Flüchtlingslager Burbach: Tristesse, Enge, Konflikte vorprogrammiert

Präses Kurschus besucht Flüchtlingslager


Präses Annette Kurschus (2.v.l.) machte sich zusammen mit Superintendent Peter-Thomas Stuberg (li.), Bürgermeister Christoph Ewers und dem Vizepräsidenten der Bezirksregierung Arnsberg, Volker Milk (v. l.) ein Bild von der Situation in Burbach. Foto: EKvW

BURBACH/WESTFALEN - Das Flüchtlingslager in Burbach ist für Präses Annette Kurschus „ein Ort, der nicht dazu einlädt, länger zu bleiben“.

Ein Ort der Tristesse und „gedrängten Enge“. Ein Ort, an dem „Konflikte vorprogrammiert sind“. Bewegt von den aktuellen Schlagzeilen und Bildern von durch Sicherheitspersonal gedemütigten und misshandelten Flüchtlingen besuchte Präses Annette Kurschus Burbach, um sich persönlich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen.
Begleitet wurde die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) von Superintendent Peter-Thomas Stuberg (Siegen) und dem landeskirchlichen Beauftragten für Flüchtlinge, Pfarrer Helge Hohmann.

Die westfälische Landeskirche, so Kurschus, habe schon lange auf massiv steigende Flüchtlingszahlen hingewiesen und bedauert, dass es den politisch Verantwortlichen nicht gelungen sei, rechtzeitig ausreichend Platz in zentralen Erstaufnahmelagern zu schaffen. Überfüllte Notunterkünfte, wie die in Burbach, seien die Konsequenz. Dass es dort dann auch vereinzelt Konflikte zwischen den Flüchtlingen, übermäßigen Alkoholkonsum und kriminelle Straftaten gebe, sei nicht verwunderlich. „Natürlich verstehe ich auch die Ängste und Sorgen aus der Bevölkerung“, sagte Kurschus. „Und die müssen wir sehr ernst nehmen!“ Aber die dürften nicht umschlagen in Fremdenfeindlichkeit und Ablehnung. Vielmehr sei es nun gemeinsame gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bessere Rahmenbedingen für die Aufnahme von Flüchtlingen zu schaffen.

Verbindliche Mindeststandards schaffen

Dazu gehörten auch verbindlich festgelegte Mindeststandards für das Betreiben von Erstaufnahmeeinrichtungen. Diese müssten transparent und überprüfbar sein. Mit dem Betreiberwechsel in Burbach – das Flüchtlingsheim steht seit Dienstag unter der Leitung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) – ist für Kurschus „ein erster Schritt in die richtige Richtung“ getan. Der politische Wille sei erkennbar. Aber: „Es ist noch Luft nach oben…“

Die Evangelische Kirche von Westfalen sei jedenfalls bereit, sich auch weiterhin den gesellschaftlichen Herausforderungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu stellen. Schließlich wolle sie nicht nur kritisieren und fordern, sondern auch selbst Initiative zeigen: Erst im letzten Jahr hatte die Westfälische Landessynode Unterstützungsgelder in Höhe von 250.000 Euro für die Arbeit mit Flüchtlingen bereitgestellt.

Ehrenamtliches Engagement gewürdigt

Beeindruckt zeigte sich Kurschus jetzt bei ihrem Besuch in Burbach vom ehrenamtlichen Engagement der Evangelischen Kirchengemeinde Burbach. Zahlreiche Freiwillige um Ehrenamtskoordinator Hans-Peter Ginsberg und Pfarrer Jochen Wahl helfen, wo sie nur können: Sie sammeln Kleidung und Koffer, Spielzeug und Kinderwagen, laden die Flüchtlinge zum Sonntagsgottesdienst in die Gemeinde ein oder zur Mittwochsandacht im Andachtsraum im Flüchtlingsheim, bieten Kindern ein paar unbeschwerte Stunden in der Kinderbetreuung oder helfen bei Formalitäten. Lob gab es auch für Bürgermeister Christoph Ewers, der schon früh zu einem Runden Tisch im Ort eingeladen hat. „Ich habe wirklich Respekt gegenüber der Bevölkerung und Kommune, die das hier vor Ort gestalten muss.“ Und die tut es – trotz gelegentlicher Ängste und Sorgen – nach wie vor gern: „Die Spendenbereitschaft ist ungebrochen“, freut sich Pfarrer Jochen Wahl. „Und sie steigt sogar noch, wenn Menschen sich, zum Beispiel im Gottesdienst, erst einmal persönlich begegnet sind.“

Hintergrund

In der ehemaligen Siegerlandkaserne leben zurzeit knapp 800 Menschen aus zahlreichen Nationen. Sie alle sind Flüchtlinge und Asylsuchende aus Hunger- und Kriegsgebieten, zum Teil schwer traumatisiert. Die Notunterkunft, die ursprünglich für 500 bis maximal 600 Flüchtlinge vorgesehen war, ist damit massiv überbelegt. Nach den brutalen Übergriffen auf Flüchtlinge durch das Sicherheitspersonal der ehemaligen Betreiberfirma European Homecare (EHC) hat die zuständige Bezirksregierung Arnsberg inzwischen Konsequenzen gezogen und den Betreiber gewechselt. Seit Dienstag (7.10.) steht die Notunterkunft für Flüchtlinge in Burbach unter der Leitung DRK-Landesverbandes Westfalen-Lippe e.V.

Mehr zum Thema: Das Engagement der EKvW in der Flüchtlingshilfe (Auszug)

Ansprechpartner für Rückfragen: Pfarrer Helge Hohmann, Landeskirchlicher Beauftragter für Zuwanderungsarbeit, Studienleiter an der Ev. Akademie Villigst, Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen, Telefon: 02304 / 755-329, E-Mail: helge.hohmann(at)kircheundgesellschaft.de 


Pressemeldung der EKvW, 9. Oktober 2014