'Die Menschen mit Migrationshintergrund sind die Interessiertesten und Engagiertesten'

Lippe: Talk der Religionen befasste sich mit Fluchterfahrungen


Nihat Köse, Matitjahu Kellig und Dieter Bökemeier © Lippe

Ob Juden, Muslime oder Christen: Flucht- und Migrationsgeschichten sind für alle diese Religionen ein wichtiges Thema.

Beim „Talk der Religionen“ in Bad Salzuflen/Lippe sprachen jüdische, muslimische und christliche Glaubensvertreter in dieser Woche über Flucht und Migration als verbindende Erfahrung der Religionen. Wie Matitjahu Kellig, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, erklärte, gehört die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, die Erzählung von der Flucht aus der Knechtschaft, zu den Urgeschichten des Judentums. Bis heute, so Kellig, feierten Juden das Pessach-Mahl zur Erinnerung an den eiligen Aufbruch aus dem Reich des Pharaos.

Das Abendmahl der Christen wiederum geht auf den Juden Jesus zurück, der kurz vor seinem Tod am Kreuz genau dieses Pessach-Mahl feierte. Daran erinnerte der katholische Priester Markus Jakobs vom Pastoralverbund Lippe-Detmold, der mit seinem Kollegen Winfried Neumann beim Talk dabei war. Sabine Hartmann, Referentin für ökumenisches Lernen der Lippischen Landeskirche, ergänzte: „Schon kurz nach seiner Geburt muss Jesus fliehen, weil der Machthaber Herodes in ihm einen Konkurrenten wittert und alle männlichen Säuglinge in Bethlehem ermorden lässt.“

Nihat Köse, Öffentlichkeitsreferent des Islamischen Kommunikationszentrums Detmold e.V., wies darauf hin, dass am Beginn des Islam die Flucht des Propheten Mohammed und seiner Getreuen von Mekka nach Medina steht. Und der Ezide Usif Kalasch berichtete von beständiger Verfolgung und Unterdrückung:  Die Eziden, von denen es heute weltweit knapp eine Million gibt, bauten nirgendwo feste Versammlungshäuser wie Tempel oder Kirchen, weil sie stets mit Vertreibung rechnen mussten.

Und heute? Die kleine Jüdische Gemeinde Herford-Detmold besteht überwiegend aus Mitgliedern, die vor gut 30 Jahren als sogenannte Kontingentflüchtlinge aus der damaligen Sowjetunion kamen. Der Altersdurchschnitt ist hoch, viele sprechen wenig Deutsch und bleiben unter sich, was der Vorsitzende Matitjahu Kellig sehr bedauert. Die Katholiken sind in Lippe ebenfalls eine Minderheit. Das führt nach Worten von Markus Jakobs dazu, dass viele Zugereiste aus anderen Ländern die Messe besuchen. „Die Menschen mit Migrationshintergrund sind die Interessiertesten und Engagiertesten“, sagte der Pfarrer. In Detmold treffen sich Mitglieder verschiedener internationaler Gemeinden regelmäßig zum gemeinsamen Gottesdienst, berichtete Dieter Bökemeier, Landespfarrer für Diakonie, Ökumene und Migration der Lippischen Landeskirche. In Bad Salzuflen gibt es Beispiele für ein gutes Miteinander der Religionen, wie Meldungen aus dem Publikum deutlich machten.

Der „Talk der Religionen“ fand bereits zum zehnten Mal statt. Gastgeber war diesmal, im Schützenhaus Schötmar, der Kurdische Elternverein Lippe, der die ezidische Religion und die kurdische Sprache pflegt.


Quelle: Lippe