Reinhold Robbe zur politischen Verantwortung der Kirche

Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages sprach in Lemgo zu ''Barmen V''

Kreis Lippe/Lemgo. Vor 75 Jahren hat die Bekennende Kirche auf ihrer Synode in Wuppertal-Barmen die Barmer Theologische Erklärung verabschiedet - das zentrale Dokument kirchlichen Widerstands gegen den totalen Staat des Nationalsozialismus. Die Lippische Landeskirche hat den insgesamt sechs Thesen der Erklärung eine Vortragsreihe in St. Johann, Lemgo, gewidmet. Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages, sprach über die fünfte These und die ''politische Verantwortung der Kirche''.

Robbe, Mitglied der Gesamtsynode der Evangelisch-reformierten Kirche, ist überzeugt: "Die Barmer Theologische Erklärung hat es verdient, nicht in Vergessenheit zu geraten." Sie habe das Verhältnis zwischen dem Protestantismus und dem Staat maßgeblich beeinflusst.

In der fünften These des Dokuments grenzte sich die Bekennende Kirche 1934 gegenüber dem von den Nazis propagierten totalen Staat ab, verwarf dies als "falsche Lehre". Die Christen der Bekennenden Kirche, darunter einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts, Karl Barth, distanzierten sich in Barmen V außerdem gegenüber den Deutschen Christen, die mit dem Nazi-Regime paktierten.

Die Erklärung beeinflusse zentrale Fragen, so Robbe: "Wie sind die Wechselbeziehungen zwischen Kirche und Staat und wo sind die Grenzen staatlichen Handelns? Wo endet die staatliche Autorität für uns Christen, oder noch anders gefragt, wann ist der Punkt gekommen, bei dem nicht nur verbaler Protest, sondern aktiver Widerstand angezeigt ist?"

Auch wenn die Thesen von Barmen als Reaktion auf den Hitler-Faschismus entstanden seien, blieben die "Evangelischen Wahrheiten von Barmen" dennoch wahr: "Auf die Zukunft projiziert kann ich mir auch Szenarien vorstellen, in denen Barmen für uns Christen Mahnung und Handlungsanleitung sein kann." Wenn sich die Auflösungserscheinungen in vielen Staaten Zentralafrikas verschlimmerten, wenn Flüchtlingsströme, Verteilungskämpfe und Umweltkatastrophen zunähmen, Wasser knapper werde und Bürgerkriege noch mehr Saaten als bisher überzögen: "Können und dürfen wir dann als Christen und gerade auch als Christen mit politischer Verantwortung diesen Entwicklungen einfach nur zuschauen oder müssen wir nicht vielmehr bereits heute viel deutlicher unsere Stimmen erheben und alles dafür tun, damit die reichen und freien Mitglieder der Staatengemeinschaft ihrer tatsächlichen Verantwortung nachkommen." Reinhold Robbe zeigt sich überzeugt davon, dass die Barmer Theologische Erklärung heute anders buchstabiert werden müsse als 1934, ihre Wahrheiten aber Gültigkeit bewahrten. "Auch wenn wir uns heute noch nicht vorstellen können, dass die derzeitigen zahlreichen Brennpunkte in der Welt irgendwann eskalieren könnten, so dürfen wir trotzdem die Augen nicht vor den Realitäten verschließen!"


Birgit Brokmeier, Lippische Landeskirche, Öffentlichkeitsarbeit