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"Süßer die Glocken nie klingen...", "Stille Nacht, heilige Nacht...", "O Tannenbaum..." - jetzt sind sie wieder zu hören, die bekannten Lieder. Im Radio, in den Kaufhäusern, in unseren Wohnungen und Kirchen stimmen sie uns ein auf Weihnachten.
Doch: Ist das nicht zynisch, wenn wir so schöne Lieder hören und singen und gleichzeitig über die Nachrichten so viel Bedrückendes hören? Ich denke an Schlagzeilen wie: "Bundesrepublik an 3. Stelle im Rüstungsexport"; "OECD besorgt über Einkommenskluft in Deutschland", "Soziale Spaltung vergrößert die Gefahr von Rechts", "Hunderte Afrikaner schwimmen nach Spanien". Dazu kommen die "persönlichen Schlagzeilen", die jeder aus seiner Umgebung erfährt. Das alles erfüllt eher mit Sorge als dass es uns froh und unbeschwert singen lässt.
Wie und was können wir also an Weihnachten singen? Das erste Weihnachtslied, das auf Erden erklang, sangen die Engel bei den Hirten auf den Feldern: Ehre sei Gott in der Höhe und auf der Erde Friede unter den Menschen des Wohlgefallens. Dieses Lied gibt uns Grund und Richtung zum Singen: Es geht darum, Gott zu loben. Wer Gott besingt, singt keine Loblieder auf sich selbst. Wer Gott lobt, lässt Gott die Ehre und weiß um die Grenzen der Menschen. Er und sie nimmt Abschied von der trügerischen Zuversicht, der Mensch werde mit seinem Können und Wissen schon alle Probleme bewältigen und beherrschen können: Atomkraftwerke, den Klimawandel, die Dynamik der Finanzmärkte, kriegerische Einsätze.
Wer das Lied der Engel mitsingt, stimmt in Gottes Willen ein: Ja, Wohlgefallen soll bei den Menschen und auf der Erde sein, liebevolle Beziehungen sollen herrschen. Deshalb sind die Lieder, die wir mit den Engeln singen, ganz gewiss auch Klagelieder über Hass und Gewalt auf Erden, über Krieg, über alle bedrückenden Nachrichten. Die echten Weihnachtslieder beschönigen gerade nicht. Wer Gottes Wohlgefallen für die Erde und seine Menschen als Maßstab vor Augen hat, hat ein gutes Maß für Protestlieder - und für das eigene Handeln, das zu einer liebevollen Gemeinschaft in Nah und Fern beiträgt.
Im Lied der Engel gibt Gott seinen Willen kund: Seine Welt und seine Menschen sollen himmlisch froh werden. Gott verbindet sich mit ihnen, mit uns, im Kind in der Krippe, im Mann am Kreuz, im Auferstandenen, der unerkannt den Weg der Trauer und Enttäuschung mitgeht.
So wünsche ich Ihnen frohe, klingende Christfesttage mit Musik, die eine Ahnung davon gibt, wie schön es dereinst im Himmel sein wird und die uns sagt, wie wir heute schon auf Erden an diesem himmlischen Wirken mitwirken können. Frohe Weihnachten!
Landesbischöfin Ilse Junkermann