Aktuelle Termine
17.-19. März 2023, Johannes A Lasco Bibliothek (Emden)
„Freiheit“ ist ein immer wieder neu aktualisiertes Schlagwort. Aber was ist mit „Freiheit“ gemeint? Und was heißt „Freiheit“ im reformierten Protestantismus? Wie und in welchen Formen erhielt „Freiheit“ in der Vergangenheit und erhält sie aktuell im reformierten Protestantismus Gestalt?
Die Zuordnung von „Charisma“ und „Institution“, von „Freiheit“ und „Ordnung“ ist eine Frage, die durch die Geschichte des Christentums hindurch immer wieder aufkam. Die reformatorische Erkenntnis religiöser Freiheit und ihre Zuordnung zum Gemeinwesen wurde in akzentuierter Weise auch im reformierten Protestantismus zum Thema.
Wo und wie muss um der guten Ordnung willen „Freiheit“ begrenzt werden, und wo, wozu und in welcher Form bleibt „Freiheit“ immer frei? Antworten auf solche und weitere Fragen werden auf der Emder Tagung 2023 behandelt. Wie immer versucht die Tagung dabei Gschichte und Gegenwart im Blick zu halten.
Programm:
17. März 2023
16:30 Tagungsbüro eröffnet/Anmeldung
17:00 Mitgliederversammlung
18:15 Begrüßung und Eröffnung der Tagung
18:30 Peter Opitz (Zürich): „Freiheit“ in der frühen Zürcher Reformation
19:30 Verleihung des J.F.G. Goeters-Preises
20:00 Abendessen
18. März 2023
08:30 Morgenandacht mit J. Marius J. Lange van Ravenswaay
09:00 Mirjam van Veen (Amsterdam): Reformierte (Un)freiheit in der niederländischen Republik. Dirck Volckertsz Coornhert‘s Polemik gegen die reformierte Tyrannei
09:45 Martin van Gelderen (Göttingen): Die republikanische Freiheit im Calvinismus und Humanismus. Marnix, 1572 - Grotius, 1622
10:30 Tee-/Kaffeepause
11:00 Sarah Scholl (Genf): Two Meanings of Freedom. The Protestant Debate in 19th Century Switzerland
11:45 Veronika Albrecht-Birkner (Siegen): Kirchliche Ordnung und Freiheit im Konflikt. Die Siegener Synode von 1935
12:30 Mittagsimbiss
13:15 Kurzvorträge
15:00 Exkursion: Kloster Ihlow und Upstalsboom, mit Dr. Klaas-Dieter Voß (Emden), Arno Ulrichs (Simonswolde)
20:00 Grußwort: Barbara Schenck, Referentin für Theologie und Öffentlichkeitsarbeit, Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen
20:30 Empfang der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen
19. März 2023
08:30 Morgenandacht mit Nicola Stricker (Düsseldorf)
09:00 Renate Penßel (Erlangen): Die Entwicklung der Religionsfreiheit im 19. und 20. Jahrhundert - eine Wirkung des (reformierten) Protestantismus?
09:45 Stefan Kube (Zürich): Bedrängte Freiheit. Religionsfreiheit in Osteuropa und reformiertes Gemeindeleben
10:30 Tee-/Kaffeepause
11:00 Martin Laube (Göttingen): Freiheit und Befreiung. Überlegungen zu einer aktuellen Debatte
Tagungsort / Anmeldung:
Johannes a Lasco Bibliothek
Kirchstraße 22 | 26721 Emden
E-Mail: lasco@jalb.de
Tagungsbeitrag:
50,00 € | Mitglieder: 30,00 € | Studierende: frei
Der Preis schließt die Verpflegung ein.
Übernachtung:
www.emden-touristik.de/uebernachten
Tel. 04921 97-400
E-Mail: ti@wfs-emden.de
Die Versöhnung in Jesus Christus, ihr Grund und ihre Auswirkung
Dargestellt an Predigten von Karl Barth

Der Glaube, dass Gott die Welt mit sich versöhnt habe, gehört zum Kernbestand christlichen Glaubens. Dieser Glaube macht sich an der Deutung des Geschehens am Kreuz als eines Aktes der Stellvertretung fest, wie sie Paulus in Röm 5,10; 2. Kor 5,17-20 überliefert hat.
17 Wenn also jemand in Christus ist, dann ist das neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. 18 Alles aber kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat. 19 Denn ich bin gewiss: Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich, indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete und unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet hat. 20 So treten wir nun als Gesandte Christi auf, denn durch uns lässt Gott seine Einladung ergehen. Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!
Eine exemplarische Ausführung dieses „Lehrstücks“ bietet Karl Barth in einer Karfreitagspredigt: 1
„Was aber war und tat Gott in diesem Menschen, in seinem Leiden und Sterben? Der Apostel Paulus hat es in einem einzigen Sätzlein ausgesprochen: ‚Er war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber‘ [2. Kor. 5,19]. - Ich will versuchen, euch das in kürzesten Worten zu erklären. Es geschah, daß in diesem Menschen Gott selbst in die von ihm geschaffene und Allem zum Trotz von ihm geliebte Welt hineingetreten, mitten hineingegangen, selber weltlich geworden ist - ein Mensch wie andere, wie wir alle -, um dem Streit der Welt gegen ihn und dem sie selber zerreißenden Streit unter sich ein Ende zu machen, um an die Stelle ihrer großen Unordnung seine Ordnung zu setzen. […] Es geschah das aber in jenem einen Menschen so, daß Gott jenes Ganze des Bösen auf sich selber genommen, unsere Verkehrtheit sich zu eigen gemacht hat, in seinem eigenen lieben Sohn sich als Übeltäter hinstellen, sich verklagen, sich verurteilen und vom Tode zum Leben bringen ließ: als hätte er, der heilige Gott, alles das üble getan, was wir Menschen getan haben und tun. So, indem er in Jesus Christus sich selbst so dahingab, hat er die Welt versöhnt mit sich selber, so uns errettet und befreit zum Leben in seinem ewigen Reich. Er hat unsere Last von uns genommen und weggetragen, indem er sie in ihrer ganzen Schwere sich selbst aufgeladen hat. Er, der Unschuldige, ist da an unsere, der Schuldigen, Stelle getreten.“
Die in Christus gewirkte Versöhnungstat führt bei den Menschen, die sie annehmen, zu einer Erneuerung. Paulus spricht von „neuer Schöpfung“ (2. Kor 5,17) oder vom „Anziehen des neuen Menschen“ (Eph 4,24). Die Erneuerung des Menschen hat ihren Grund im stellvertretenden Handeln Christi am Kreuz, wie Barth am Ende einer Predigt über Eph 4,21ff ausführt: 2
„Woher kommt nun eigentlich diese merkwürdige, diese so beachtliche Anzeige, daß wir den alten Menschen ablegen und den neuen Menschen anziehen sollen? […] Als Jesus starb, da hat er alle unsere Sünde und Schande und also den alten Menschen sich angeeignet und mit sich in den Tod genommen und ins Grab gelegt, da hat also unsere Sünde und Schande aufgehört, die unsere und lebendig zu sein. Da ist sie zum bloßen Kleid geworden, und da ist es auch offenbar geworden, daß sie ein hinfälliges, hinfort nicht mehr brauchbares Gewand ist, so daß es uns möglich und so daß es uns nötig geworden ist, sie schleunigst abzulegen. Und als Jesus auferstand von den Toten, da hat er unsere Gerechtigkeit und Heiligkeit geschaffen und ins Leben gerufen, so daß sie jetzt nicht nur die seinige ist, sondern auch die unsrige und als solche kräftig, so daß seine Gerechtigkeit und Heiligkeit das neue uns zugedachte Kleid geworden, bestimmt zu unserem Gebrauch, so daß es uns möglich und nötig geworden ist, sie, d. h. den neuen Menschen, anzuziehen. Liebe Gemeinde, darin, daß wir in Jesu Tod entkleidet und wieder in Jesu Auferstehung bekleidet wurden, hat alles, was wir gehört haben, seinen Grund. Es ist Wahrheit in Jesus, daß wir ablegen sollen den alten und anziehen den neuen Menschen. Ohne Jesus könnte man das nicht sagen.“
Die durch Gott in Jesus Christus realisierte Versöhnung mit der Welt ist ein unverbrüchlicher Friedensbund: 3
„Das Andere, was der Herr, dein Erbarmer, spricht, ist: Der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen. Das hängt mit dem Ersten zusammen. Es ist eben nicht Laune oder Zufall, Gott ist nicht ungerecht und nicht unheilig, wenn er uns, die wir es so gar nicht verdient haben, gnädig ist. Nein, er ist uns darum gnädig, weil es da einen Bund gibt, den er geschaffen - einen Vertrag, den er geschlossen hat, weil eben darin sein ewiger Wille am Werk ist. Dieser Bund kann nicht gebrochen werden, sondern steht fest, dieser Vertrag wird gehalten, dieser ewige Wille wird ausgeführt. Und das war und ist sein ein für allemal beschlossener und ausgeführter, sein ewiger Wille: Er ‚war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber‘ [2. Kor. 5,19]. Versöhnte sie mit sich selber! Darum heißt er ‚der Bund meines Friedens‘, will sagen: des von mir geschaffenen Friedens. Darum kann er nicht hinfallen, darum ist er unwiderruflich.“
Impulsfragen:
- Wie fühlt sich das an, welche Gedanken kommen Ihnen, wenn Sie lesen, dass Gott in Christus einen feststehenden "Bund des Friedens" geschlossen hat?
- Wie sollten wir vor diesem Hintergrund mit menschlicher Schuld umgehen?
- Was bedeutet das für unser Alltagsleben?
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Jürgen Kaiser
Direkt nach dem Ersten Weltkrieg spielten Kategorien wie Schuld und Versöhnung noch kaum eine Rolle. Stattdessen ging es in dieser Zeit vor allem um das Bedürfnis nach Gerechtigkeit.
In Jesus Christus hat Gott die Welt mit sich versöhnt und uns die Versöhnung untereinander als Aufgabe angetragen. Unfriede, Hass, Drohung leugnen die Wirklichkeit der Versöhnung. Wer unversöhnt bleibt, verweigert die Annahme der von Gott gewirkten Versöhnung.
Die deutsch-französische Aussöhnung kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Gang. Sie wurde durch einen kirchlichen „Besinnungsprozess“ vorbereitet
„Versöhnung“ und „Verständigung“ wurden zu zentralen Begriffen des Freundschaftsvertrags.
Der Reformierte Bund hat 2017 einen Zwischenruf zur Friedensverantwortung der Kirche veröffentlicht. Hier finden Sie Leitsatz III zusammen mit weiterführende Materialien und Impulsen.