Aktiv für Demokratie und Menschenrechte - menschenfeindlichen Ideologien unter Christen begegnen

Religiöse Menschen rassistischer als ''Nichtreligiöse'' - Christen sind gefordert, den traditionellen Absolutheitsanspruch ihrer Religion zu überdenken

"Sehr religiöse Menschen" sind anfällig für abwertende Haltungen gegenüber Minderheiten, insbesondere in den Bereichen Sexismus, Homophobie und Rassismus, sagt die Bielefelder Psychologieprofessorin Beate Küpper und fordert die Kirchen auf, sich zu fragen, was da schief laufe.

Seit Jahren forscht Beate Küpper über "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit". Die Ergebnisse belegen: Sich als sehr religiös bezeichnende Protestanten sind stärker vorurteilbelastet als "Nichtreligiöse". Über ein Fünftel der deutschen Protestanten, die sich selbst als sehr religiös einstuften, stimmten der Aussage „Weiße sind zu Recht führend in der Welt“ zu. Bei den Menschen, die sich als glaubensfern beschrieben, teilten nur zwölf Prozent diese Auffassung, erläuterte die Wissenschaftlerin ein Ergebnis ihrer Studien gegenüber dem epd (>>> die epd-Meldung vom 11. November 2011 online im Kölner Stadt-Anzeiger).

Der Grund für eine stärker vorurteilsbeladene Sichtweise von Protestanten und Katholiken liegt Küppers Meinung nach in dem traditionellen Absolutheitsanspruch des Christentums. "Meine Religion ist anderen Religionen überlegen", hinter dieser Überzeugung stecke eine "Einteilung in besser und schlechter", erklärte Küppers im Gespräch mit dem epd. Hinzu komme, dass Christen den Umfragen zufolge meist eine äußerst positive Meinung von sich selbst hätten. "Sie fühlen sich sehr sicher in ihren Bewertungen", so die Psychologieprofessorin gegenüber dem Evangelischen Pressedienst.

Die rassistischen Vorurteile unter Religiösen stünden in eklatantem Widerspruch zur christlichen Forderung nach Friedfertigkeit und Nächstenliebe. Deshlab, fordert Küpper, müsse die Kirche sich endlich fragen, was da schief laufe.

Eine Gruppe, die diese Aufforderung ernst nimmt, ist die „Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus – aktiv für Demokratie und Menschenrechte“ (BAGKR). Die BAGKR ist ein Zusammenschluss von Initiativen, Organisationen und Arbeitsgruppen. Sie will mit ihrer Arbeit gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (dazu gehören Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und andere Formen der Abwertung anderer) innerhalb und außerhalb der Kirchen benennen, ihr konstruktiv entgegentreten und sie überwinden.
Die Arbeitsgemeinschaft wendet sich gegen jede Verharmlosung des Rechtsextremismus. Die Gefährdung der Demokratie entstehe durch die Theorie der Ungleichwertigkeit, wie sie für den Rechtsextremismus konstitutiv sei. "Es ist eine geschichtliche und eine aktuelle Erfahrung, dass auch Christen und Christinnen menschenfeindliche Ideologien vertreten. Der kirchliche Antisemitismus stellt dabei eine besondere Schuldverstrickung dar", schreibt die BAGKR über sich selbst.

Weitere Informationen unter www.bagkr.de 

Quelle und weitere Informationen zu "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" unter Christinnen und Christen:

Religiöse Menschen anfällig für Vorurteile
epd-Meldung im Kölner Stadt-Anzeiger vom 11. November 2011
http://www.ksta.de/html/artikel/1320943738161.shtml

Vorurteile gegen Fremde und Religion
Neue Studie sieht direkte Zusammenhänge
Von Sandra Stalinski
http://www.ndr.de/info/podcast3014.html 

Zick, A., Küpper, B. & Hövermann, A. (2011)
Die Abwertung der Anderen. Eine europäische Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurtielen und Diskriminierung
Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung
PDF: http://www.uni-bielefeld.de/ikg/Abwertung.pdf

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Barbara Schenck, 28. November 2011