Ich vermisse SuSi

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


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Die Katze meiner Frau hieß Susi. Sie wurde vor vielen Jahren vom Bäckerwagen überfahren. Noch heute vermisst meine Frau ihre Susi. In unserer Kirchengemeinde gab es einen Gottesdienst für Konfirmanden und ihre Eltern, samstags um sieben, abgekürzt „SUSI“. Der wurde nicht gut besucht und wird auch kaum vermisst. Was ich aber vermisse, ist subjektive Sicherheit im öffentlichen Raum, offizielle Abkürzung 'SuSi'.

Das subjektive Sicherheitsempfinden von Menschen im Öffentlichen Raum, auf Straßen, in Parks aber besonders im öffentlichen Nahverkehr ist ein oft diskutiertes Thema. Es beschäftigt Forschungsinstitute und Ministerien, es wird an Universitäten erforscht, allerdings ergeben die Umfragen widersprüchliche Ergebnisse, je nachdem wer fragt und wie gefragt wird.

In Deutschland gibt es einen gravierenden Gegensatz zwischen (hoher) objektiver Sicherheit und (niedrigem) subjektivem Sicherheitsempfinden. Obwohl immer mehr Menschen sagen, dass sie sich bedroht und unsicher fühlen, lässt sich kein entsprechender Anstieg der Verbrechen und Gewaltdelikte nachweisen. Der Bundesinnenminister kann sogar mit einer Verbesserung der Kriminalitätsstatistik aufwarten.

Mich stimmt es traurig, dass in jedem Kaufhaus und am Eingang vieler Läden jetzt Sicherheitsleute stehen. Ist das nicht ein Zeichen zunehmender Unsicherheit? Auch die vielen Videokameras erhöhen nicht mein Sicherheitsempfinden. Sie erinnern mich vielmehr daran, dass ich das potentielle Opfer eines Angriffs oder Raubs werden könnte.

In der Diskussion wird nach mehr Polizeipräsenz gerufen. Tatsächlich fühlt man sich sicherer, wenn man auch nachts und in abgelegenen Straßen Polizeistreifen sieht. In manchen Städten setzt das Ordnungsamt jetzt uniformierte „Aufpasser“ als Polizeiersatz ein, aber diese Fokussierung auf die Personalstärke der Polizei ist eine einseitige Betrachtungsweise. Tatsächlich sind es verschiedene Faktoren, die in den letzten Jahren zum schwinden des Sicherheitsempfindens beigetragen haben.

Seit Jahren sparen die Kommunen zum Beispiel an der Straßenbeleuchtung. Gerade für ältere Menschen ist die Funzelbeleuchtung deutscher Städte ungenügend. Die Wege durch Parks und sogar beliebte Jogging- und Fahrradstrecken sind düster und oft ganz und gar unbeleuchtet. In den Unterführungen sind Lichter häufig defekt. Gut beleuchtete Straßen und Wege durch Parks wären ein wichtiger Beitrag zur subjektiven Sicherheit.

Besonders schlimm steht es um die subjektive Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr. Das belegen entsprechende Studien. Nachts alleine auf einem S-Bahnhof zu stehen, ist eine Mutprobe, die man niemandem wünscht. Auch an dunklen Bushaltestellen und in leeren U-Bahnstationen will niemand warten. Gerade Frauen und ältere Menschen meiden solche Situationen. Die Verkehrsbetriebe haben überall Personal eingespart und Menschen durch Automaten, Rufsäulen und Kameras ersetzt, die kein Sicherheitsempfinden vermitteln. Auf den Zügen ist es um Personalpräsenz auch schlecht bestellt und nicht jede und jeder möchte eine Heldin oder ein Held sein.

Nicht nur Innenminister und Polizei haben auf Kosten der subjektiven Sicherheit gespart, auch die Deutsche Bahn, Verkehrsbetriebe und Kommunen haben auf Kosten des allgemeinen Sicherheitsempfindens ihre Kassen saniert und zum wachsenden Gefühl der Unsicherheit im öffentlichen Raum beigetragen. Es ist an der Zeit, hier umzudenken. SuSi wird vermisst!

Paul Oppenheim