500 Jahre alte Briefe werden digital

Johannes a Lasco Bibliothek leitet wissenschaftliches Projekt


Ein Forscherteam der Emder Bibliothek und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur wertet eine Sammlung von etwa 2000 historischen Briefen wissenschaftlich aus und stellt daraus eine kritische, digitale Ausgabe zusammen.

Es handelt sich um die Sozianischen Briefe, die zwischen 1580 und 1740 entstanden und auf die Ideen einer protestanischen Gruppe um die Italiener Fausto und Lelio Sozzini zurückgehen: die Sozinianer. Diese lehnten  den Glaubenssatz ab, dass der auferstandende Jesus Christus Mensch und Gott zugleich ist und beriefen sich dabei auf die in dieser Zeit entstehenden rationalen Wissenschaften. Besonders neue Erkenntnisse aus der Astronomie sprengten die damalige Einheit der Wissenschaft. Eine umfangreiche Briefkommunikation über den gesamten europäischen Kontinent entspannte sich.

Der neue wissenschaftliche Leiter der Bibliothek, der gebürtige Litauer Kestutis Daugirdas, brachte das Projekt von Mainz aus mit nach Emden. Es wird mit rund 840.000 Euro aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. In Emden arbeiten zwei Wissenschaftler daran, in Mainz mehrere Mitarbeiter der dortigen Akademie.

Die neue Edition der Sozianischen Briefe werde in einer sogenannten Graph-basierten Datenbank im Netz für jedermann bereitgestellt, kündigte Daugirdas an. Dabei werden alle Texte, ihre Übertragung aus dem Lateinischen, zentrale Begriffe und Personen, Bildmaterial miteinander verknüpft. Es entstehe mit der Vielzahl der Informationen quasi eine Dreidimensionalität der Fakten, meint Andreas Kuczera. Er ist in Mainz Experte für die Graphentechnologie in den Geisteswissenschaften. Bislang ist die Auswertung historischer Schriften auf dieser Basis wissenschaftliches Neuland.


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