''Singen trägt mich über mich selbst hinaus''

Konzertreihe „366+1 – Kirche klingt 2012“ hat Westfalen durchlaufen

BIELEFELD/WESTFALEN - „Klangwege“ durch Bielefeld bildeten am Samstagabend (28.4.) die letzte westfälische Station der bundesweiten Konzertreihe „366+1 – Kirche klingt 2012“. An Ostern war die musikalische Staffette in Meschede eingetroffen. In Bielefeld war „366+1“ in die städtischen „Nachtansichten“ eingebunden, die Nacht der Museen, Kirchen und Galerien. Zwischen den beiden Zentren, der Neustädter Marienkirche und der Süsterkirche, führten „Klangwege“ quer durch die Innenstadt.

Chronik wandert weiter nach Lippe

Zum Auftakt übernahm die Bielefelder Superintendentin Regine Burg in der Süsterkirche ein riesiges in Leder gebundenes Buch, die Chronik der Konzertreihe, die täglich weiterwandert. Sie war aus Bünde gekommen und wurde am Sonntag von Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Hirtzbruch in Lemgo an die Lippische Landeskirche übergeben.

„Singen vermag anderes als das bloße Sagen. Singen setzt sich über manche Argumente meines kritischen Verstandes hinweg“, sagte Präses Annette Kurschus zum Auftakt in der Süsterkirche. „Singen sprengt die Grenzen meines Denkens. Singen trägt mich über mich selbst hinaus“, so die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Tanzperformance mit Marimbafon

Der vielfältige Chorgesang, der an diesem sommerlichen Abend in und zwischen den beiden Gotteshäusern erklang, schien diese Worte zu bestätigen. Aber auch Instrumentalmusik und Tanz gehörten zu dem bunten Mosaik, mit dem sich die Kirchen präsentierten.

Beteiligt waren Chöre und Posaunenchöre aus dem ganzen Kirchenkreis Bielefeld. In der Süsterkirche jazzte der Pianist Berthold Becker Choräle, begleitet am Kontrabass von Joachim Fitzon. Höhepunkt war eine Tanzperformance in der vollen Neustädter Marienkirche. Unter Ruth M. Seilers Leitung sang das Bielefelder Vokalensemble in glasklarer Intonation Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart. Der gotische Kirchenraum wurde durch verschiedene Aufstellungen des Kammerchors geschickt für klangliche Abwechslung genutzt. So konnte das Publikum die spröde Schönheit der Klangteppiche von Arvo Pärt in räumlichen Varianten erleben.

Klaus Bertagnolli faszinierte die Zuhörer mit atemberaubend schneller Percussion ebenso wie mit seinem Marimbafon. Zu dessen Klängen – mal weich wie Flaum, mal hart und klirrend – tanzten Gianni Cuccaro und Adrian Look eine dramatische, anrührende Geschichte: von Annäherung, gegenseitiger Abstoßung, Verzweiflung und Menschlichkeit.

Mit einer österlichen Meditation bei Kerzenschein zu mitternächtlicher Stunde beschloss Präses Kurschus in der Marienkirche den Tag. Am Ende erklang der Choral: „Christ ist erstanden“.

Fotostrecke zum Abschluss der Aktion 366+1 in Westfalen

In der Süsterkirche jazzte Berthold Becker am Flügel, am Bass Joachim Fitzon; Foto: EKvW


Pressemeldung der EKvW, 30. April 2012