Trisomie 21: Rheinische Vizepräses kritisiert den Bluttest

Bosse-Huber beklagt die Kultivierung des Bildes einer perfekten, gesunden Gesellschaft

Sie begrüßt den Test, weil er das Risiko einer Fehlgeburt minimiert. Aber sie befürchtet zugleich gefährliche gesellschaftliche Folgen. "Leben mit Behinderung wird immer mehr zu einem Sonderfall."Das sagte die Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), Petra Bosse-Huber, jetzt der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. Der Test, seit Montag (20.8.2012) erhältlich und der vorgeburtlichen Diagnose einer möglichen Trisomie-21-Erkrankung dienend, stelle letztlich das Lebensrecht ungeborener Kinder infrage. "Ich befürchte, dass die Zahl der Abtreibungen von Kindern mit Down-Risiko weiter steigen wird."

Hier handele es sich um eine Entscheidung über Leben und Tod. Eine solche Entwicklung stigmatisiere zudem die Eltern von Kindern mit Behinderung. "Nach dem Motto: Ihr hättet euch doch auch anders entscheiden können, dass muss doch nicht sein." Die Theologin beklagt die Kultivierung des Bildes einer perfekten, gesunden Gesellschaft, dabei seien alle Menschen auch mit Mängeln behaftet.

Gegen ein Verbot des Tests

Bosse-Huber hat im Blick, dass anders als bei Fruchtwasseruntersuchungen beim Bluttest das Risiko einer Fehlgeburt minimiert ist. Deshalb begrüßt sie den Test als medizinische Erleichterung für Eltern. "Deswegen bin ich gegen ein Verbot des Bluttests." Allerdings sollten Eltern sich überlegen, ob sie überhaupt in das Testen einsteigen wollen. "Es gibt auch ein Recht auf Nichtwissen." Es gelte, Entscheidungsfähigkeit zu fördern.

Schon im Vorfeld der Einführung des Bluttests hatte die Vizepräses in einem Beitrag u.a. für die Frankfurter Rundschau geschrieben: "Ich weiß, wie schwer es sich betroffene Eltern mit ihrer Entscheidung für oder gegen eine Fortsetzung der Schwangerschaft machen." Jede Einzelentscheidung werde mit guten Gründen getroffen, habe ihre Berechtigung, das stelle sie nicht in Frage.

Es geht auch um Inklusion

Was das Leben mit Behinderung angeht, erinnert Bosser-Huber an die Geltung der Behindertenrechtskonvention der UN auch hier in Deutschland, auf Anstrengungen hin zu Inklusion, zur vollständigen Einbeziehung Behinderter in Schule, Beruf, Kultur. Sie verweist auch darauf, dass sich die Landessynode 2013 mit dem Querschnittthema Inklusion beschäftigt.

Das christliche Menschenbild bestehe nicht in einem Ideal von Perfektion. "Der biblische Gedanke, dass der Mensch nach Gottes Bild geschaffen ist, schließt Menschen mit Behinderung nicht aus - im Gegenteil!" Im Leib Christi gehörten alle Glieder zusammen, die starken und die schwachen.

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Quelle: ekir.de / neu / 22.08.2012