Gnade
Was ist das?
Wenn eigentlich eine Strafe angebracht wäre und von dieser doch abgesehen wird, nennt sich diese großzügige Haltung Gnade. Theologisch ist die Rede von der Gnade Gottes daher meistens fest verbunden mit der Annahme, dass Gott die schuldbeladenen Menschen ‚eigentlich‘ strafen müsse.
Doch die Erkenntnis, dass wir Menschen nicht unschuldig durchs Leben gehen, machen wir auch ohne einen Gott, der uns Strafe androht. Unsere Ideen, die Welt zu verbessern, gehen nicht auf. Wir stehen uns immer wieder selbst im Weg. Und frei von Boshaftigkeit sind wir auch nicht. Wenn wir das nicht leugnen, führt im besten Fall zu einer gewissen Demut und zu Verständnis anderen Menschen gegenüber, die auch nicht alles richtig machen. Wenn es schlecht läuft, können Selbstvorwürfe und Schuldgefühle aber auch quälend werden.
Deshalb ist es eine hilfreiche Vorstellung, dass jemand uns tröstet und ermutigt – nicht weil er herablassend großzügig von Strafe absieht, sondern weil er weiß, was der Sinn und das Ziel dieser Geschichte ist. Und weil er den Weg mit uns geht.
Georg Rieger, Nürnberg