Franziskus will im produktiven Sinne provozieren - auch mit Ablass?

Catholica-Bericht im Vorfeld der EKD-Synode in Bremen zum Stand der Ökumene

Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke, Bückeburg

Bischof Manzke sieht viele Anzeichen für Barmherzigkeit und wenig Bewegung in Lehrfragen. Kritische Worte zur Wiederbelebung des Ablasses im Jahr der Barmherzigkeit

Im Vorfeld der EKD-Synode treffen sich alljährlich die Vereinigte Lutherische Synode und die Konferenz der Unierten zum Catholica-Bericht. Darin geht es um die Lehrgespräche, Kontakte und Einschätzungen aus und über die Römisch-Katholische Kirche. Der Bückeburger Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke stellte seinen Bericht in Bremen unter den Titel: Entschieden in der Bezeugung des Glaubens - Barmherzig in der Zuwendung zu den Menschen.

Durch das näherrückende Reformationsjubiläum steigt ja auch die Spannung, ob sich das Verhältnis der reformatorischen und der katholischen Kirche zu diesem besonderen Zeitpunkt irgendwie besonders entwickelt. Manzke rief zunächst dazu auf, "weit verbreitete Konfessionsklischees" nicht weiter zu bedienen - nach dem Motto: "hier die evangelischen Kirchen als Neuerungsbewegung und zeitgemäß-weltoffene 'Kirche der Freiheit' - dort die katholische als 'altgläubig', rückwärtsgewandt und autoritätsfixiert." Auf katholischer Seite gäbe es ein deutliches Interesse, die Reformation im Allgemeinen und Luther im Besonderen besser zu verstehen, so Manzke.

Einen ganz neuen Ton der Ansprache bescheinigte Manzke den päpstlichen Enzykliken. Papst Franziskus formuliere viel in Ich-Form und schaffe damit eine persönliche Nähe und Betroffenheit. Alle Äußerungen seien von Barmherzigkeit und Verständnis geprägt. Auch spreche er oftmals nicht nur die Katholiken an, sondern eröffne auch den Dialog mit anderen Konfessionen, Religionen, ja allen Menschen, die auf der Welt wohnen.

Dies sei besonders in der Enzyklika "Laudato si" der Fall, die sich für eine sozial und ökologisch gerechte Welt einsetze. Franziskus "will ausdrücklich ein Gespräch mit allen, die bereit sind, kulturelle Grenzen zu überwinden angesichts der gemeinsamen Berufung aller Menschen, die durch Eigennutz und einen unbändigen Herrscherdrang des Menschen gefährdete Erde bewahren zu helfen". "Auf der Basis des Schöpfungsgedankens entwickelt Franziskus das Konzept einer "ganzheitlichen Ökologie", die sich nicht auff die Natur beschränkt, sondern auch die menschliche und soziale Dimension mit einbezieht", heißt es in dem Bericht weiter.

Enttäuscht zeigten sich viele Katholiken wie Evangelische über den Ausgang der "Familiensynode". Ein echter Wandel etwa im Umgang mit der Ehescheidung sei hier nicht geschafft worden. Manzke deutete allerdings manche Anzeichen doch in Richtung einer Liberalisierung. So werde die "graduelle Annäherung" nichtehelicher Lebensformen an die wahre sakramentale Ehe gewürdigt - nicht im Abschlussbericht, aber im Zwischenbericht. Hierin sieht Manzke eine Tendenz, die folgenreich sein könne.

Auch das bevorstehende "Jahr der Barmherzigkeit" war anzusprechen und wurde dann doch - insbesondere in der kurzen Diskussion nach dem Bericht - kritisch beleuchtet. Das Hauptanliegen der Barmherzigkeit wird mit dem Begriff des Ablasses verknüpft. Auch wenn zeitgemäße Interpretationen dieses Begriffs möglich seien - Manzke skizziert kurz den des großen Theologen Karl Rahner - sei der Begriff zu schwer belastet und missverständlich, dass er im Zusammenhang mit Barmherzigkeit wieder eingeführt werden solle. Nach Auskunft leitender Geistlicher, die im ökumenischen Dialog stehen, sei auch die deutsche katholische Bischofskonferenz darüber nicht erfreut. "Denn der Zugang bleibt auch dadurch belastet, dass Begriffe wie 'Strafe' oder 'erwerben' nicht im eigentlichen Sinne verstanden werden dürfen, sondern erste eine Uminterpretation erfahren müssen. Vielen Katholiken ist diese Frömmigkeitsform mittlerweile so fremd, dass sie nicht aus einer gelebten Praxis heraus auf positive Erfahrungen mit dem Ablass zurückgreifen ider ihn als ein Mittel der Barmherzigkeit erfahren können, als den ihn Papst Franziskus offensichtlich im Jahr der Barmherzigkeit verstanden wissen möchte."

Bischof Manzke schloss seinen Bericht mit einem positiven Ausblick: Der Wille zum gemeinsamen ökumenischen Handeln sei erkennbar und dies habe zunehmend positive Wirkungen in die Gesellschaft.


Georg Rieger
 

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