'Interreligiöser Dialog gehört zum Wesen der Kirche'

Tagung zu den theologischen Grundlagen des interreligiösen Dialogs


Der interreligiöse Dialog ist in einer multireligiösen Gesellschaft wichtiger denn je. Daher will die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) sich noch intensiver im Dialog mit anderen Religionen engagieren. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer eines Studientages der ACK zu den theologischen Grundlagen des interreligiösen Dialogs am 14. Juni in Fulda.

„Der interreligiöse Dialog hat vor allem auch mit dem Selbstverständnis der Kirchen zu tun“, sagte Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), Vorsitzender der ACK in Deutschland. Der Dialog mit anderen Religionen gehöre daher zum Wesen der Kirche. Die Selbstverpflichtung zum interreligiösen Dialog, zu denen die Kirchen sich in der gemeinsamen Unterzeichnung der Charta Oecumenica (Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa) verpflichtet haben, müsse immer wieder erneuert und das Gespräch mit anderen Religionen intensiviert werden.

Konfessionen haben ein grundsätzlich positives Verhältnis zu anderen Religionen

Alle Konfessionen sehen in den anderen Religionen grundsätzlich eine positive Bewegung des Menschen zu Gott hin. Diese Sicht sei schöpfungstheologisch begründet, wie der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis (München) ausführte. Alles in der Schöpfung sei auf Gott hin ausgerichtet, so sehe die orthodoxe Theologie in jedem Menschen ein Bild Jesu Christi. Dieser unverbrüchliche Wert jedes Menschen gelte unabhängig von seiner Herkunft und seinen religiösen Überzeugungen. Dies führe aber nicht zu einem Relativismus. Alle Konfessionen sind davon überzeugt, dass in Jesus Christus die Wahrheit Gottes erschienen ist. Diese Singularität sei jedoch nicht ausschließend, sondern einladend zu begreifen, sagte Vlantis. In den anderen Religionen werde nach dem Verständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils auch „Wahres und Heiliges“ verkündet und gelebt, wie Professor Tobias Specker (Frankfurt am Main) erläuterte. Daher mahne die römisch-katholische Kirche dazu, mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen „jene geistlichen und sittlichen Güter und sozio-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden“, anzuerkennen, zu wahren und zu fördern, wie es in den Dokumenten des Konzils heißt. Auch von protestantischer Seite würden die Religionen grundsätzlich positiv bewertet, wie der baptistische Missionswissenschaftler Michael Kißkalt (Elstal) darlegte. Der christliche Glaube akzeptiere die Fremdheit des anderen und bleibe sich gleichzeitig seiner eigenen Fremdheit bewusst. Die Wahrheitsfrage müsse aber auch im interreligiösen Dialog gestellt werden, denn insbesondere aus freikirchlicher Sicht dürfe das christliche Bekenntnis nicht relativiert werden, auch wenn man andere Religionen respektiere.

Dialog auf verschiedenen Ebenen führen

Diese grundsätzliche positive Einstellung der Kirchen zu den anderen Religionen müsse sich auch in der pastoralen Praxis niederschlagen, wie Timo Güzelmansur, Leiter der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (CIBEDO), darlegte. Neben dem theologischen Dialog müssten die Kirchen sich auch in gemeinsamen interreligiösen Projekten für ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft einsetzen sowie eine interreligiöse Spiritualität entwickeln. Güzelmansur sprach sich dafür aus, in den Kirchen auf allen Ebenen Beauftragte für den interreligiösen Dialog zu berufen und interreligiöse Bildung zu verstärken.

Interreligiöse Arbeit verstärken

Der Vorstand der ACK bekräftigte vor diesem Hintergrund, sein interreligiöses Engagement und die Chance der ACK, auf ihren verschiedenen Ebenen eine gute Plattform für den Austausch über das Verständnis von interreligiösem Dialog zu sein. Mit dem interreligiösen Projekt „Weißt du, wer ich bin?“, das die ACK mit vier muslimischen Verbänden und dem Zentralrat der Juden durchführt, werden interreligiöse Projekte an der Basis gefördert, doch solle auch der theologische Dialog mit den anderen Religionen intensiviert werden. Zudem sollten die durch das Projekt angestoßenen Initiativen nachhaltig verstetigt werden. Dabei könnten die positiven Erfahrungen, die die Kirchen im ökumenischen Miteinander gemacht haben, auch auf den interreligiösen Dialog übertragen werden. Information über die Religionen, das interreligiöse Gespräch und der Austausch über das Missionsverständnis der Konfessionen könne zudem eine Aufgabe der ACK sein. Miteinander sollten sich die Religionsgemeinschaften in einer säkularen Gesellschaft zudem für die Werte der Religionen, insbesondere die Menschenrechte, einsetzen und sich gegen Fundamentalismus und Gewalt im Namen der Religion engagieren. Dabei dürften sich die Religionen aber nicht von den nichtreligiösen gesellschaftlichen Gruppen abgrenzen, sondern vielmehr nach konstruktiven Formen des Miteinanders suchen.