Uniting Reformed Church in Southern Africa feiert ihr 30-jähriges Jubiläum
Rassentrennung galt in Südafrika auch bei den Kirchen. Der Gründung der URCSA war ein wichtiger Schritt auf dem Weg aus der Apartheid - inspiriert unter anderem durch das Belhar-Bekenntnis.
Vor 30 Jahren, kurz vor den ersten freien und allgemeinen Wahlen in Südafrika 1994, wurde die Uniting Reformed Church in Southern Africa (URCSA) gegründet. Der Zusammenschluss gilt als wichtiger Schritt im Kampf gegen die Apartheid. Die URCSA ist ein Zusammenschluss der früheren Dutch Reformed Mission Church (DRMC) und der Dutch Reformed Church in Africa (DRCA). Letztere war eine 1963 begründete Missionskirche der Niederländisch-Reformierten Kirche in Südafrika (NGK).
Am 14. April 2024 feiert die URCSA ihr Jubiläum in Durban. Vor Ort sein werde Dietmar Arends (Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche) und Pfarrerin Stefanie Rieke-Kochsiek (Lippische Landeskirche), Susanne bei der Wieden (Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche) sowie Hannes Hannes-Brüggemann-Hämmerling (Generalsekretär des Reformierten Bundes). Die Landeskirchen und der Reformierte Bund sind mit der URCSA seit Jahren in einer Zusammenarbeit durch ein Partnerschaftsabkommen verbunden.
Die Apartheid war bis in die 1980er Jahre hin auch in den Kirchen Südafrikas spürbar. Schwarze und Weiße blieben in Gottesdiensten beispielsweise getrennt. Die theologische Ausbildung dauerte bei Schwarzen vorschriftsgemäß länger an als bei Weißen. Die Rassendiskriminierung führte beim Reformierten schon bald für kritische Diskussionen: 1982 setzten die Reformierten mit der Generalversammlung 1982 in Ottawa ein Zeichen für einen Perspektivenwechsel: Sie erklärte die Apartheid als Sünde und ihre theologische Rechtfertigung als Häresie.
Weitere Schritte zu einer Überwindung der Rassentrennung ließen sich im Verlaufe der 1980er Jahren beobachten: Die Generalsynode der farbigen südafrikanischen Nederduitse Gereformeerde Sendingskerk (NGSK) verabschiedete 1986 das Belhar-Bekennntis als verbindliches Bekenntnis. Die Überwindung der Apartheit wurde zur Bekenntnisfrage – acht Jahre vor der formellen staatlichen Überwindung der Apartheit 1994.
Nach der Vereinigung der farbigen Nederduitse Gereformeerde Sendingskerk (NGSK) mit der schwarzen Nederduits Gereformeerde Kerk in Suider Afrika (NGKA) wurde der Text 1994 gemeinsames Bekenntnis der Uniting Reformed Church in Southern Africa (URCSA). Das Belhar-Bekenntnis bleibt bis heute ein treibender Impuls, mit seiner starken Betonung von Einheit, Versöhnung und Gerechtigkeit.
Die Umstellung auf die neuen Strukturen verlief nicht ohne Hürden. Pfarrerin Stefanie Rieke-Kochsiek arbeitete 1996/97 in der südafrikanischen Gemeinde von Alexandra und beobachtete, wie sich die Kirchen aneinander annäherten. „Ich habe das Gefühl, dass die Gemeinden seitdem enger zusammengewachsen sind, vor allem in den Städten“, sagt Stefanie Rieke-Kochsiek. „Immer noch gibt es aber Vorbehalte, die überwunden werden müssen.“ In ländlichen Gebieten bleibe die Lage schwierig. Gelder fehlen, vor allem in den ärmeren Townships.
Die Niederländisch-reformierte Kirche ist seit 2016 wieder Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Auch der All Africa Conference of Churches (AACC), dem South African Council of Churches und der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen gehört sie inzwischen wieder an. 1998/1999 unterzeichneten die Lippische Landeskirche, die Evangelisch-Reformierte Kirche und der Reformierte Bund einen Partnerschaftsvertrag mit der URCSA. Im 2024 jährt sich das Abkommen damit zum 25. Mal.
Bis heute bestehen Partnerschaften zwischen reformierten Gemeinden in Deutschland und Südafrika. So zum Beispiel zwischen der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Hillentrup (Lippische Landeskirche) und der Gemeinde Alexandra oder auch zwischen der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde in Bremerhaven (Evangelisch-reformierte Kirche) und der UCSA-Gemeinde KwaDukuza in Stanger.
Nach 1994 hätten sich außerdem viele Unterstützer der URCSA zurückgezogen. „Dabei bleibt die Zusammenarbeit eine Herausforderung“, sagt Rieke-Kochsiek. Kirchen und Gemeinden der URCSA seien deshalb dankbar für jeden Kontakt mit europäischen Kirchen als eine Form der Wertschätzung. „Ihre Erfahrungen in der Arbeit einer multikulturellen Gesellschaft können eine Inspiration für uns sein“, sagt Rieke-Kochsiek.
Über 'Jazz für ein Vertrauen'
'Eine Urverwandtsschaft von Jazz und Kirche'
Redaktion jazz-fuer-ein-vertrauen.de: „Jazz für ein Vertrauen“ - so heißt der Titel des Programms, das mit dem Reformierten Bund in Deutschland und der Reformierten Kirche Zürich am Kirchentag in Dortmund 2019 stattfinden wird. Das Besondere in diesem Jahr: Unter dem Label „Bluechurch“ werden auch zahlreiche Musiker die Veranstaltungen begleiten. Sie, Herr Krieg, gehören zu den Begründern des Labels: Was ist Bluechurch?
Matthias Krieg: Bluechurch ist ein Netzwerk aus Jazz-Musikern, die sich der Kirche verbunden fühlen, und Kirchenverantwortlichen, deren Musiksprache der Jazz ist. Prinzipiell steht das Netzwerk allen Interessierten offen. Mitglieder sollten aber auch selbst aktiv werden, etwa mit Jazz-Gottesdiensten. Aktuell haben wir 174 Mitglieder. Zum Zwingli-Jahr haben wir seit kurzem außerdem auch Huldrych Zwingli als Ehrenmitglied.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Wie kam es zu der Idee?
Matthias Krieg: Die Idee kam uns im Februar 2017 in Leipzig bei einem Bier. Damals war ich als Referent zum Liturgischen Fachgespräch geladen. An einem der Abende unterhielt ich mich mit Uwe Steinmetz, dem Saxofonisten aus Berlin – und da merkte ich, wie viele Jazzmusiker er kennt, die kirchennah sind. Da dachten wir uns: Wäre doch schade, wenn wir die Leute nicht stärker vernetzen könnten. Also gestalteten wir ein eigenes Label mit Homepage. Fürs Label gab es einen feierlichen Auftakt in Zürich. Als auch die Homepage da war, konnten wir ab Advent 2018 bis Mai 2019 jedes Wochenende einen Jazzgottesdienst in der Zürcher Kunsthalle durchführen. Mit unseren Mitgliedern treffen wir uns regelmäßig. Und einige werden auch beim Kirchentag mitmachen.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Was verbindet Jazz und Kirche?
Matthias Krieg: Jazz ist eine universale Sprache. Man kann Jazz überall und mit allen Instrumenten machen, wenn man möchte auch auf Kochtöpfen. Jazz hat die Kraft, alle vorhandenen Musiksprachen zu öffnen und zu integrieren. Man kann Jazz zu Folklore oder zu Nationalhymnen machen. Es gibt Jazz über afrikanische Musik aber auch hervorragenden arabischen Jazz. Diesen Anspruch der Universalität hat auch Kirche. Beide verbindet eine Offenheit und Toleranz, die ich sehr schätze. Ähnlichkeiten stecken auch im Prinzip der Improvisation: Wenn Jazzmusiker improvisieren, dann erleben sie etwas, das man in der Theologie „Geistesgegenwart“ nennt. Sie schaffen mit handwerklichen Kenntnissen etwas Einzigartiges. Die Musik, die beim Jazz erklingt, ist deshalb immer wieder neu und wird so nur einmal zu hören sein. In der Theologie wird das Feld des Geistes, die „Pneumatologie“, leider oft vernachlässigt. „Geistesgegenwart“ wird durch perfekte Liturgie oft nahezu wegorganisiert. Dabei steckt allein in den Worten „Komm, Heiliger Geist“ eine Urverwandtsschaft von Jazz und Kirche.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Wenn Jazz und Geistesgegenwart immer wieder etwas Einzigartiges hervorbringen: Gibt es dann überhaupt noch Regeln?
Matthias Krieg: Natürlich! Weder Musik noch Glaube werden beim Improvisieren neu erfunden, sondern es wird aus ihnen geschöpft: Ein Musiker hat eine grosse Palette von Liedern, Melodien und Figuren im Kopf, die er in seiner Improvisation aufgreift und verarbeitet. Man denke nur an das berühmte „Köln Konzert“ von Keith Jarrett: Der Musiker hat damals den Pausengong als Inspiration genutzt. Ähnlich lässt sich das auch im christlichen Glauben beobachten. Wenn Gott mit Mose am Dornbusch spricht, dann gibt es dafür keinen festen Zeitplan: Treffpunkt um 13 Uhr. Trotzdem ist das Geschehen nicht zufällig. Gott und Mose schöpfen aus dem, was ihnen eigen ist, was sie sich angeeignet haben.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Beim Kirchentag wird es im Rahmen von „Jazz für ein Vertrauen“ unter anderem mehrere Jazzgottesdienste geben. Wie unterscheiden die sich?
Matthias Krieg: Zunächst einmal natürlich durch die Musik. In den Gottesdiensten spielen wir mit der Musiksprache des Jazz. Da gibt es Niegehörtes, oft aber auch Titel, die sich leicht mitsingen lassen. Wie sich der Gottesdienst weiter entwickelt, lässt sich vorab oft nur schwer sagen. Meist gibt es keine klassisch niedergeschriebene und dann vorgelesene Predigt. Das würde auch zum Konzept der Improvisation nicht passen. Oft geht es nur um einen Textvers aus der Bibel, der in der Predigt dann auch mit persönlichen Erfahrungen ins Gespräch kommt. Ziel ist eine hohe persönliche Präsenz, aber auch, dass der Gottesdienst interaktiv wird und die Besucher zum Mitmachen angeregt werden.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Wie erleben Sie die Reaktionen der Besucher?
Matthias Krieg: Die Menschen merken meistens nach ein paar Minuten: Da ist etwas anders. Dann haben sie eine ganz andere Wachheit. Dann sehe ich keine sitzenden Rezipienten mehr. Die Leute gehen viel mehr mit. Mir hat zum Beispiel nie jemand gesagt, dass ein Gottesdienst mal zu lang gewesen wäre. Auch die Musik macht vielen Leuten mehr Lust mitzusingen. Wenn jemand wie Chanda Rule Musik macht, dann hat das beinahe etwas Ansteckendes wie in „Sister Act“. Das sind Lieder, da müssen die Besucher keine Schulstimme haben, da muss sich keiner gezwungen fühlen mitzumachen.
jazz-fuer-ein-vertrauen.de: Welche weiteren Programmtipps haben Sie für den Kirchentag?
Matthias Krieg: Im Programm von „Jazz für ein Vertrauen“ kann ich besonders unsere „Themenpodien“ empfehlen. Wir werden mit Experten zu verschiedenen Situationen in der jüngeren Geschichte sprechen, wo Vertrauen eine besondere Rolle spielte. Da geht es unter anderem um Huldrych Zwingli: Er lebte in einer Zeit der Vertrauenskrise, am Ende des Mittelalters. Alte Machtstrukturen, die Positionen von Kaiser und Papst, Armut und Pest, das alles wurde nun hinterfragt. Ich selbst werde in einem anderen Themenpodium über verschiedene Schriftsteller sprechen, die solche Schwellen in der Geschichte erlebten: Theodor Fontane in Berlin etwa, der für das Ineinander von Einheimischen und Fremden steht, oder Gottfried Keller in Zürich, der das Ineinander von städtischen Modernisieren und bodenständigen Konservierern erlebt. Zum Karl-Barth-Jahr 2019 beschäftigen wir uns außerdem damit, wie Barth nach dem Chaos des Ersten Weltkriegs die Kirche revolutioniert hat. Die zentrale Frage bei all unseren Themenpodien lautet: Wie kann man in einer Zeit des Übergangs und der Krise verschiedene Positionen so zusammenbringen, dass alle Vertrauen in die Zukunft finden? In Gesprächen, auch mit den Gästen, werden wir nach Lösungen zu dieser Frage suchen.