einzigartig
Als Pensionär habe ich Zeit und geniesse bei Arte vorabendliche Naturfilme. Ich bin begeistert von den Bildern. Einstellungen, Sequenzen und Schnitte sind von höchster Qualität. Wenn ich mir nur ein wenig vorstelle, wieviel Zeit und Geduld es braucht, um derart gute Bilder einzufangen, steigert sich mein Respekt fast ins Unermessliche. Was das biblische Wort Schöpfung bedeutet, wird sichtbar oder ist in seiner Unerschöpflichkeit zu ahnen. Das ist hohe ästhetische Bildkunst. Chapeau!
Doch welche Abstürze aus dem Höhenflug verursachen fast immer die soundtracks! Euphonische Streicherklänge aus billigsten Soaps, Endlosschleifen immergleichen Fruchtwassergeplätschers, billigste Nachahmungen romantischer Tongemälde. Endgültig verärgert werde ich allerdings durch die Texte! Sie versuchen, Tiergeschichten zu erzählen, brechen aber an der nächsten Weggabelung ein, weil die Bilder nicht erzählen, sondern geschnitten sind. Narration und Dramatik um jeden Preis, als würde ein Bilderbuch für Achtjährige vorgelesen. Musikalisch und literarisch handelt es sich meistens schlicht um Kitsch. Merde!
Indikator derartiger Abstürze ist das Adjektiv einzigartig, das in keinem Film fehlt. Es verursacht den fragwürdigen Reiz zu warten, nach wie vielen Minuten es erstmals fällt, und zu zählen, wie viele Male es im selben Film vorkommt. Sooft jedenfalls, dass Normales einzigartig erscheint. Wer schreibt solche Schrottexte? Musik & Text bilden fast immer ein einzigartiges Beispiel für fehlende ästhetische Kongenialität. Sie können dem Bild das Wasser nicht reichen. Elephanten im Porzellanladen!
Mein Rat: Geniessen Sie die Filme ohne Ton und holen Sie sich zum Genuss des Genusses das passende Getränk. Einen Seidel Bier für die Natur Böhmens und Mährens, eine Tulpe Schaumwein für die Champagne oder den Veneto, ein Glas Carmenère oder Malbec für die Anden, einen Tumbler Bourbon für die Nationalparks in Nordamerika, eine Schale Old Cuban für die Inselwelt der Karibik. Ich garantiere Ihnen einen einzigartigen Genuss!MK