Ich bin da - Flüchtlingsarbeit

Überkonfessioneller Gottesdienst zur Flüchtlingsarbeit in der Nikolaikirche Siegen

Christliche Gemeinden engagieren sich für Flüchtlinge. In einem Gottesdienst in der Nikolaikirche wurden sie für ihre Arbeit geistlich gestärkt. Im Bild: v. li. Pfrn. Annegret Mayr, Pastor Andreas Klement, Pfarrer Vinko Puljic, Dechant Werner Wegener und Superintendent Peter-Thomas Stuberg.

Die Kirchen und Gemeinden im Siegerland und Olper Raum engagieren sich in der Betreuung der Flüchtlinge, die ihren jeweiligen langen und gefährlichen Weg von weither aus Kriegsgebieten über das Mittelmeer oder etliche Länder ins Siegerland und den Olper Raum gefunden haben. Sie versuchen eine Willkommenskultur zu leben, helfen mit Kleidung, geben Sprachkurse, vermitteln im Alltag oder stellen Wohnraum zur Verfügung. Viele Ehrenamtliche nutzen ihr Freizeit und kümmern sich um Flüchtlingsfamilien.

In der Nikolaikirche Siegen kamen am vergangenen Freitagnachmittag, 18. September 2015, viele Ehrenamtliche, Hauptamtliche aber auch Flüchtlinge zusammen, um Gottesdienst zu feiern, sich geistlich stärken zu lassen und einander wahrzunehmen. „Ich engagiere mich für Menschen, die bei uns Zuflucht suchen.“ stand auf dem Liedblatt geschrieben mit einem Bild, wo sich hinter Stacheldraht zwei Hände umfassen. Eingeladen waren Menschen, denen die Unterstützung geflüchteter Menschen ein Herzensanliegen ist.

Pfarrer Michael Junk, Neunkirchen-Salchendorf, Vorsitzender des Synodalen Ausschusses für Gemeindeentwicklung „Gemeinsam unterwegs“, in dem die Gottesdienst-Idee geboren wurde, grüßte die Menschen im voll besetzten Kirchenschiff. „Die große Herausforderung in Deutschland wird auch hier angenommen. Gott spricht uns durch die Flüchtlinge an und fordert uns heraus.“ Die Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Siegen, Pilar Mesa Navarro, dankte den Organisatoren des Gottesdienstes. Sie hob in ihrem Grußwort hervor, dass die Würde eines jeden Menschen zu achten sei. „Jeder, der sein Land verlässt, macht es nicht aus Spaß, sondern, weil es nicht mehr anders geht. Wo ein Wille ist, kann man helfen.“

Das Thema des Gottesdienstes lautete: „Ich bin da.“ Die Menschen, die sich zu uns flüchten, verkörpern diesen Satz mit ihrer gesamten Existenz. „Ich bin da“: Alle, die sich dafür einsetzen, dass Fremde sich willkommen fühlen können, sagen dies mit ihrem Engagement. „Ich bin da“. Das sagt auch Gott. Denn so stellt er sich vor in der biblischen Geschichte von Mose am brennenden Dornbusch. In seiner Predigt ging Superintendent Peter-Thomas Stuberg auf das „Ich bin da.“ ein. Er ging auf die Installation ein, die vor dem Chorraum aufgebaut war. Eine Skulptur aus Wurzeln, Stacheldraht und Schuhen, in denen Menschen aus Kriegsgebieten geflüchtet sind. Die eingearbeiteten Schuhe erzählten von den Menschen, die sie getragen hätten auf der Flucht aus der Hölle in die Hoffnung. Stuberg auf das kürzlich veröffentlichte Pressefoto anspielend: „Wenn kleine Schuhe darunter sind, rührt es uns besonders an.“ Gott habe aus dem Dornbusch zu Mose gesprochen, zieh deine Schuhe aus. Stuberg: „Wer barfuß auf der Erde steht, merkt seine Geschöpflichkeit und sieht wie verletzlich er ist, wie bedürftig und angewiesen.“ Die Begebenheit der biblischen Geschichte gehöre in die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel, das er auf der Knechtschaft in die Freiheit führte. An einer Stelle werde die Begebenheit universal. Stuberg: „Da, wo Gott selbst das Wort nimmt und seinen Schmerz offenlegt. Wo er sagt, ich habe es gesehen. Ich kenne ihr Leid. Gott kann es nicht ertragen, dass Menschen im Leid verkümmern.“ Das sei allen Menschen gesagt.

Auch die Menschen, die in Europa ankämen, sagten „Ich bin da“. Erschüttert und erleichtert, in Sicherheit, aber noch nicht frei von einem Trauma. Sie seien in der Hoffnung auf einen Rechtsraum ohne Willkür, ohne Gewalt und Terror. „Was würden wir an ihrer Stelle tun?“, fragte Stuberg in den Kirchenraum. „Wo suchten wir eine Lebensmöglichkeit jenseits eines gewaltsamen Todes?“

Der Superintendent ging auch auf die ordnungspolitischen Fragen ein, die nicht leicht zu beantworten seien. Statt des erhobenen moralischen Zeigefingers auf politisches Versagen stünde es uns besser an, für Politiker und Helfer fürbittend die Hände zu falten und für einen klugen und richtigen Weg  zu beten, der den Menschen gerecht werde. Wir seien alle in einen offenen Prozess gestellt, mit Veränderungen auch hier bei uns. Er machte Mut, im Namen Gottes die Veränderungen anzunehmen und den Menschen auf der Flucht im Namen Gottes zu helfen.

Nach der Predigt konnten sich Teilnehmende des Gottesdienstes von Pfarrern und Pastoren aus unterschiedlichen Gemeinden segnen lassen.

Der Gottesdienst wurde vorbereitet von einem überkonfessionellen Team aus dem Ev. Kirchenkreis Siegen, dem kath. Dekanat Siegen und verschiedenen Freikirchen. Musikalisch wurde der Gottesdienst durch KMD Ute Debus und des Taizé-Kreises Rudersdorf gestaltet.

 

kp

 

Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)

 

 

Eine Installation aus Wurzeln, Stacheldraht und Schuhen, in denen Menschen aus Kriegsgebieten geflüchtet sind, zog die Blicke auf sich und machte nachdenklich.

 


Karlfried Petri, Öffentlichkeitsreferent Kirchenkreis Siegen, 21. September 2015
 

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