Wasche dich, so wirst du rein!

Predigt in Coronazeiten über II. Könige 5 – 8. März 2020

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von Pastor Michael Ebener, Evangelisch-Reformierte Gemeinde Göttingen

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.


1.
Wären wir allesamt Kinder
täte es gut, da wäre wer,
der uns auf den Schoß nimmt,
hält und streicht und sagt:
„Ruhig, atmen nicht vergessen,
wird alles gut!“

Den gibt’s wohl nicht,
und Kinder sind wir nicht
und deshalb kurz davor,
so richtig durchzudrehn.
Nicht dumm sein ist das eine in Coronazeiten,
ruhig weiteratmen mindestens das Andere …

Deshalb ein ganzes Kapitel Bibel, zweite Könige 5, ganz gemach:
Naaman – wer kennt denn den?


2.
Naaman, der Feldhauptmann des Königs von Aram, war ein trefflicher Mann vor seinem Herrn und wert gehalten; denn durch ihn gab der HERR den Aramäern Sieg. Und er war ein gewaltiger Mann, jedoch aussätzig.

Naaman ist imposant:
Ein großer Krieger,
schlachterprobt und ordenschwer.
Sein König stützt sich ganz auf ihn.
Nur ist da immer wer, der fegt, wenn Naaman geht:
Die weißen Schuppen seiner Haut,
die Flechten, die da fliegen.
So ist das wohl:
Auch Größte haben Leiden –
der Virus schlägt bedeutungslos.


3.
Aber die Kriegsleute der Aramäer waren ausgezogen und hatten ein junges Mädchen weggeführt aus dem Lande Israel; die war im Dienst der Frau Naamans. Die sprach zu ihrer Herrin: Ach, dass mein Herr wäre bei dem Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz befreien.

Ein gutes Kind, ein treues Kind, so fromm:
Ist als Sklavin um den ihren Herrn besorgt
und weiß von einem, der da Wunder tut!
Da ist die Herrin schnell ganz Ohr
und richtet es dem Gatten aus,
der sich nächtens schrubbt und kratzt
und das Bett beschmutzt.


4.
Da ging Naaman hinein zu seinem Herrn und sagte es ihm an und sprach: So und so hat das Mädchen aus dem Lande Israel geredet. Der König von Aram sprach: So zieh hin, ich will dem König von Israel einen Brief schreiben.
Und er zog hin und nahm mit sich zehn Zentner Silber und sechstausend Goldgulden und zehn Feierkleider und brachte den Brief dem König von Israel; der lautete: Wenn dieser Brief zu dir kommt, siehe, so wisse, ich habe meinen Knecht Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist.
Und als der König von Israel den Brief las, zerriss er seine Kleider und sprach: Bin ich denn Gott, dass ich töten und lebendig machen könnte, dass er zu mir schickt, ich solle den Mann von seinem Aussatz befreien? Merkt und seht, wie er Streit mit mir sucht!

Klug, wenn Männer auf die Frauen hören –
8. März, heute: Weltfrauentag!
Dumm, wenn Männer auf den Dienstweg gehen –
König hier und König dort:
Es fehlt nicht viel, die hauen sich!
Der Aramäerherrscher verkennt die Lage völlig, alter Heide:
Königsmacht kann Leben nehmen,
aber niemals welches schaffen!
Und der Kranke?
Ratlos hin und her gewiesen,
aber eindeutig Privatpatient:
nahm mit sich zehn Zentner Silber und sechstausend Goldgulden
und zehn Feierkleider.

Und Israels König?
Ist nicht Gott - und weiß das wohl!
Und zittert und verzagt,
weil er nicht kann, was er doch soll.


5.
Als Elisa, der Mann Gottes, hörte, dass der König von Israel seine Kleider zerrissen hatte, sandte er zu ihm und ließ ihm sagen: Warum hast du deine Kleider zerrissen? Lass ihn zu mir kommen, damit er innewerde, dass ein Prophet in Israel ist. So kam Naaman mit Rossen und Wagen und hielt vor der Tür am Hause Elisas.

Wer sagt denn, dass Männer Gottes Demut tragen?
Wer einst den Elia sah zum Himmel reisen,
der ist sich seines Amts bewusst:
ein Prophet in Israel!
Rosse und Wagen,
Porsche, SUV beeindrucken Elisa nicht!
Spätestens im Wartezimmer sind alle Kranken gleich:
Der Nächste, bitte!

 
6.
Da sandte Elisa einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder heil und du wirst rein werden. Da wurde Naaman zornig und zog weg und sprach: Ich meinte, er selbst sollte zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des HERRN, seines Gottes, anrufen und seine Hand hin zum Heiligtum erheben und mich so von dem Aussatz befreien. Sind nicht die Flüsse von Damaskus, Abana und Parpar, besser als alle Wasser in Israel, sodass ich mich in ihnen waschen und rein werden könnte? Und er wandte sich und zog weg im Zorn.

Der große Mann, schlachterprobt und ordenschwer,
nicht einmal vorgelassen zu dem Arzt -
wir erinnern uns: Privatpatient!
Die Haut, die strafft und spannt.
Der Blutdruck steigt und steigt.
Bürokratie im Gesundheitssystem macht alle platt!
Ein Arzt, der den Patient nicht sieht, nicht fühlt,
braucht keinen Schutzanzug.
Der Bote ja, die Schwester und der Pfleger,
wenn noch welche da sind …
Ist das ein Blick in die Zukunft der Katastrophenmedizin?
Und dann noch dies Rezept – lächerlich:
Händewaschen, Händewaschen –
solange, wie zwei Happy Birthday klingen.

Dafür hätte Naaman auch zu Hause bleiben können.
Wenn Medizin nicht bitter schmeckt,
oder wenigstens sehr teuer ist,
dann hilft sie nicht.

 

7.
Da machten sich seine Diener an ihn heran, redeten mit ihm und sprachen: Lieber Vater, wenn dir der Prophet etwas Großes geboten hätte, hättest du es nicht getan? Wie viel mehr, wenn er zu dir sagt: Wasche dich, so wirst du rein! Da stieg er ab und tauchte unter im Jordan siebenmal, wie der Mann Gottes geboten hatte. Und sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben und er wurde rein.

Naaman lässt mit sich reden.
Gut, wenn Große, Gewaltige doch auf Kleine hören!
Woll‘n sehen:
Wasche dich, so wirst du rein!
Wer heilt, hat Recht.
Händewaschen, Händewaschen, weiß ein jedes Kind … –
hört man dieser Tage allenthalben.
Zwischendurch Cremen hab’ ich nun gelernt,
damit die Haut nicht rissig wird.
Nicht schütteln, patschen, tatschen.
Einzelkelch beim Abendmahl.
Nieshygiene, das ist neu –
die Sache nicht, das Wort, das kannt’ ich nicht.
Und in die Beuge husten
in Ordnung, aber das ist ungewohnt …
Wenn man im Krankheitsfall nicht viel tun kann,
trotzdem das Naheliegende tun,
denn dann kann man was tun,
und das tut gut.


8.
Und er kehrte zurück zu dem Mann Gottes mit allen seinen Leuten. Und als er hinkam, trat er vor ihn und sprach: Siehe, nun weiß ich, dass kein Gott ist in allen Landen, außer in Israel; so nimm nun eine Segensgabe von deinem Knecht. Elisa aber sprach: So wahr der HERR lebt, vor dem ich stehe: Ich nehme es nicht. Und er nötigte ihn, dass er es nehme; aber er wollte nicht.

Naaman fallen Schuppen von der Haut –
und von den Augen:
kein Gott in allen Landen, außer in Israel.
Soviel Frommsein wirkt’s, wenn’s nicht mehr juckt –
wenn die Last des Alltags endlich weicht:
Hydrocortison und Allantoin,
salben, tupfen, binden.
Alles heil.
Ich glaub’ dem Naaman seine Läuterung!
Und seine Dankbarkeit.
Endlich wird er zum Heiler vorgelassen.
Und natürlich will er wiederschenken
von seinen zehn Zentnern Silber und sechstausend Goldgulden
und zehn Feierkleidern.

Allein – der Prophet, der will’s nicht haben,
tut seinen Dienst ganz ohne Ansinnen,
weil er im Dienst des HÖCHSTEN steht
und nicht verkaufen kann, was Gnade ist.


9.
Da sprach Naaman: Wenn nicht, so könnte doch deinem Knecht gegeben werden von dieser Erde eine Last, so viel zwei Maultiere tragen! Denn dein Knecht will nicht mehr andern Göttern opfern und Brandopfer darbringen, sondern allein dem HERRN. Nur darin wolle der HERR deinem Knecht gnädig sein: Wenn mein König in den Tempel Rimmons geht, um dort anzubeten, und er sich auf meinen Arm lehnt und ich auch anbete im Tempel Rimmons, dann möge der HERR deinem Knecht vergeben. Er sprach zu ihm: Zieh hin mit Frieden!

Naaman hat wahrlich dazugelernt:
gegen einen, diesen Propheten wehren, führt zu nichts -
dessen Wort ist wohl so unbedingt wie dieser GOtt,
in dessen Dienst er steht!
Um zwei Sack Erde bittet er stattdessen –
zwei Maultierrücken Heil’ges Land.
Warum denn das?
Naaman meint es ernst mit seinem neuen Gott und Glauben!
Auf diesem Boden will er stehen, auf dieser Erde, auch daheim,
und dort dann opfern Brand und Fett,
allein dem HERRn, keinen andern Göttern mehr.
Hat da einer aus den Geboten abgeschrieben?
Allein die Staatsräson,
die führt ihn als des Königs Hand
auch nun noch an den Götzentempel.
Dort wird er mit dem König gehen und stehen und tun, als ob.
Nur darin wolle der HERR gnädig sein
und seinem neuen Knecht vergeben. - - -
Zieh hin mit Frieden!
Man muss auch mal pragmatisch sein in Glaubenssachen
und nicht aus allem einen status machen.


10.
Und als er von ihm eine Strecke Weges fortgezogen war, sagte sich Gehasi, der Diener Elisas, des Mannes Gottes: Siehe, mein Herr hat diesen Aramäer Naaman verschont, dass er nichts von ihm genommen hat, was er gebracht hat. So wahr der HERR lebt: Ich will ihm nachlaufen und mir etwas von ihm geben lassen.

So jagte Gehasi dem Naaman nach. Und als Naaman sah, dass er ihm nachlief, stieg er vom Wagen, ging ihm entgegen und sprach: Geht's gut? Er sprach: Ja. Aber mein Herr hat mich gesandt und lässt dir sagen: Siehe, jetzt sind zu mir gekommen vom Gebirge Ephraim zwei von den Prophetenjüngern. Gib ihnen doch einen Zentner Silber und zwei Feierkleider! Naaman sprach: Nimm zwei Zentner! Und er nötigte ihn und band zwei Zentner Silber in zwei Beutel und zwei Feierkleider und gab's seinen beiden Dienern; die trugen's vor ihm her.

Das Schönste an der Versuchung ist,
wenn man nachgibt!
So viele Kostbarkeiten,
die auf tumben Eselsrücken gen Damaskus ziehen –
so nah die Pracht:
Gehasi, treuer Diener des Elisa, wird ganz schwach.
Prophetenjünger sind Asketen,
nur dieser hier, der will nicht mehr!
Dass Heilung Gabe ist und Gnade,
mag ja sein, aber nur ein bisschen:
"Ein Zentner Silber, zwei Feierkleider,
und dann noch für hochwillkommene Gäste …"
Kleine Schwindelei, die mit des Weges zieht.
Und Naaman lacht,
kann er doch wiedergeben –
das ist uns Menschen ganz wichtig: wiedergeben!
Gönn’ Dir das Doppelte:
zwei Zentner in zwei Beuteln und zwei Diener vorneweg.


11.
Und als Gehasi an den Hügel kam, nahm er’s von ihren Händen und legte es beiseite im Hause und ließ die Männer gehen. Und als sie weggegangen waren, trat er vor seinen Herrn. Und Elisa sprach zu ihm: Woher, Gehasi? Er sprach: Dein Knecht ist weder hierhin noch dorthin gegangen. Er aber sprach zu ihm: Bin ich nicht im Geist mit dir gegangen, als der Mann sich umwandte von seinem Wagen dir entgegen? Wohlan, du hast nun das Silber und die Kleider genommen und wirst dir schaffen Ölgärten, Weinberge, Schafe, Rinder, Knechte und Mägde. Aber der Aussatz Naamans wird dir anhangen und deinen Nachkommen allezeit. Da ging Gehasi von ihm hinaus, aussätzig wie Schnee.

Lügen haben kurze Beine.
Dumm, dass Elisa fliegen kann im Geist,
ganz ohne Drohne.
Und sieht und weiß und blickt ins Herz,
das haben will:
Ölgärten, Weinberge, Schafe, Rinder, Knechte und Mägde.
Und deshalb zu Gewinn macht,
was Gott reichlich gibt und Gnade ist und Gabe:
Heilung einem Bittenden,
Jordanwasser, siebenmal,
und von dieser Erde eine Last, soviel zwei Maultiere tragen.
Wie wär’s, wenn Impfstoff billig wär, umsonst?
Und Medikamente, Versorgung kein Geschäft,
sondern Menschenrecht?
Zahlen muss wer, ist ja klar.
Warum nicht alle nach Vermögen und nach Billigkeit?
Gehasi aber geht und schuppt –
mit Propheten spaßt man nicht!

 
12.
Zweite Könige, Kapitel 5 –
was sagt uns das?

Heil und Heilung einem Fremden –
jedem Fremden, der sie ehrlich sucht.
Soviel tun, wie in eines jeden Macht steht.
Delegieren können und vertrauen.
Kein Zauber, Händewaschen!
Kleines hilft auch großen Leuten.
Wem das Fell nicht brennt, wem geholfen ist,
der findet sich und findet Gott,
wird rein und frei.
Wer Gnade kaufen will, muss weiter lernen.
Wer Gnade gar verkauft, wird bitter büßen müssen.
Obacht vor Elisa, und Gottesmännern seiner Art,
die sind von anderem Geist ergriffen!
Und ansonsten:
Ruhig, atmen nicht vergessen,
wird alles gut!

Amen.


Michael Ebener