'Korrekturmöglichkeiten offenhalten'

Rheinland: Kirchenleitung stärkt Gemeinden mit Kirchenasyl

Wibke Janssen und Rafael Nikodemus (Screenshot YouTube)

Wie geht es mit der Asylpolitik in Europa weiter? Die neue italienische Regierung will restriktiver gegen zivile Seenotrettung vorgehen. Die EKiR betont deshalb die hohe Bedeutung des Kirchenasyls.

Die Evangelische Kirche im Rheinland bekennt sich unvermindert zur Möglichkeit des Kirchenasyls. „Wir stehen als Kirchenleitung hinter den Gemeinden, die Kirchenasyl wagen, und wir sind im Konfliktfall an ihrer Seite“, bekräftigt Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen anlässlich der Jahrestagung der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche vom 4. bis 6. November in Köln. In einem Videogrußwort zur Tagung wendet sich die Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene im Landeskirchenamt auch an die Ausländerbehörden: Manche seien nicht mehr bereit, direkt mit der Kirche zu verhandeln. „Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir weiter gesprächsoffen sind.“

Nach einem pandemiebedingten Rückgang gebe es inzwischen allein in der rheinischen Kirche wieder 98 Kirchenasyle, die insgesamt 130 Personen beträfen, ergänzt der theologische Dezernent Rafael Nikodemus, Kirchenasyl-Experte der rheinischen Kirche. „Es ist gut, dass es in den Situationen, in denen der Rechtsstaat versagt und humanitäre Defizite aufweist, die Möglichkeit des Kirchenasyls gibt, um Unrecht abzuwenden. Ich halte es für eine enorme Stärke des Rechtsstaates, dass er diese Korrekturmöglichkeiten eröffnet oder aushält.“

Von politischer Seite werde die hohe Zahl der Kirchenasyle oftmals kritisiert. „Wir haben immer wieder erlebt, dass es einseitige Verschärfungen der Rahmenbedingungen für Kirchenasyl gegeben hat“, sagt Nikodemus. Aus Sicht der rheinischen Kirche rührten die hohen Zahlen aber daher, „dass die aktuelle Flüchtlingspolitik und das Verwaltungshandeln genau die Situationen hervorbringen, die zu Kirchenasylen führen“. Kirchenasyle seien immer auch Hinweise auf Mängel im System. Die Landeskirche fordere daher schon seit vielen Jahren die Überwindung der Dublin-III-Verordnung . „Dazu gehört auch, dass wir für legale und sichere Zugangswege für Geflüchtete nach Europa eintreten und über Aufnahmeprogramme sowohl des Bundes als auch der Bundesländer nachdenken.“

Besorgt zeigt sich Oberkirchenrätin Janssen in dem gemeinsamen Videogrußwort über Entwicklungen in der europäischen Flüchtlingspolitik. „Das eine ist die Instrumentalisierungs-Richtlinie , die gerade diskutiert wird. Sie kann den Abschied von einer gemeinsamen EU-Politik für geflohene Menschen bedeuten, die sich an menschenrechtlichen Standards orientiert. Und zum anderen haben wir gerade von der neuen italienischen Regierung gehört, dass sie noch restriktiver gegen zivile Seenotrettung vorgehen will.“ Die rheinische Kirche, so Dezernent Nikodemus, setze sich dagegen weiter „für eine humanitäre, an Menschenrechten orientierte Flüchtlingspolitik ein – in Deutschland, in den Bundesländern und in ganz Europa“.


Quelle: EKiR