Annette Kurschus: Sich selbst nicht mit Gott verwechseln

Bei Interreligiöser Tagung in Wuppertal sprach sich Präses Kurschus für gemeinsamen Einsatz für Frieden aus

Annette Kurschus: "Wenn ein Mensch sich an die Stelle Gottes setzt oder Gott nach seinen eigenen Ideen und Wünschen formen will, kann es schnell gefährlich werden." © Evangelische Kirche von Westfalen

Die verschiedenen Religionen müssen und können sich intensiver und beharrlicher als bisher gemeinsam für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre eigenen selbstkritischen Traditionen entdecken und pflegen. Diese Überzeugung hat Präses Annette Kurschus am Freitag (14.7.) in Wuppertal vertreten.

Die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen sprach auf der interreligiösen Tagung "Friede unter den Menschen". Daran wirken auch Vertreter verschiedener Religionen aus Afrika und Asien mit. Thema der Konferenz, die bis Sonntag dauert, ist die Verantwortung der Religionen für den Erhalt und die Förderung friedensstiftender Begegnungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Religionen erinnern den Staat an seine Friedensverantwortung

Religionen, so Präses Kurschus, seien immer auch selbstkritisch und damit religionskritisch. "Die Zehn Gebote schärfen den Menschen ein, sich selbst nicht mit Gott zu verwechseln. Wenn ein Mensch sich an die Stelle Gottes setzt oder Gott nach seinen eigenen Ideen und Wünschen formen will, kann es schnell gefährlich werden." Wo diese Gefahr erkannt werde, könne eine Religion ihrer Verantwortung für den Frieden gerecht werden.

Zugleich sieht Annette Kurschus die Religionen in der Pflicht, den Staat und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteure an deren Friedensverantwortung zu erinnern. Das sei umso glaubwürdiger, je mehr die Religionen auch selbst aktiv und beispielhaft Frieden stiften. Was im Herbst 2015 angesichts vieler Flüchtlinge spontan in interreligiösen Einzelaktionen möglich war, sollte auch prinzipiell und strukturell möglich und eingeübt werden.

Gott im Handeln mit anderen und für andere neu erfahren

"Stärker als bisher können wir dann aus unserer je eigenen Glaubensmotivation heraus zu gemeinsamen Taten für Frieden und Gerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung und die Würde des Menschen finden", sagte die Präses. "Wir werden dabei unsere je eigenen Erfahrungen mit Gott nicht verschweigen oder gar verlieren. Im Gegenteil. Ich ahne: Wir werden Gott im Handeln mit anderen und für andere ganz neu und vertieft erfahren."

Aus Deutschland, Tansania, Nigeria, Indonesien und Sri Lanka

An der Tagung wirken außer Vertretern christlicher Kirchen aus Deutschland, Tansania, Nigeria, Indonesien und Sri Lanka auch zwei Scheichs aus Tansania mit sowie muslimische und buddhistische Gelehrte aus Indonesien und Sri Lanka. Sie diskutieren Konzepte, Impulse und vorbildliche Praxisbeispiele zur Förderung friedlicher und inklusiver Gemeinschaften. Die Konferenz wird gemeinsam veranstaltet von der westfälischen und der rheinischen Landeskirche, der Deutschen Kommission Justitia et Pax und der Vereinten Evangelische Mission (VEM).

(Pressemitteilung evangelisch-in-westfalen.de)