Handshake über alles

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


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Zu Coronazeiten war der Handschlag geradezu verboten. Allerlei Verrenkungen und Verbeugungen dienten der berührungsarmen Begrüßung und Ansteckungsvermeidung. Asiatische Begrüßungsgesten galten als vorbildlich und wir fragten uns, ob der gute alte Handschlag jemals wiederkehren würde.

Heute ist er wieder da, der gute alte Handschlag, als wäre nichts gewesen. In Deutschland jedenfalls, gibt man sich wieder die Hand und zwar ob Frau oder Mann. Erst kürzlich lernten wir, dass das wohl weltweit zu gelten habe, in Sonderheit wenn eine deutsche Außenministerin unterwegs sei. In Damaskus wurde ihr der Handschlag nämlich verwehrt und da fragte man sich, ob dies Ausdruck einer frauenfeindlichen Haltung oder die landesübliche Form der Begegnung von Mann und Frau sei?

Von den asiatischen Kulturen lernen wir, dass es auch ganz ohne Berührung geht. Männer wie Frauen bringen die Hände vor der Brust zusammen und verbeugen sich leicht voreinander zum thailändischen „Wai“ oder zum indischen „Namaste“-Gruß. Zum Zeichen des Respekts oder des Rangunterschieds kann die Verbeugung auch tiefer ausfallen, wie es besonders in Japan üblich ist.

Die Deutschen halten auf der Weltrangliste vermutlich den Rekord im Händeschütteln, während sich Menschen aus anderen Ländern und Kontinenten häufig auch nur mit einem Lächeln und Winken begrüßen. Deutsche Männer sind auch für ihre Verbeugung bekannt, während sich Mädchen und Frauen das „Knicksen“ abgewöhnt haben, das nur noch am Englischen Hofe gepflegt wird.

Dass Frauen von Männern anders begrüßt werden als Männer ist übrigens weltweit ganz üblich. Als Präsident Macron die Staatsgäste zur Neueröffnung der Kathedrale Notre Dame einzeln begrüßte, erhielt jeder Mann einen Handschlag und jede Frau den landesüblichen Wangenkuss. Die „bise“ wird einmal rechts und einmal links als Luftkuss ausgeführt, manchmal rechts und manchmal links beginnend, und in Südfrankreich sogar dreimal, wenn nicht sogar viermal. Auch in Brüssel ist diese Form der Begrüßung in Europakreisen verbreitet, wo allerdings der Mitteleuropäer Viktor Orbán mit seinem Handkuss auffällt. Auch das ist eine Art, Frauen anders zu begrüßen als Männer.


Paul Oppenheim