Der Koordinierungsrat bricht das Schweigen

Empörung über Professor Slenczkas Abwertung des Alten Testaments


Bereits 2013 erschien die Abhandlung „Die Kirche und das Alte Testament“ des Berliner Professors für Systematische Theologie, in dem er empfiehlt, das AT aus dem Kanon der biblischen Bücher herauszunehmen. Die christlich-jüdischen Gesellschaften nehmen jetzt Stellung.

Der evangelisch Präsident des Deutschen Koordnierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR), Friedhelm Pieper, bezeichnet die Haltung des Berliner Theologieprofessors Notger Slenczka als eine "Kehrtwende zurück in den deutschen Kulturprotestantismus". Die Ausführungen zeigten einen "theologische Antijudaismus", der eigentlich in der deutschen Theologie überwunden schien, so Pieper. Mit der Stellungnahme mache Friedhelm Pieper, der als evangelischer Vertreter im Präsidium des DKR sitzt, einen „theologischen Skandal im deutschen Protestantismus“ namhaft, der bislang beschämender Weise ohne Kritik und Widerstand im protestantischen Raum schweigend geduldet oder ignoriert wurde. Der DKR hoffe, mit dieser theologischen Stellungnahme diese Mauer des Schweigens durchbrechen und eine kritische Debatte in der evangelischen Kirche anregen zu können.

Stellungnahme auf der Homepage des DKR

Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) ist die Dachorganisation von über 80 Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Diese setzen sich vor Ort für die Verständigung zwischen Christen und Juden, den Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus sowie für ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen ein.

gr

Kommentare:

Na, da haben wir es ja wieder: der deutsche Antisemitismus ist nicht totzukriegen, auch nicht als "theologischer Antijudaismus". 8O Jahre nach der Verbannung des Alten Testaments durch die Deutschen Christen wagt es wieder ein deutscher Theologe die unsäglichen Thesen damaliger, der nationalsozialistischen angepaßten Theologie und Kirche salonfähig zu machen, indem sie  als Buch und in einem Jahrbuch einer renomierten Universität verbreitet werden. - Ich begrüße die Stellungnahme des DKR für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, nicht nur weil ich selber Mitglied in der GCJZ bin, sondern auch als reformierter Theologe. Diese hat die Wertschätzung der Hebräischen Bibel im Gesamtkanon immer hochgehalten.

H. Gabriel, 01067 Dresden, Brühlscher Garten 4

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Mitteilung: Ich stimme Herrn Gabriel voll zu. Leider ist mir Prof. Slenczka schon öfter negativ aufgefallen - hier vollzieht er nun, was lutherische Theologie als Fallstrick immer mit sich führt, in der Regel gut verarbeitet, aber dann bricht es doch wieder an der ein oder anderen Stelle durch. Christlicher Antijudaismus hat eine lange Geschichte und sicher auch noch eine Zukunft (leider). Deshalb gilt es wachsam zu sein. Manchmal taucht er unvermittelt auf, in abwertenden Bemerkungen und Kommentaren, die sich auf Geschichten und Inhalte des AT beziehen und die Differenz zum NT herauskehren möchten. Auch hier hat Gabriel Recht, dass reformierte Theologie von ihrem Beginn an das AT anders einschätzte und ich bin dankbar, dass ich im Studium gerade auch alttestamentliche Vorlesungen und Seminare von hoher Qualität besuchen durfte, um dort viel vom Schatz der hebräischen Bibel kennen zu lernen. Ohne diese würden wir das NT nicht verstehen können.

Martin Albrecht

In einer weiteren Mitteilung vom 18. April schreibt Martin Albrecht, Eentlarvend sei Slenczkas Forderung,
"auf die wissenschaftlcihe Ebene zurück zu kommen. Das widerspricht der reformatorischen Absicht der Stärkung des Priestertums aller Gäubigen und unterstellt, das nur ab Professorenschicht theologisches Knowhow unbestechlich sei. Wann beginnt die s. g. offizielle Kirche sich von diesen Thesen zu distanzieren? immer noch gilt: Wehret den Anfängen!"
Martin Albrecht, Westerwaldstr. 51, 57299 Burbach

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Eine Stellungnahme von Notger Slenczka:

Am 10. April hat Prof. Slenczka an Kirchen und Kirchenbünde seine eigene Stellungnahme gegen die Kritik an seiner These, das Alte Testament solle nicht zum christlichen Kanon gehören, versandt.
Im Begleitschreiben heißt es:
"Insgesamt halte ich nichts davon, diese Frage in außerwissenschaftlichen Foren zu debattieren und hoffe, daß damit die Angelegenheit auf die Ebene der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zwischen irrtumsfähigen Gesprächspartnern zurückgelenkt ist."

Die Stellungnahme Slenczkas ist nachzulesen auf seiner Homepage:
www.theologie.hu-berlin.de/de/st/10-04-2015slenczkaantwortpresseerklaerungkoordinierungsrat.pdf

Dort findet sich auch Slenczkas Aufsatz von 2013:
www.theologie.hu-berlin.de/de/st/AT1

Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger

Die Wiederbelebung der These Adolf Harnacks, dass das Alte Testament nicht mehr kanonisch sein solle, kann dem Judentum getrost egal sein. Den christlichen Glauben trifft sie aber ins Mark.