Präses Annette Kurschus: Die Kirche ist kein Bunker

Gottesdienst der Landeskirchen in NRW zum 500-jährigen Reformationsjubiläum

Vizepräses Christoph Pistorius (Ev. Kirche im Rheinland), Ministerpräsident Armin Laschet, Susanne Schüring-Pook (Lippische Landeskirche), Präses Annette Kurschus, Pfarrer Kai Hegemann (Wiesenkirche Soest) und Landtagspräsident André Kuper (v.l.) © Evangelische Kirche von Westfalen

500 Jahre nach dem Beginn der Reformation hat Präses Annette Kurschus die christliche Freiheit in den Mittelpunkt gestellt.

"Vor Gott gibt es nichts, was mich besser oder gesicherter dastehen ließe als andere. Ich genüge voll und ganz. Denn Christus steht für mich ein", sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen im Gottesdienst, den die evangelischen Kirchen in NRW am Dienstag zum Reformationsjubiläum in Soest feierten.

Wer solche Freiheit annimmt, den könne kein fremder und kein eigener Anspruch knechten oder verbiegen. Doch die Unfreiheit sei verführerisch: "Da gibt es Stimmen, die wissen schon immer ganz genau, wer in der Gesellschaft dazugehört und wer nicht. Stimmen, die mit Masse und Lautstärke entscheiden, wer ganz in Freiheit leben darf und wer nicht – und wer es entweder ganz unten aushalten muss oder besser geht. Bereitwillig geben Menschen ihre Freiheit auf – nur damit ihnen jemand die Angst abnimmt und das Denken." Dagegen betonte die Präses, dass die von Gott geschenkte Freiheit "in die Verantwortung ruft für unsere Mitmenschen". Die Kirche, das Haus des Glaubens, "ist kein Bunker. Und die feste Burg, die unser Gott ist, verbietet es, ihn bei uns einzumauern und unsere Köpfe und Herzen durch Zugbrücken und Schießscharten vor allem Anderen und Fremden zu schützen."

Ministerpräsident Laschet las aus der Bergpredigt

An dem Festgottesdienst in der voll besetzten Soester Wiesenkirche wirkte auch Ministerpräsident Armin Laschet mit, der einen Abschnitt aus der Bergpredigt Jesu las. Für die Evangelische Kirche im Rheinland war Vizepräsident Christoph Pistorius dabei, die Lippische Landeskirche vertrat Kirchenleitungsmitglied Susanne Schüring-Pook. Kai Hegemann führte als Ortspfarrer der Wiesenkirche durch die Liturgie. Der Steinmetz Michael Düchting beschrieb sein Handwerk und erklärte, die großen Kirchengebäude seien – wie die Wiesenkirche - immer Baustellen und damit "ein Sinnbild für Kirche heute und in Zukunft".

"Rausgehen, neue Wege gehen, um anderen zu begegnen – auch das ist Reformation", sagte Antje Limbrock, die von der ehrenamtlichen Arbeit im Kirchenkiosk "Vis à Wiese" berichtete. In diesem für alle offenen Begegnungszentrum finden Besucher nicht nur Informationen, sondern auf Wunsch auch Ansprechpartner für Fragen des Lebens und Seelsorge.

Leuchtkraft und Vollkommenheit

Die Glasrestauratorin Simone Schmidt schilderte, wie sie an den mittelalterlichen Fenstern der Wiesenkirche arbeitet und sich so mit den Generationen der Jahrhunderte verbunden fühlt, die "bereits damals von der Leuchtkraft und Vollkommenheit gefangen waren".

Orgel spielte Professor Dr. Helmut Fleinghaus, Direktor der Hochschule für Kirchenmusik Herford. Deren Kantorei sang unter der Leitung von Professor Hildebrand Haake. Landesposaunenwart Daniel Salinga und Kirchenmusikdirektor Ulrich Dieckmann leiteten den westfälischen Landesposaunenchor. An dem Gottesdienst nahmen auch über 350.000 Zuschauer des WDR-Fernsehens und Radiohörer von WDR 5 teil.


Quelle: Evangelische Kirche von Westfalen