Gottesdienst
Was ist das?
Manche Begriffe halten sich unermüdlich, obwohl sie lange nicht mehr das treffen, was sie beschreiben sollen. Das Zusammentreffen am Sonntagvormittag in den Kirchen ist schon lange keine Verpflichtung mehr, sondern ein Angebot. Auch die Vorstellung, dass die Gläubigen Gott dienen, sollte spätestens seit der Reformation aus den Köpfen verbannt sein. Wenn jemand dient, dann ist es Gott, der uns Vertrauen schenkt und uns ermutigt. Auch die Dankbarkeit, die wir ihm dafür entgegenbringen, sollte nicht als ‚Dienst‘ bezeichnet werden, weil verpflichtende Dankbarkeit keine wirkliche Dankbarkeit ist.
Der Gottesdienst ist freilich trotzdem mehr als eine ‚Veranstaltung‘ für die Gläubigen. Schon gar nicht darf er zur Inszenierung einzelner Personen missbraucht werden. Tragender Gedanke ist vielmehr die Gemeinschaft. Die Glaubenden treffen sich, um miteinander über das zu sprechen, was sie wissen, glauben und woran sie zweifeln. Ob Gott selbst im Gottesdienst anwesend ist und wir ihm in der Kirche nahekommen können, ist der Vorstellungskraft des Einzelnen überlassen.
Gesprächsgrundlage im Gottesdienst ist die Bibel. Der Bezug auf die jahrhundertealten Überlieferungen ist eine Art Selbstverpflichtung. Wir reihen uns in die Geschichte von Menschen und ihren Erfahrungen mit Gott ein und überprüfen daran unsere eigenen Erfahrungen. Somit nehmen wir uns selbst nicht zu wichtig. Demut, Dankbarkeit und die segensreiche Gemeinschaft nehmen wir aus dem Gottesdienst mit in den Alltag.
Georg Rieger, Nürnberg