Alte Glocke läutet Zukunft der St. Martha Kirche in Nürnberg ein

Die reparierte Bronzeglocke ist zurück und bringt die Baustelle zum Klingen

Zum Erntedankfest wurde die historische Stundenglocke in den im Chorraum platzierten Glockenstuhl eingebaut und angeläutet. In Zukunft soll von Hand zu läuten sein. Die Sanierungsarbeiten sind in vollem Gange.

Nach dem Gottesdienst, der wie jeden Sonntag in der gegenüberliegenden St. Klara Kirche stattfinden konnte, pilgerte die Gemeinde in die eigene Kirche und versammelte sich im Chorraum. Dort war in einen hölzernen Glockenstuhl eingehängt die Glocke aus dem Türmchen der St. Martha Kirche. Nach ein paar einleitenden Redebeiträgen wurde die Glocke geläutet. Nach Aussage einiger Gemeindemitglieder war das ein erhebender Moment: Ein Gruß aus der Vergangenheit und ein Hoffungszeichen für die Zukunft.

Während des Brandes am 5. Juni 2014 hatte die Glocke lange im Türmchen ausgeharrt und der Hitze standgehalten. Erst relativ spät muss sie heruntergefallen sein und landete in einem Haufen Schutt. Dort wurde sie vom Baubeauftragten der Gemeinde Thomas Pickl bei einer Kranfahrt entdeckt. Der Versuch, die Glocke zu bergen gelang nur teilweise. Das Metall war durch die Hitze wohl unter Spannung und so zersprang sie in drei Teile.

Bei diesem Bergungsversuch war auch schon Herr Martin Buchmeier dabei, der bereits einige Tage nach dem Brand seine Hilfe bei allen Fragen der Glocken angeboten hatte. Buchmeier ist gelernter Glockengießer und zwar nicht in diesem Beruf tätig, aber in allen Angelegenheiten sehr kundig. Auf seinen Tipp hin, wurden die Glockenteile nach Nördlingen zur Glockenschweißerei Lachenmeyer gebracht. Nach einigen Monaten kam dann die Meldung, dass die Glocke geschweißt werden konnte. Allerdings waren bei den Schweißarbeiten weitere feine Risse entdeckt worden, die zusätzlich versorgt werden mussten.

Die relativ kleine sogenannte Stundenglocke wurde höchstwahrscheinlich von Hans Glockengießer in den Anfangsjahren seiner Tätigkeit in der heutigen Königstraße 55 gegossen. Da das Dach des Hauptschiffs der Kirche auf 1411 datiert wird, ist dieses möglicherweise auch das Entstehungsjahr der Glocke. Sie ist der Mutter Jesu, Maria, gewidmet. In dem Türmchen war sie sehr eng und mit einem stählernden Glockenstuhl eingebaut.

In den fünfziger Jahren war der alte Klöppel gekürzt und mit einem Scharnier versehen um 90 Grad gedreht in die Glocke eingebaut worden. Immerhin wurde er nicht - wie in vielen anderen Fällen - durch einen industriell gefertigten ersetzt. Martin Buchmeier hat nun den historischen Anschlag wieder rekonstruiert, idem er den verkürzten Klöppel lang geschmiedet (Video) und an Lederbändern in der Glocke aufgehängt hat. Die gleichmäßige Bewegung des Klöppels wurde mehrfach überprüft.

Mitte September kam die Glocke dann aus der Schmiedewerkstatt zurück in die Marthakirche - allerdings nur für wenige Stunden, in denen Martin Buchmeier die Glocke mit dem Joch verband und probehalber in den Glockenstuhl einsetzte. Ein erstes Probeläuten wurde damals auch aufgezeichnet: Erstes Glockenläuten auf YouTube

Am 4. Oktober standen nun Martin Buchmeier, Pfarrer Dieter Krabbe und Koordinator Georg Rieger Rede und Antwort, was das Glockenthema angeht. Die beiden anderen - einiges größeren - Glocken werden auch bald in Auftrag gegeben, sollen aber vorher noch vom Klang auf die Geläute der anderen Innenstadtkirchen abgestimmt werden. Nach den bisherigen Plänen wird die Hans-Glockengießer-Glocke zusammen mit den anderen beiden im Dachstuhl hinter dem hölzernen Fensterladen eingebaut, da das Türmchen ansonsten sehr aufwändig statisch ertüchtigt werden müsste.

Nach einigen Fragerunden wurde die Glocke schließlich geläutet - zuerst etwas vorsichtig von Pfarrer Krabbe, dann kräftig von Herrn Buchmeier und schließlich von Kindern und junggebliebenen Erwachsenen. Im Anschluss wurde die Glocke an einen sicheren Ort verbracht.

Derweil haben die Sanierungsarbeiten an den verbliebenen Mauern, Säulen und dem Chorgewölbe begonnen. Durch Bestrahlung mit Glaspudermehl wurde der Ruß entfernt, Restauratoren sichern jetzt die Putzreste (die aus denkmalpflegerischen Gründen erhalten werden müssen) und eine Sanierungsfirma sichert die Wände durch Verankerungen. Die Ferstigstellung sehen die Planer inzwischen weit im Jahr 2017.

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Die Glocke im Chorraum zwischengelagert
Die Glockenkrone ...
... muss in das Joch eingepasst werden
Die Glocke mit dem Joch ...
... wird in den Glockenstuhl eingebaut

Georg Rieger, Koordinator des Wiederaufbaus

Bericht in der BR-Frankenschau vom 5. Oktober 2015

Bericht in der BR-Abendschau vom 5. Oktober 2015

 

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