Fremdenfeindlichkeit salonfähig?

Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger


In den Niederlanden erwarten die Prognosen für die Wahl heute 15 bis 20 Prozent für eine Partei, die offensiv fremdenfeindlich ist. Wie kann das passieren in einem Land, das wirtschaftlich gut dasteht, in dem auch – anders als in Deutschland – der Reichtum gut verteilt ist. Die Hochburgen der PVV liegen zudem in Gebieten, die von Flüchtlingen beinahe unberührt sind.

Ähnliches galt – zumindest vor 2015 – für die Gegenden in Sachsen, in denen gegen Ausländer Stimmung gemacht wurde, die gar nicht da waren, sondern in anderen Gegenden des Landes. Auch der Wahlerfolg Donald Trumps mit seiner Abschottungspolitik basierte auf Wählerschichten in ländlichen Gebieten, die weder Mexikaner noch Flüchtlinge zu Gesicht bekommen.

Sind es die Medien, deren Bilder solchen Menschen Angst machen? Warum werden solche Menschen aber so radikal in ihren Meinungen und unbarmherzig in Ihren Urteilen?

Immer wieder wird soziale Benachteiligung als Hauptursache für Hass und Aggression angeführt – auch für den islamistischen Terrorismus oder den türkischen Nationalismus werden solche Begründungen gerne herangezogen.

Doch es gibt wohl Komponenten dieser neu entflammten Aggression, die sich nicht aus dem Umstand speisen, dass es Menschen nicht gut geht. Vielleicht eher noch der Angst, es könnte schlechter werden. Oder aber einfach aus Abneigung gegenüber Menschen, die anders sind.

Diese Komponente der Angst vor Fremdem, wissenschaftlich genannt Xenophobie, wird ungern bemüht, weil sie ein schlimmer Vorwurf ist. Die Grenze zum Rassismus ist nicht weit. Leider ist es häufig auch so. Doch das wäre nicht nötig.

Unsicherheit und auch Ärgernisse sind im Umgang zwischen unterschiedlichen Kulturen nicht zu vermeiden. Diese Erfahrung machen selbst gutwillige Menschen in dem Moment, indem sie mit Migranten oder Flüchtlingen wirklich zu tun haben. Besonders Frauen sehen sich bisweilen wieder mit Verhaltensweisen konfrontiert, die doch immerhin weniger üblich geworden waren in unserer Gesellschaft.

Aus dieser Erfahrung kann sich nun aber das Bemühen ableiten, miteinander das Auskommen zu lernen. Oder aber es kann daraus eine sich steigernde Abneigung entwickeln, die dann verallgemeinert wird – im Sinne von: Die Ausländer sind eben so. Und deshalb sei es erlaubt (und das müsse ja mal gesagt werden dürfen), diese abzulehnen und heimzuschicken.

Die Verallgemeinerung und die Behauptung der Unverträglichkeit von Kulturen ist aber eben der Schritt zum Rassismus. Die so reden, überwinden ihre vermeintliche Angst durch Überheblichkeit. Eigentlich glaubte man in Europa solche Anwandlungen für überwunden. Doch die Menschen haben sich in ihrem tiefsten Inneren nicht verändert. Noch immer tut es gut, sich über andere erheben zu können. Und wenn einem gesagt wird, dass man dafür allen Grund habe: umso besser!

Eigene Erfahrungen braucht es da gar nicht. Sie werden sogar vermieden, um das eingeengte Weltbild nicht zu gefährden. Ja, es gibt diesen plumpen Rassismus und gefährdet sind wir dadurch alle. Denn es ist ein fast natürlicher Reflex. Dem kann nur durch ein Menschenbild begegnet werden, das jeden Menschen als Individuum sieht und als gleich lebenswert. Nicht nur das Christentum, sondern auch andere Philosophien und Religionen sind sich einig, dass ein friedliches Miteinander über die Zukunft des Planeten entscheidet.

Hoffentlich machen uns die Niederlande heute Abend vor, wie das geht.

Georg Rieger