände und ehrenamtliches Engagement aber ein notwendiger und hilfreicher Schritt. Für Bußmann ist die Hagener Kindertafel deshalb ein „Mut machender Anfang.”

Der Oberbürgermeister der Stadt Hagen, Peter Demnitz, kritisierte das Abwälzen der Verantwortung vom Bund auf die Kommunen und dankte Frank Fischer für das Engagement der Kinder-Tafel. Auf die Frage, wie die landeskirchlichen Forderungen finanziert werden könnten, schlug Udo Bußmann vor, für die warmen Mahlzeiten einen Teil des Kindergeldes zu verwenden.

Ziele und Forderungen der Kampagne
Die noch bis November 2009 laufende Kampagne der Evangelischen Kirche von Westfalen „Lasst uns nicht hängen!” zielt darauf, die Mitverantwortung in Kirche und Gesellschaft bewusst zu machen sowie Hintergründe und Folgen von Kinderarmut zu thematisieren. Zu den politischen Zielen und Forderungen der landeskirchenweiten Kampagne gehören – über eine warme Mahlzeit täglich für jedes Kind hinaus – die Teilhabe für Kinder am gesellschaftlichen Leben, unabhängig von der finanziellen Lage im Elternhaus. Dazu zählen unter anderem kostenfreie Plätze im Kindergarten und offenen Ganztagsschulen, kostenfreie Schulbücher, Zugang zu Computern und ins Internet, Teilnahme an Schulfahrten sowie der Zugang zu öffentlichen Kultur- und Freizeitangeboten. Es geht dabei aber nicht nur um materielle Dinge, sondern auch um Liebe, Geborgenheit und Anerkennung. Denn: „Armut fängt eben nicht erst bei materieller Unterversorgung an, sondern schon dann, wenn Menschen die Anerkennung versagt bleibt, wenn sie sich nicht mit ihren Fähigkeiten in das von allen geteilte Leben einbringen können”, so Landesjugendpfarrer Udo Bußmann.

Weitere Infos: www.lasst-uns-nicht-haengen.de


Pressemitteilung der Evangelischen Kirche von Westfalen, 28. September 2008