Besuch bei Samaritanern in Nablus: ein Versuch

Nes Ammim - aus dem Alltag in einem nicht-alltäglichen Dorf in Israel. 73. Kapitel


Von Tobias Kriener

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Inhalt Tagebuch

Vorgestern hatten wir erstmals einen Study Trip nach Nablus - arrangiert von unserem Freund Ghazzal aus Sakhnin. Das war leider noch längst nicht nach meinen Erwartungen:

- Das Gespräch mit Ibrahim von den Samaritanern krankte daran, dass Ghazzals Übersetzung ins Englische sehr ungenügend war - was nicht zuletzt daran lag, dass er gar nicht verstand, was Ibrahim uns sagen wollte, wenn es beispielsweise um die Tötung der jüdischen Kinder in Ägypten ging - oder doch um die Tötung der Erstgeburt? Oder wenn er uns die samaritanische Version der Kaschrut-Regeln erklären wollte. Sehr schade. Das hätte weit interessanter sein können.

Auf der Straße konnten wir dann sehen, dass der "Good Samaritan" heutzutage Hochprozentiges verkauft ... Auch auf den Platz, auf dem an Pessach die Lämmer geopfert werden, warfen wir einen Blick - ein unaufgeräumtes Gelände mit erin paar Löchern drin und Tribünen und Schuppen drumherum - nicht sehr eindrucksvoll ...

- Dann saßen wir eine gute Stunde beim Gouverneur von Nablus - natürlich eine wichtige Persönlichkeit, und dass wir den Termin bekommen haben, spricht dafür, dass Ghazzal bestens vernetzt ist. Aber ich fand es wenig ertragreich; ein Termin mit einer NGO hätte spannender sein können. Der Gouverneur konnte nicht viel mehr mitteilen, als dass die Besatzung alle Entwicklungen verhindert - obwohl die Volos ihn gelöchert haben, was denn die Verwaltung konkret tut unter den gegebenen Bedingungen, um die Lebensverhältnisse ein wenig zu verbessern.

- Das Mittagessen war dann in einem Humusladen gegenüber der Universität. Der Humus war zwar sehr lecker - aber die Straße sehr laut.

- Dann hat uns unser Nabluser Guide - von Beruf Unidozent - zu einer Tour mit den Autos über den Uni-Campus geschleppt. Mehr als "da links ist die naturwissenschaftliche Fakultät" und "da drüben sieht man die Kunstakademie" konnte er nicht vermitteln; auch das war leider vertane Zeit.

- Wir haben es nicht in die Altstadt geschafft. Nächstes Mal werde ich drauf bestehen, dass wir das Mittagessen in der Altstadt einnehmen - dann haben wir eine bessere Location und verpassen nicht eine der Hauptattraktionen von Nablua.

- So haben wir uns fast ausschließlich in der deprimierenden Hochhauswüste von Nablus bewegt: Ein gesichtsloser highrise neben dem anderen - ohne jedes Grün dazwischen - ohne stadtplanerische Gestaltung. Ebenso deprimierend wie Ramallah oder Hebron on den Neubaubezirken.

- Als kleine Entschädigung sind wir zum Schluss noch auf einen Aussichtspunkt über das samarische Bergland gefahren. Leider war die Sicht vorgestern so diesig, dass man nicht sehr weit sehen konnte (an klaren Tagen kann man bis Hadera und Netanja und zum Mittelmeer sehen). Aber trotzdem: Die Landschaft ist sehenswert ...

Also: Da ist noch viel Luft nach oben. Nächstes Jahr nächster Versuch.


Tobias Kriener