Kirchengeschichtliche Forschung
Links zu eigenen und externen Archiven und Sammlungen
Wenn Sie sich über die Geschichte des reformierten Protestantismus informieren möchten oder Biografien von interessanten Persönlichkeiten suchen, finden Sie hier bei reformiert-info ausgewählte Darstellungen. Wir helfen Ihnen aber auch gerne weiter mit Links und Sammlungen auf anderen Seiten, die teilweise einen enormen Umfang an Material zur Verfügung stellen.
Online-Archive und Textsammlungen
Biografien A bis Z
(1528–1572)
Jeanne d´Albret (1528–1572) war die bedeutendste Frau in der Geschichte der Hugenotten im 16. Jahrhundert. Besonders in ihrem Witwenstand, in den letzten zehn Jahren ihres Lebens, baute sie eine reformierte Kirche in Béarn auf und war das politische Oberhaupt der Hugenotten im dritten Religionskrieg (1568–1570). Nach 1570 versuchte sie, die Reformierten zu schützen und ihnen einen gesicherten Platz in der Gesellschaft zu verschaffen. Sie handelte für die Hugenotten den Friedensschluss von St. Germain 1570 aus, und durch die Heirat ihres Sohnes Heinrich (später Heinrich IV. von Frankreich) mit Margarete von Valois, Schwester des Königs Karl IX. von Frankreich, strebte sie eine enge Verbindung von Hugenotten und Katholiken an.
Keine andere Frau hatte eine solche Machtposition unter den Hugenotten in Frankreich inne. Sie war respektiert und gefürchtet in Rom und Madrid, alliiert mit Elizabeth von England und befreundet mit Katharina von Medici – keine unkomplizierte Freundschaft zwischen zwei starke Frauen.
Sie sorgte dafür, dass ihre Kinder – Heinrich und Katharina – im reformierten Glauben erzogen wurden. Jahrelang kämpfte Heinrich als Anführer der Hugenotten und von einer Machtbasis in Südfrankreich aus um die französische Krone, bis er 1589 König von Frankreich wurde und schließlich 1593 zum katholischen Glauben übertrat, um das Land zu befrieden.
Jeanne d´Albret war nicht nur Mutter ihres berühmten Sohnes, sie war auch selbst eine machtvolle Frau in Frankreich, da ihre Position als Anführerin der Hugenotten ihr einen Einfluss weit über die Grenzen ihres kleinen Königreiches zusicherte.
Jugend und Ehe (1528-1555)
Jeanne d´Albret wurde am 7. November 1528 auf dem Schloss Blois von Margarete und Heinrich II. von Navarra geboren. Ihre Mutter wusste angeblich, dass sie eine Tochter gebären würde, ihr sehnlichster Wunsch war freilich nach einem Sohn. Jeanne blieb das einzige Kind aus dieser Ehe, Margarete von Navarra gebar zwar kurz danach einen Sohn, der als Kleinkind starb, und alle übrigen Hoffnungen auf Schwangerschaften zerschlugen sich.
Die kleine Prinzessin konnte von ihrem Vater das Königreich Navarra erben, weil dort das salische Gesetz, das in Frankreich weibliche Thronerben verbot, nicht gültig war. Außerdem war das vicomté Béarn selbständig. Deswegen waren die zwei Großmächte Spanien und Frankreich zutiefst an diesen Grenzregionen interessiert. Frankreich wollte seine Südgrenze verteidigen, und Spanien beide Seiten der Pyrenäen besitzen, um in Frankreich einfallen zu können. Zudem war die väterliche Familie von Albret Großgrundbesitzer in Südwestfrankreich und damit Vasall des französischen Königs. Das frühere Aquitanien hatte mehrere hundert Jahre der englischen Krone gehört und war spät von England aufgegeben worden. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet meistens als Guyenne bezeichnet.
In ihren jungen Jahren wuchs Jeanne in der Normandie auf. Ihre Mutter, Margarete von Navarra, hatte die Aufgabe, die königlichen Kinder ihres Bruders, Franz I., zu erziehen. Sie gab Jeanne in die Obhut ihrer Freundin Aymée de Lafayette, Vogtin von Caen. Man behauptet, sie sei die Vorlage für die Figur Longarine in Heptameron (vgl. Nielsen). Nach meiner Auffassung sind die Erzähler/innen im Heptameron, die sogenannten devisants, eher Typen als historische Persönlichkeiten, die Figur der Longarine ist allerdings eine sehr sympathische Frau mit Humor und Pfiff. Wenn Aymée de Lafayette die Vorlage zu Longarine abgegeben haben soll, deutet alles darauf hin, dass Margarete sie sehr schätzte und meinte, ihre Tochter sei bei ihr gut aufgehoben.
Jeanne wuchs in einem landadligen Milieu auf, umgeben von Wald, Wiesen und Tieren, mit den Mitgliedern der Familie von Aymée de Lafayette als Bezugspersonen, bis sie zehn Jahre alt war. Ihre Mutter sah sie selten, aber jedes Mal, wenn sie krank war, war Margarete sofort zur Stelle. 1538 ließ Franz I. sie nach Plessis-lez-Tours bei der Loire übersiedeln, da sie jetzt ein Alter erreicht hatte, wo sie auf dem Heiratsmarkt von Interesse war. Der König konnte über seine Verwandte entscheiden und Ehen arrangieren, wie es ihm passte.
1540 war es für Jeanne so weit. Herzog Wilhelm der Reiche von Kleve-Jülich-Berg hatte 1538 das Herzogtum Geldern geerbt. Sein Erbanspruch wurde von Kaiser Karl V. angefochten und auf dem Reichstag zu Regensburg wurde dem Kaiser Geldern zugeteilt. 1539 folgte Wilhelm seinem Vater auf dem Thron nach, und um sich vor den Ansprüchen des Kaisers zu schützen, arrangierte er eine Ehe mit Heinrich VIII. von England für seine Schwester Anna, und selbst verbündete er sich mit Franz I. Als Unterpfand für dieses Bündnis sollte er Jeanne d´Albret heiraten.
Was jetzt passierte, ist absolut ungewöhnlich: Jeanne weigerte sich. Die Zwölfjährige ließ ihrem Onkel wissen, dass sie den Herzog nicht heiraten möchte, und sie ließ zwei Schreiben aufsetzen, in welchen sie erklärte, dass sie gegen ihren Willen zu dieser Ehe gezwungen worden sei. Natürlich konnte sie sich nicht auf Dauer gegen den Willen des Königs auflehnen, aber bei der Hochzeitszeremonie am 14. Juni 1541 weigerte sie sich, zum Altar zu schreiten, stattdessen musste sie getragen werden. Ihr Jawort war nicht hörbar und wegen ihres Alters wurde die Ehe nicht vollzogen, der Herzog setzte nur symbolisch ein Bein in ihr Bett. Nach der Hochzeit kehrte er zurück nach Düsseldorf, während Jeanne vorläufig in Frankreich blieb.
1543 griff Kaiser Karl Kleve-Jülich-Berg an, der Herzog wurde geschlagen und musste Geldern Karl V. überlassen. Am Frieden von Venlo im September 1543 hob er das Bündnis mit Franz I. auf und verbündete sich stattdessen mit dem Kaiser. Damit war auch die französische Ehe hinfällig geworden, 1545 wurde sie vom Papst wegen Nichtvollzug annulliert, und der Herzog vermählte sich mit einer Nichte des Kaisers.
Nach kanonischem Recht durfte bei einer Eheschließung keine Zwang im Spiel sei. Die Eheleute mussten ihr Gelübde frei abgeben. Damals konnten junge Frauen aus adligen oder königlichen Familien sich ihre Ehepartner nicht selbst aussuchen, sondern wurden als politische Garanten vermählt, und die meisten fanden sich damit ab, weil das ihr Standesbild entsprach. Jeannes Ablehnung, so wie ihre Kenntnis des kanonischen Rechts, ist erklärungsbedürftig.
Eine mögliche Erklärung ist, dass ihre Eltern für sie eine Ehe mit dem Kronprinzen Philipp von Spanien anstrebten. Königin von Spanien war natürlich prestigeträchtiger als Herzogin von Kleve zu sein, aber vor allem erhoffte sich ihr Vater damit den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. 1512 hatten die Spanier Navarra, das Baskenland, bis zu den Pyrenäen erobert und den Albrets nur das winzige Gebiet auf der französischen Seite gelassen. Seitdem überlegten sich die Könige von Navarra, wie sie zu ihrem ganzen Erbe kommen konnten, und eine Ehe zwischen dem Infanten von Spanien und der zukünftigen Königin von Navarra würde genau dies herbeiführen.
Jeanne war möglicherweise auch beeinflusst von einer Erklärung der Ständeversammlung von Béarn, die eine auswärtige Ehe für ihre Kronprinzessin ablehnte.
Sah Jeanne d´Albret ihre Zukunft gefährdet durch eine Ehe mit dem Herzog von Kleve? Oder tat sie, was ihre Eltern wünschten, statt des Königs Willen zu erfüllen? Stammten ihre Kenntnisse des kanonischen Rechts von denen? Margareta von Navarra schrieb ihrem Bruder, sie habe keine Ahnung, was in das Mädchen gefahren sei, aber stimmt das? Hat sie Jeanne mit ihrer Ablehnung der Ehe geholfen aus Liebe (Cholakian & Cholakian), oder aus Ehrgeiz? Es besteht kein Zweifel, dass königliche Kinder damals frühreif waren und in jungen Jahren schon an ihre späteren Aufgaben geführt wurden, trotzdem ist die Zähigkeit und Sturheit des Mädchens erstaunlich.
1547 starb Franz I. und als Jeanne zwanzig Jahre alt war, bot der Nachfolger, Heinrich II. von Frankreich, ihr gleich zwei Heiratskandidaten an: den Herzog Franz von Aumale (der spätere erzkatholische Herzog Franz von Guise) und Anton von Bourbon, Herzog von Vendôme. Der letztere war Erbprinz und vielleicht deshalb für Jeanne die bessere Partie, obwohl er relativ arm war. Er war hochgewachsen – was für einen Bourbon eher selten war – und charmant, wie alle Männer in seiner Familie scheint er ein unverbesserlicher Schürzenjäger gewesen zu sein. Heinrich IV. von Frankreich, der vert galant, hatte seine ausgelebte Sexualität nicht von Fremden, ebenso wenig wie sein militärisches Können und seinen Mut.
Jeanne und Anton von Bourbon heirateten 1548 und sie war überglücklich. Heinrich II. schrieb in einem Brief, dass er selten eine Braut erlebt habe, die immer nur lachte. Diese Ehe war aus Liebe geschlossen, und Anton von Bourbon nahm seine Frau mit, als er in den Krieg zog. Der Kriegsschauplatz war Flandern, und da der Herzog Güter in Nordfrankreich besaß, zog Jeanne in den ersten Jahren ihrer Ehe von Schloss zu Schloss, immer in der Hoffnung, dass sie und Anton von Bourbon sich treffen könnten.
1551 gebar sie ihren ersten Sohn und gab ihn an Aymée de Lafayette, die sie selbst erzogen hatte. Ob nun Frau de Lafayette alt oder übervorsichtig geworden war, der kleine Herzog von Beaumont starb als Kleinkind, angeblich weil er von Wärme erstickt worden sei.
Bald wurde Jeanne wieder schwanger, und während ihr ältester Sohn in Nordfrankreich geboren war, sollte das zweite Kind in Béarn zu Welt kommen. Sie unternahm die lange Reise nach Süden und kam gerade rechtzeitig in Pau an, 14 Tage bevor sie von ihrem zweiten Sohn, Heinrich, auf dem Schloss in Pau entbunden wurde. Es wurde entschieden, dass dieser Junge in Pau bleiben sollte. Der Großvater, Heinrich d´Albret, wollte wahrscheinlich mit diesem kleinen Prinzen die Erbfolge in Béarn und Navarra sichern. Die Legenden von der rauen Erziehung Heinrichs seitens des Großvaters können jedoch nicht wahr sein, allein weil das Kind die ersten Jahre von Ammen betreut wurde, und der Großvater starb, als es zwei Jahre alt war. Es scheint in Béarn Sitte gewesen zu sein, die Lippen des Täuflings mit Rotwein und Knoblauch einzureiben, eine Taufe à la Gascogne, aber die Mär, dass Heinrich barfuß unter den Hirten in den Bergen aufgewachsen sein soll, ist reine Legende. Der spätere Hauslehrer Heinrichs, Palma Cayet, schrieb, als Heinrich schon König von Frankreich war, seine Biographie, und daher stammt der Bericht vom Opa und von seiner rauen Erziehung. Dieser Kindheitsbericht ist eher Propaganda des Königs, wie er gerne gesehen werden möchte.
Tatsächlich kam Heinrich in die Obhut der Familie de Miossens, die auf dem Schloss Coarraze wohnte. Die Frau, Suzanne de Bourbon-Miossens, war eine Cousine von Jeanne. Heinrich wurde demnach genau wie seine Mutter als Landadliger erzogen, und er wuchs in einer Familie mit anderen Söhnen auf, die als Erwachsene seine Gefolgsleute werden sollten. Als seine Mutter den Thron erbte, wurde er schon als Kleinkind als Kronprinz behandelt.
Die zwei Jahre zwischen Heinrichs Geburt 1553 und ihre Thronbesteigung 1555 verbrachte Jeanne wiederum in Nordfrankreich in der Nähe ihres Gatten. In dieser Zeit gebar sie einen dritten Jungen, der jedoch nicht lange lebte. Es muss hinzugefügt werden, dass Anton von Bourbon 1554 einen außerehelichen Sohn, Karl von Bourbon, mit einer Hofdame bekam. Jeanne hatte bereits mehrere Onkel, die illegitim waren, und sie scheint den kleinen Karl in ihrer Familie aufgenommen zu haben. Er wurde später Erzbischof von Rouen.
Erst als der Vater gestorben war, zog sie als Königin nach Pau und obwohl sie die Erbin war, ließ sich ihr Mann als König huldigen, was die Ständeversammlung eigentlich gar nicht wollte, dennoch ordneten sie sich dem Willen Jeannes unter.
Königin an der Seite von Anton von Bourbon (1555–1560)
Ihr Vater hatte Jeanne ein blühendes Land hinterlassen. Er hatte Industrien nach Béarn geholt, das Steuersystem effektiv gestaltet und für den religiösen Frieden gesorgt. Große Einkünfte entstanden auch durch seine Posten als Gouverneur und Admiral der französischen Krone in Guyenne. Anton von Bourbon bekam diese Posten nach seinem verstorbenen Schwiegervater, und später hat sein Sohn, Heinrich von Navarra, sie übernommen. Jeanne und Antoine standen als die größten Grundbesitzer Südwestfrankreichs finanziell sehr gut da.
1555 find Calvin seine missionarische Tätigkeit in Frankreich an. Reformierte gab es in Südwestfrankreich zu diesem Zeitpunkt längst, weil Margareta von Navarra sie mit Predigern unterstützt hatte und Gérard Roussel, einen Reformkatholiken, als Bischof in Orthez, eingesetzt hatte. Dieser Roussel war einmal Weggefährte Calvins gewesen, und dieser warf ihm vor, nicht konsequent genug zu sein, als er die Stelle als katholischer Bischof trotz seiner reformatorischen Sympathien annahm (CStA I,1).
Als Königin hatte Jeanne bei ihrer Krönung versprechen müssen, die katholische Religion zu verteidigen. Am selben Tag, nachdem sie diesen feierlichen Eid abgelegt hatte, schrieb sie an einen Vasallen, dem vicomte von Gourdon, und erzählte ihm, sie wolle über die Förderung des reformierten Glaubens im kleinem Kreis heimlich beraten. Dieser Brief ist Teil eines Briefwechsels mit zwei vicomtes de Gourdon, Vater und Sohn, die die gesamte Regierungszeit Jeannes überdauerte. Die Briefsammlung wurde im vorigen Jahrhundert entdeckt und gibt viele neue Einsichten in die Vorhaben und die Beweggründe Jeannes. Da die entdeckten Briefe uns nur als teilweise fehlerhafte Kopien vorliegen, haben viele Forscher die Briefe als Fälschungen abgetan (Text und Diskussion bei Bryson).
Der erste Brief vom August 1555 teilt uns mit, dass Jeanne schon zu diesem Zeitpunkt reformierte Sympathien deutlich aussprach. Sie schrieb dem vicomte, dass ihre Mutter sich zwischen den zwei Religionen nicht habe entscheiden können, und dass sie selbst aus Furcht vor ihrem Vater bislang nicht gewagt habe, sich offen zum Protestantismus zu bekennen. Das Edikt von Chateaubriant von 1551 verbot eindeutig jede „Ketzerei“ und deshalb schlug sie vor, die Reformierten sollten sich heimlich auf dem Schloss Odos treffen.
Es gibt sonst keine Quellen, die belegen könnten, dass Jeanne mit dem reformierten Glauben in Berührung kam. Es gab in ganz Frankreich zu der Zeit kleine zerstreute Gemeinden, sowie Prediger und Kolporteure, die reformatorische Bücher schmuggelten. Die wiederholten Verbote des Königs konnten das nicht unterbinden, sie führten nur dazu, dass Protestanten, wie Jeanne, sich heimlich treffen mussten.
In den Jahren nach 1555 verbreitete sich der reformierte Glaube mehr und mehr im Hochadel. Auch Anton von Bourbon wurde davon ergriffen, brachte reformierte Prediger nach Béarn und als er und Jeanne 1558 mit Heinrich nach Paris zogen, nahm er an großen psalmensingenden Demonstrationen außerhalb der Stadtmauern von Paris teil. Calvin war darüber hoch erfreut, denn er setzte in seiner Missionsarbeit gerne auf hochrangige Persönlichkeiten. Jeanne dagegen verhielt sich während dieser Zeit bedeckt.
In Paris kam sie mit ihrem vierten Kind, einer Tochter namens Katharina, nieder. Das kleine Mädchen war das einzige Kind, das bei Jeanne aufwachsen durfte, obwohl sie (natürlich) Erzieherinnen und Gouvernanten hatte.
Anton von Bourbon fiel nicht nur mit protestantischen Sympathien auf, sondern wie sein Schwiegervater versuchte er, den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. Heinrich d´Albret hatte seinen Besitz gut und gewinnbringend regiert, während Anton von Bourbon seiner Frau die Regierungsgeschäfte überließ, und selbst nur versuchte, ein größeres Königsreich für sich zu gewinnen. So konnte der spanische König Philipp ihm einen Tausch, erst mit dem Herzogtum Milano und später mit Sardinien, anbieten. Damit hätte Spanien den Sprung über die Pyrenäen geschafft und Südfrankreich bedrohen können. Wir würden solches Taktieren mit dem Feind Hochverrat nennen, damals räumte man freilich Adligen große Freiheiten ein, sich einen Herren auszusuchen, aber Anton von Bourbon wurde auch von den Zeitgenossen als unzuverlässig und unverantwortlich angesehen, und nicht zuletzt war er so politisch ungeschickt, dass es an Dummheit grenzte (Sutherland 1984).
Im Sommer 1559 starb Heinrich II. von Frankreich unerwartet. Sein Sohn Franz II. folgte ihm als nur fünfzehnjähriger Knabe auf dem Thron. In dieser Situation war die traditionelle Lösung, dass der erste erwachsene Erbprinz, Anton von Bourbon, ihn unterstützen sollte, und Calvin ermahnte ihn eindringlich, dieses Amt zu übernehmen und dabei den Hugenotten zu helfen. Anton von Bourbon verspielte diese Chance und überließ die Regierungsgeschäfte der Familie von Guise, besonders dem Herzog von Guise und dem Kardinal von Lorraine, die beide die antiketzerische Politik des verstorbenen Königs weiterführen wollten. Nach dem Tod Heinrichs II. bekannten sich mehrere hochrangige Adlige offen zum Protestantismus und es gab im März 1560 sogar einen hugenottischen Komplott, den König zu entführen und von seinen „schlechten Ratgebern“ zu trennen. Anton von Bourbon und sein jüngerer Bruder, der Prinz von Condé, beide notorische Reformierte, wurden wegen diesem Angriff auf den König angeklagt. Anton von Bourbon versprach Besserung, während sein Bruder, der Prinz Ludwig von Condé zum Tode verurteilt wurde. Nur der plötzliche Tod des jungen Königs rettete ihn vor der Hinrichtung. Da der neue König, Karl IX., ein zehnjähriges Kind war, brauchte Frankreich einen Regenten, nämlich den ranghöchsten Erbprinz Anton von Bourbon. Wiederum ergriff dieser nicht die Chance. Katharina von Medici ließ sich stattdessen als Regentin einsetzen und Anton von Bourbon wurde zum Generalstatthalter ernannt. Die Hugenotten mit Calvin an der Spitze waren zutiefst enttäuscht. In diesen Jahren hatte der reformierte Glaube großen Zulauf, es wurde von mehreren Tausend Gottesdienstbesuchern überall in Frankreich berichtet, von Abendmahlgottesdiensten, die zwei Tage dauerten und von Bekehrungen am Hof und im Hochadel.
1560 verließ Jeanne Paris, um zurück nach Pau zu fahren. Theodorus Beza, der engste Mitarbeiter Calvins, besuchte sie dort, und es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, die bis Jeannes Tod dauerte. Beza versorgte sie mit Predigern und Beratern für ihr Land. Im Dezember 1560 unternahm Jeanne den entscheidenden Schritt und bekehrte sich öffentlich zum reformierten Glauben. Während ihr Gatte nicht in der Lage war, sich an die Spitze der Hugenotten zu setzen, wurde sie jetzt die leitende Hugenottin in Frankreich.
Reformierte Königin (1560–1568)
Jeanne d´Albret war zweifelsohne eine tief religiöse Frau. Lange Zeit hatte sie äußerste Diskretion walten lassen, zwar mit ihrem Gatten reformierte Prediger gehört, aber sich niemals offen zum reformierten Glauben bekannt. Erst nachdem Anton von Bourbon sich mit dem Posten als lieutenant générale abgefunden hatte, kam sie aus der Deckung.
Es war eine Zeit, wo alle große Hoffnungen bzw. Ängste für den Protestantismus in Frankreich hegten. Drei wichtige Katholiken – der Herzog von Guise, der Konstabel von Montmorency und der Marschall St. André – schlossen sich zusammen, um Frankreich gegen die Reformierten zu schützen. Sie planten den Sturz von Anton von Bourbon und einen Angriff auf Genf mit der Hilfe des Herzogs von Savoyen, zu dessen Besitz Genf bis 1534 gehört hatte. Dieses Triumvirat war der erste Vorbote der katholischen Liga, die später Heinrich IV. hartnäckig bekämpfte (Sutherland 1973).
1560 war noch zu erwarten, dass der Protestantismus nach Frankreich gekommen war, um zu bleiben. Jeanne war sich sehr bewusst, welche Gefahren ihr von Spanien, vom Papst und von der mächtigen Familie von Guise drohten. Sie hatte noch die Hoffnung, dass der junge König Karl IX., Katharina von Medici und ihr Kanzler, der tolerante Michel de l´Hôpital, die Reformierten unterstützen würden, zumal die Königinmutter sich selbst von denen von Guise bedrängt fühlte.
Diese letzte Hoffnung erwies sich als trügerisch, aber niemals wich Jeanne später vom einmal eingeschlagenen Kurs ab. Sie konnte weder geldwerte Vorteile noch politisches Kapital aus ihren Glauben schlagen, dafür hielt sie konsequent an ihrer Überzeugung fest.
In Béarn machte sie erste vorsichtige Schritte, um das Land zu reformieren. Es gab schon Reformierte dort, und Prediger hatten angefangen, den neuen Glauben zu verbreiten, Jeanne aber träumte von einem reformierten Land, und fing langsam und vorsichtig an, diesen Traum zu verwirklichen.
Der erste Schritt war, den reformierten Glauben dem Katholizismus rechtlich gleich zu stellen. Die Kirchen wurden für beide Religionen geöffnet (das sogenannte simultaneum) und aus den Kirchen in Lescar und Pau wurden Bilder und Statuen entfernt, allerdings nicht in Form eines Bildersturms, sondern von den Behörden. Jeanne beschlagnahmte das kirchliche Vermögen nicht für sich selbst, sondern investierte es in Sozialfürsorge und Bildung.
Es ist klar, dass sie den reformierten Glauben einführen wollte, aber zu keinem Zeitpunkt vefolgte sie Andersgläubige, geschweige denn verbrannte sie. Immer setzte sie auf Überredung.
Im August 1561 begab sie sich wieder zum Hof. Überall wurde sie stürmisch von Hugenotten begrüßt, als ob sie „der Messias sei“, bemerkte verärgert der spanische Gesandte. Katharina von Medici hatte zu einem Religionsgespräch eingeladen. Dieses Gespräch fand in Poissy außerhalb Paris statt. Seitens der Krone war gewiss an eine Versöhnung oder gar einen Ausgleich zwischen den Religionen gedacht, die reformierten Teilnehmer mit Beza an der Spitze mochten jedoch keine Kompromisse eingehen. Beza wurde unterstützt von Calvin in Genf, der selbst zu krank war, um mitzukommen. Calvin war mit den Auftritten und Reden Bezas zufrieden, während z.B. der Admiral Coligny Beza als reichlich provokant wahrnahm.
Im Herbst 1562 blieb Jeanne mit ihren Kindern beim Hofe. Katharina von Medici suchte auch nach den Religionsgesprächen eine Übereinkunft mit den Protestanten, was in dem Edikt vom 17. Januar 1562 – auch Edikt von St. Germain genannt – gipfelte. Dieses Edikt, an dem der Kanzler Michel de l´Hôpital und Beza beteiligt waren, erlaubte es den Hugenotten, außerhalb der Städte Gottesdienste zu halten. Es war das günstigste Edikt, das sie jemals erlangen sollten, das Edikt von Nantes 1598 war ihm sehr ähnlich, aber nicht ganz so großzügig. Der Unterschied war, dass Heinrich IV. dafür sorgte, dass das Edikt von Nantes durchgeführt wurde, während alle frühere Edikte, so wohlgemeint sie auf dem Papier auch waren, von katholischen Behörden unterlaufen wurden, und der König zu schwach war, um für ihre Durchführung zu sorgen.
Im März 1562 massakrierte der Herzog von Guise eine reformierte Gemeinde, die innerhalb des Städtchens Wassy Gottesdienst feierte. Damit war die Versöhnungspolitik Katharinas von Medici gescheitert. Die Hugenotten unter dem Prinzen von Condé griffen zu den Waffen und Anton von Bourbon bat Jeanne den Hof zu verlassen. Er behielt seinen Sohn Heinrich bei sich, entließ aber dessen hugenottischen Hauslehrer. Jeanne beschwor ihren Sohn, nicht zur Messe zu gehen, und der junge Prinz hielt sich wohl auch ein paar Wochen daran, musste sich aber schließlich fügen. Nach ihrem Fortgang vom Hofe trat Jeanne eine monatelange abenteuerliche Reise durch Frankreich an, so gefährlich, dass die ersten Briefen von der Hand Heinrichs seine Ängste um seine Mutter bezeugen. Ihre kleine Tochter Katharina durfte sie behalten.
Im ersten Religionskrieg führte Anton von Bourbon die königlichen katholischen Truppen gegen die Hugenotten. Bei der Belagerung von Rouen wurde er verwundet und starb am 17. November. Der junge Heinrich blieb am Hofe in der Obhut Katharinas von Medici, die allerdings Jeanne gestattete, ihm wieder reformierte Hauslehrer zu geben. Sie sollte ihn erst 1564 wiedersehen.
Die Kirche in Béarn und Navarra
Ihre große Aufgabe sah Jeanne darin, die Reformation in Béarn durchzuführen.
Calvin stellte ihr Jean Raymond Merlin zur Seite, den früheren Professor für Hebräisch in Lausanne, wo er Kollege von Beza, dem Professor für Griechisch, und von Pierre Viret, dem Rektor der Akademie, gewesen war. Pierre Viret arbeitete nach seiner Zeit in Lausanne und Genf vor allem in Frankreich, besonders in den Kirchen von Lyons und Nîmes. Später sollte er für Jeanne d´Albret ihre Akademie in Orthez aufbauen. Merlin war übrigens mit einer Tochter von Marie Dentière verheiratet, derjenigen, die vor Jahren Jeanne eine selbstgeschriebene hebräische Grammatik zugesandt hatte (vgl. Graesslé13f.; Nielsen).
Merlin ging voll Eifer an die Aufgabe, eine reformierte Kirche in Béarn aufzubauen. Es gab viele Reformierte in Südfrankreich, aber meistens unter städtischen Eliten und Handwerkern. Die Reformierten waren meistens des Lesens fähig, vor allem des Lesen französischer Texte. In Südwestfrankreich sprach die Bevölkerung die langue d´oc, die alte oczitanische Sprache, in irgendeiner Form. Die Gascogne hatte ihre Sprache, in der ein Neues Testament und fünfzig Psalmen übersetzt wurden, und Béarn hatte béarnais sogar als Amtssprache. Hinzu kam, dass die Bevölkerung in Navarra Baskisch sprach. Wenn Merlin das ganze Land reformieren sollte, musste er diese Sprachbarrieren überwinden, denn die Landbevölkerung musste erreicht und für die Reformation gewonnen werden.
Jeanne d´Albret beauftragte eine Übersetzung des Neuen Testaments ins Baskische, und eine Übertragung der Psalmen, der Zehn Gebote, der Liturgie und des Katechismus Calvins in die Sprache Béarns. Der Anwalt, später Pastor, Arnaud de la Salette, stellte 1571 diese Übersetzung fertig, und obwohl sie erst 1583 gedruckt wurde, darf man annehmen, dass in der Zwischenzeit Manuskriptkopien verwendet wurden. Pastoren, die die béarnesische oder die baskische Sprache beherrschten, wurde händeringend gesucht, und von den Anderen wurde ausdrücklich verlangt, dass sie es lernen sollten. Katecheten, die vermutlich Landeskinder waren, wurden in die Gemeinden geschickt.
Allmählich verbot Jeanne katholische Riten und Gebräuche, zuerst die Fronleichnamsprozessionen, danach Maibäume und Jahrmärkte. Dann wurde die Messe abgeschafft. Der Dom von Lescar und die Kirche St. Martin in Pau wurden leergeräumt, und die dort befindlichen Schätze verkauft.
Für Merlin konnte dies nicht schnell genug gehen. In seinen Briefen an Calvin klagte er seine Not: die Bevölkerung sei stur – diese Holzköpfe! - und die Königin zu langsam und vorsichtig (CO 20, Nr. 3988 & Nr. 4061). Merlin hatte übrigens auch früher in Montargis Probleme mit Renée de France gehabt, Herzogin von Ferrara, die in ihrem Gebiet so vorsichtig war wie Jeanne in Béarn (vgl. Lambin, 2). Jeanne bekam Klagen auf der jährlichen Ständeversammlung, wo die Katholiken über den Verlust alter Freiheiten und Rechte klagten. In den sechziger Jahren musste sie mehrmals Aufstände niederschlagen.
Der Nachfolger für Merlin war Pierre Viret, der enge Freund Calvins. Er war Pastor und Rektor für die Akademie in Lausanne – mit Beza und Merlin als Kollegen – gewesen. Wegen eines Streits mit dem Stadtrat in Bern, übersiedelten 1559 alle Professoren nach Genf, um dort in der neu errichteten Akademie zu unterrichten. Von Genf begab Viret sich nach Frankreich, wo er in Lyon als Pastor arbeitete, danach leitete er die Nationalsynode in Nîmes und schließlich folgte er dem Ruf nach Béarn. Seine wesentlichste Aufgabe war es, die Akademie in Orthez aufzubauen. Die Fächer Theologie, Hebräisch, Griechisch, Philosophie und Mathematik wurden dort unterrichtet, während es keine Anzeigen für Professuren in Jura und Medizin gibt.
Vor ihrer akademischen Laufbahn absolvierten die Jungen eine fünfjährigen Ausbildung in einer Lateinschule (collège), während die Grundschule sowohl Jungen wie Mädchen unterrichtete, die Mädchen allerdings getrennt mit weiblichen Lehrkräften. Damit wurde das kleine Béarn das erste Land Europas, welches kostenlosen Unterricht für Mädchen zusicherte, und zwar mit der interessanten Begründung, dass sie so im Stande waren, ihr Brot zu verdienen und sich der Gesellschaft nützlich zu machen („Pareil rolle sera aussy faict des filles qui sont en bas aage et qui n´ont nul moyen de vivre et de s´entretenir, par toutes les églises, afin que de mesmes deniers et en écolle séparée elles soient enseignées, nourries et tenues par des femmes sages et pudiques, par leur industrie pouvoir aprés se nourrir et entretenir et servir au public“. Art. 32 der Verfassung der Akademie von 1566, zitiert nach Desplat 2004). Desplat unterstreicht die säkulare Ausrichtung der Ausbildung. Allgemein wird behauptet, der Zweck des Unterrichts in protestantischen Ländern sei, die Bevölkerung des Lesens der Bibel und des Katechismus zu befähigen. Hier werden nur die Vorteile eines Schulunterrichts für die Gesellschaft betont.
Die Akademie wurde 1566 geöffnet. Die ersten protestantischen Akademiegründungen in Frankreich fanden in Nîmes (1562) und Montpellier statt. Vorrangiges Ziel war es, die Kirchen mit Pastoren zu versorgen, da die Akademie in Genf die steigende Nachfrage der Gemeinden kaum nachkommen konnte. Da Papst Pius V. die katholischen Universitäten angewiesen hatte, Protestanten die Abschlüsse zu verweigern (Maag 2002, 140), brauchten junge Hugenotten ihre eigenen Universitäten, die dann auch gegründet wurden, vor allem in Leiden und Heidelberg, aber auch in Frankreich und benachbarten Gebieten wie Béarn, Orange und Sedan, die alle zu diesem Zeitpunkt unabhängig waren.
Jeanne hatte sehr gute Gründe, langsam und überlegt vorzugehen. Der Kardinal von Armagnac ließ sie wissen, dass sie die Bevölkerung Béarns in Ruhe lassen sollte, ihre Untertanen wollten ihren Katholizismus nicht aufgeben. Jeanne antwortete, dass sie in Béarn nur Gott über sich habe, dort könne sie ihrem Gewissen folgen, und in ihrem Land werde niemand wegen seines Glaubens verfolgt. Das letzte war ihr ein Anliegen, denn 1571 schrieb sie an ihren Statthalter, den Baron d´Arros, dass in ihrem Land niemand zum Glauben je gezwungen worden war und es auch nicht werden sollte („...intention n´a point esté et n´est encores qu´ilz soyent contraints par force et violence de se reanger à ladite Religion“, d´Aas 2002, 452).
Als sie sich bei der Einführung der Reformation in ihren Ländern unnachgiebig zeigte, zitierte der Papst sie nach Rom zwecks eines Ketzerprozesses. Da sie dieser Einladung nicht folgte, exkommunizierte er sie. Der Bann war eine ernste Bedrohung, da jeder katholische Herrscher jetzt das Recht hatte, ihre Länder an sich zu reißen und sie abzusetzen, eine Chance, die Philipp II. von Spanien sich nicht entgehen lassen würde. Katharina von Medici verteidigte deshalb Jeanne, weil sie keine spanische Präsenz auf der französischen Seite der Pyrenäen dulden wollte. Außerdem war sie eine Verfechterin der gallikanischen Freiheit der französischen Kirche und meinte deshalb, der Papst solle sich nicht in die Angelegenheiten der Kirche einmischen.
Königin der Hugenotten
Nach dem ersten Religionskrieg (1562-63) ließ Katharina von Medici den jungen Karl IX. mündig erklären und führte ihn mit dem Hof auf eine große Frankreichreise, die mehrere Jahre dauerte. Der Zweck dieser Reise war es, den König dem Volk zu zeigen, und damit die Loyalität der Bevölkerung zu erhalten. Jeanne wurde als Vasallin einberufen und stieß Ende Mai 1564 zum Zug in Macon.
Ihr Sohn Heinrich nahm auch Teil an diese Reise und seinetwegen stritten die zwei Königinnen sich, weil Jeanne ihn bei ihren protestantischen Gottesdiensten dabei haben wollte, und Katharina wünschte, dass er mit der königlichen Familie zur Messe gehe. Schließlich sandte Karl IX. Jeanne zu ihrem Besitz in Vendôme, während Heinrich als Gouverneur von Guyenne den Zug begleitete und in den Städten für den feierlichen Empfang des Königs sorgte.
Jeanne durfte nicht mit nach Bayonne, wo Katharina ihrer Tochter Elizabeth, Königin von Spanien, begegnen wollte. Philipp II. sandte als seinen Gesandten den Herzog von Alba, der auf dem Weg in die Niederlande war. Die Hugenotten waren später überzeugt, dass Alba und die Königinmutter in Bayonne ihre Ausrottung geplant hatten. Sicher ist, dass Alba in den Niederlanden mit aller Härte gegen die Protestanten vorging, und es ist durchaus möglich, dass er versuchte, Katharina auf seinen mörderischen Kurs einzustimmen. Schon 1568 – also vor der Bartholomäusnacht! – schrieb Jeanne, dass die Waffen, die gegen die Hugenotten verwendet werden sollten, in Bayonne geschmiedet worden seien (Ample déclaration).
Jeanne und Heinrich trafen sich später in Paris. 1566 ersuchte sie erneut um Erlaubnis, mit ihren beiden Kindern nach Béarn zu fahren, was ausgeschlagen wurde. Sie erhielt aber Erlaubnis, ihren Sohn in seinen französischen Ländereien herumzuführen, und Anfang 1567 reiste sie dann mit ihm nach Vendôme, und von dort setzte sie sich unerlaubt ab nach Béarn. Damit machte sie laut des Biographen Heinrichs, Pierre Babelon, aus einem französischen Prinzen einen Ausländer, und vor allem einen Hugenotten.
Von 1567 an arbeitete Jeanne für die Zukunft ihres Sohnes. Ihre Lebensaufgabe, schrieb sie selbst, sei: Gott, Königtum und ihr Blut. Mit Gott war die reformierte Religion, die wahre Kirche Gottes, gemeint. Mit dem König ihr Status als Vasallin und – trotz Béarn – als Französin, und mit dem „Blut“, die Familie, zuallererst ihr Sohn Heinrich. Er sollte von jetzt an kein Höfling mehr sein, sondern die Aufgaben eines Regenten lernen. Als ein Aufstand in Navarra niedergeschlagen worden war, wurde er dorthin geschickt, um die Basken zu befrieden. Als 14jähriger hielt er für seine Untertanen eine Rede, in welcher er ihr Fehlverhalten geißelte, ihnen die Gunst der Königin zusicherte, falls sie sich verbessern würden, und seinen berühmten Charme mit seinem Autoritätsanspruch verband.
Im Herbst 1567 versuchten die Hugenotten, die sich von der Aufrüstung des Königs bedroht fühlten, Karl IX. in ihre Gewalt zu bringen. Die Entführung missglückte, und die königliche Familie suchte, beschützt von den schweizerischen Söldnern, die die Ängste der Hugenotten verursacht hatten, Zuflucht in Paris. Die Hugenotten belagerten die Stadt. Im November wurden sie vor den Toren von St. Denis geschlagen und mussten sich in die Provinz zurückziehen, wo sie den Kampf bis zum Friedenschluss von Longjumeau im März 1568 fortsetzen.
Der Friedensvertrag war an sich nicht ungünstig für die Hugenotten, nur haperte es wie immer mit der Umsetzung. Katholische Behörden waren über die für die Hugenotten günstigen Bedingungen empört und setzten sie nicht um. Der Protestant La Noue schrieb in seinen Erinnerungen, dass der Krieg zwar viel Unheil bringe, aber dieser elende kleine Friedensvertrag sei viel schlimmer für die Reformierten, die in ihren Häuser umgebracht wurden, ohne dass sie sich zu wehren wagten („ …une guerre est misérable et qu´elle apporte avec soy beaucoup des maux…cette méchante petite paix est beaucoup pire pour ceux de la Réligion, qu´on assassinoit en leur maisons, et ne s´osoyent encores défendre“, d´Aas 2002, 382) Im Laufe des Sommers 1568 versuchten die Gruppierungen noch einmal miteinander zu reden, Karl IX. sandte einen Botschafter nach Béarn, und Jeanne verfasste ein Sendschreiben an den König mit dem Antrag, den Frieden in Guyenne wiederherzustellen.
In der Zwischenzeit fühlten sich der Prinz von Condé und der Admiral Coligny auf ihre Schlösser in Bourgogne zunehmend bedroht. Der Herzog von Alba wollte in den Niederlanden mit Feuer und Schwert den Protestantismus auszurotten, und Flüchtlinge berichteten ihnen von seinem Terror. Am 23. August 1568 flüchteten sie mit ihren Familien und Angehörigen über die Loire nach La Rochelle. Die Überquerung der Loire erinnerte fast an den biblischen Durchzug durchs Schilfmeer: so viele Hugenotten hatten sich angeschlossen, dass der Zug fast wie eine Völkerwanderung aussah, und die Loire hatte in der Augusthitze einen so niedrigen Wasserstand, dass Sandbanken in der Mitte auftauchten. Dementsprechend sangen alle Psalm 114 vom Auszug der Israeliten aus Ägypten, als sie hinüber waren. Die Parallele wurde noch einmal deutlich, als die königlichen Truppen, die sie verfolgten, wegen plötzlich einsetzenden Hochwassers den Fluss nicht überqueren konnten.
In dieser Situation war Jeanne zutiefst gespalten. Bislang hatte sie die Kriege moralisch unterstützt, aber nicht selbst teilgenommen. Falls es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen sollte, konnte sie immer mit ihren Kindern in der uneinnehmbaren Festung Navarrenx Zuflucht suchen. Sie hatte jedoch ihren Sohn, der als zukünftiger Führer der Hugenotten das Kriegshandwerk lernen sollte, und so musste sie wählen, ob sie in Béarn unter ihrem Volk bleiben oder sich den Hugenotten anschließen sollte: „ich hatte den Krieg im Bauch“ schrieb sie danach („J´eu la guerre en mes entrailles“, Ample declaration). Sie setzte den Baron d´Arros als Statthalter ein, und Anfang September begab sie sich in Eilmarsch nach La Rochelle (Cocula 2004). Dort konnte sie ihren Sohn dem Prinzen von Condé überantworten. Sie schrieb unterwegs eine Reihe Briefe an Karl IX., an Katharina von Medici, an ihren Schwager, den Kardinal von Bourbon und an die Königin Elizabeth von England, um ihren Entschluss zu begründen. Angekommen in La Rochelle schrieb sie eine Erklärung („Ample declaration“) um der Öffentlichkeit zu erklären, warum sie sich der hugenottischen Armee zugesellte.
Die Hugenotten unter ihren Anführer aus der königlichen Familie wollten nicht als Aufrührer dastehen. Sie behaupteten, die erzkatholische Partei sei schuld daran, dass königliche Befehle nicht vollzogen wurden. Die Katholiken mit ihren Verbindungen nach Spanien und Rom seien Landesverräter. Die Politik des Kardinals von Lorraine verdient laut Sutherland (1974) keinen anderer Namen. Wenn Jeanne vom Frieden sprach, meinte sie eine Duldung der Hugenotten in Frankreich. Die Forderungen der Hugenotten waren immer dieselbe: Erlaubnis, Gottesdienste zu feiern, Gerichte mit zur Hälfte hugenottischen Richtern, sichere Zufluchtsstädte – deren Anzahl schwankte in den Verhandlungen – und Zugang zu Ausbildung und Beamtenstellen gleichrangig mit den Katholiken. Die Provinz Languedoc unter dem moderat katholischen Gouverneur Montmorency-Damville war ein friedlicher Ort in den Religionskriegen, weil Damville den Hugenotten solche Rechte einräumte, und die katholische Bevölkerung sich damit abfand.
Im März 1569 fand eine Schlacht bei Jarnac statt. Der Prinz von Condé kämpfte mit, wurde verwundet und nach der Schlacht ermordet. Es gelang Admiral Coligny, die hugenottischen Truppen zusammenzuhalten, aber der Verlust des Prinzen war ein herber Schlag. Heinrich von Navarra war jetzt der ranghöchste Prinz, und zusammen mit seinem Vetter, dem gleichaltrigen Heinrich von Condé, wurde er jetzt Oberbefehlshaber über die Armee der Prinzen. In Wirklichkeit lag die Verantwortung für die Kriegsführung bei dem erfahrenen Admiral, und die beiden Prinzen wurden seine Pagen genannt.
Jeanne blieb in La Rochelle, während Coligny mit den Prinzen im Krieg war, und sie konnte, unterstützt von einem Rat adliger Hugenotten, die „Regierungsgeschäfte“ regeln. Sie schrieb an England und nach Deutschland. Sie unterzeichnete Erlässe, versuchte Geld für das Heer aufzutreiben, pfändete ihren schönsten Schmuck für einen Kriegsdarlehen an Elizabeth von England und ließ ein Kriegsschiff namens „Die Hugenottin“ bauen.
So wie sie immer behauptete, nicht gegen den König, sondern gegen seine schlechten Ratgeber zu kämpfen, so behauptete Karl IX., dass sie in La Rochelle von den Hugenotten gefangen gehalten wurde, und er ließ den Baron Terride mit einer „Befreiungsarmee“ in Béarn einfallen. In kürzester Zeit waren ganz Béarn und Navarra erobert und zum Katholizismus zurückgeführt. Nur der Baron d`Arros hielt im Navarrenx stand. Um ihre Länder zurückzuerobern, sandte Jeanne den Graf von Montgommery mit einer „Hilfsarmee“ nach Navarrenx. In noch kürzerer Zeit als Terride gebraucht hatte, verjagte er ihn aus Béarn. Die Befreiung von Terride wurde in Pau mit einem Festgottesdienst gefeiert, wobei Pierre Viret über Psalm 124, 7: „Unsere Seele ist aus dem Netz des Vogelfängers entkommen“ predigte.
Vom Winter 1569 bis zum Frühjahr 1570 führte Coligny sein Heer mit den Prinzen Heinrich von Navarra und Heinrich von Condé durch ganz Südfrankreich und von Provence nach Norden, bis er Paris bedrohte. Der König hatte kein Geld mehr, um Krieg zu führen, und musste notgedrungen Friedensverhandlungen einleiten. Im August 1570 wurde dann der Frieden von St. Germain geschlossen. Wiederum war Jeanne d´Albret diejenige, die auf Augenhöhe mit dem König verhandeln konnte. Der Vertragstext erklärt immer wieder, dass der König die Bedingungen seiner Tante erfüllen wollte (Sutherland 1980, Potter 1997).
Jeanne blieb vorläufig in La Rochelle. Im April 1571 fand dort die Nationalsynode der reformierten Kirchen Frankreichs statt. Theodor Beza kam aus Genf angereist, um die Synode zu leiten. Pierre Viret wollte teilnehmen, starb aber vorher, vermutlich hatte seine Gesundheit in der Gefangenschaft unter Baron Terride gelitten. Auf der Synode wurde das französische Glaubensbekenntnis von 1559 neu verhandelt und die endgültige Fassung als „Bekenntnis von La Rochelle“ beschlossen. Darüber hinaus wurde eine Kirchenordnung für Béarn beschlossen, und die Synode diskutierte Fragen, die Jeanne d´Albret gestellt hatte. Als Ersatz für Pierre Viret bekam sie Nicolas des Gallars zur Seite gestellt. Er war Calvins Sekretär gewesen, danach hatte er die „Strangers´ Church“, die Kirche für Ausländer in London, als Nachfolger für Johannes à Lasco geleitet und dann an Bezas Seite im Colloquium von Poissy 1561 gestanden. Er war Pastor in Orléans gewesen und wurde jetzt Seelsorger für Jeanne d´Albret und ihr theologischer Ratgeber für die Kirche in ihrem Land.
Er war eine gute Wahl, denn während Beza sehr an dem Konzept von Genf hing und ein presbyteriales Kirchenverständnis (Kingdon 1967) hatte, war des Gallars in England gewesen, als Königin Elizabeth nach dem Tod ihrer katholischen Schwester die anglikanische Kirche einführte. Außerdem behauptet Bernard Roussel (2004), dass er das Buch Martin Bucers „De regno Christi“ von 1550 mitbrachte. Dieses Buch ist dem englischen König Edward VI. gewidmet und beschreibt, wie ein König eine reformierte Kirche leiten kann. Damit hatte des Gallars ein Konzept für eine von einer Fürstin geleitete Kirche, die dann in den Jahren als Heinrich und Katharina von Navarra das Erbe der Mutter verwalteten, Bestand hatte.
Während Jeanne in La Rochelle noch weilte, ereilte sie ein Angebot von Katharina von Medici, ob ihren Sohn Heinrich die Tochter Katharinas heiraten mochte. Hugenotten und Katholiken würden sich versöhnen und die Häuser Valois und Bourbon sich nahekommen. Dieses Angebot war zu verlockend, um es auszuschlagen, aber Jeanne traute Katharina nicht so recht, jedenfalls wollte sie nicht gleich nach Paris ziehen, um über die Ehe zu verhandeln.
Stattdessen fuhr sie nach Pau zurück, führte die neu beschlossene Kirchenordnung ein und kümmerte sich um ihre Länder. Die Tuberkulose machte sich bemerkbar und sie wollte zur Kur in die Bergen fahren. Währenddessen zogen sich die Eheverhandlungen hin, bis Jeanne endlich im Frühjahr 1572 nach Paris zog. In den Briefen an ihren Sohn hört man von den Verhandlungen, von ihrer Missbilligung des höfischen Lebens und von ihrem Ärger mit Katharina. Jeanne wollte so viele Rechte wie möglich für ihren Sohn und die Hugenotten aushandeln. Am Ende musste sie es aufgeben, Margareta von Valois, Margot genannt, zum reformierten Glauben zu bekehren. Dafür hoffte sie aber, dass das Brautpaar nach Béarn ziehen würde. Eine königliche Mischehe war etwas ganz Neues und musste in Detail besprochen und geplant werden. Jeanne handelte das Meistmögliche für ihren Sohn aus und im April 1572 wurde eine Einigung erzielt. Heinrich sollte allerdings noch eine Weile in Béarn bleiben und Jeanne bereitete in Paris die Hochzeit vor.
Die zähen Verhandlungen im Frühjahr hatten viel Kraft gekostet, Jeanne hielt sich aber tapfer. Im Juni brach sie zusammen und starb am 9. Juni an der Tuberkulose, die sie seit Jahren geplagt hatte. Später entstanden Gerüchte, sie sei von Katharina von Medici vergiftet worden. Diese sollte ihr ein Paar Handschuhe, die von ihrem privaten Giftmischer präpariert worden seien, geschenkt haben. Da Katharina nach den Massakern von St. Bartholomäus, die in der Periode von August bis November 1572 stattfanden, von den Hugenotten als der Inbegriff des Bösen dargestellt wurde, gehört der Giftmord an Jeanne d´Albret zu den Verleumdungen.
Heinrich traf erst etwas später in Paris ein. Im Testament Jeannes hatte sie sich gewünscht, in Béarn bei ihrem Vater beerdigt zu werden. Ihr Sohn setzte sich über ihren letzten Willen hinweg: sie wurde nach Vendôme geführt und neben ihrem Mann, Anton von Bourbon, bestattet.
Trotz ihre Fähigkeiten wurde sie eine Fußnote in der Geschichte Frankreichs: ihr Sohn wurde zwar als Heinrich IV. König von Frankreich, aber er wurde katholisch und aus den Hugenotten wurde, dank des Ediktes von Nantes 1598, eine geduldete Minderheit. Die Kirche, die Jeanne in Béarn aufgebaut hatte, wurde unter ihrem Enkelsohn, Ludwig XIII., verboten. 1685 wurde dann das Edikt von Nantes aufgehoben, und die Reformierten wurden grausam verfolgt. Viele flüchteten, viele konvertierten und viele wurden umgebracht. Die großen Hoffnungen, die die Hugenotten um Jahr 1560, als Jeanne konvertierte, hegten, erwiesen sich als trügerisch.
Wenn auch letztlich nicht erfolgreich, war sie dennoch bewundernswert. Mit dem Admiral Coligny zusammen hatte sie den Frieden von St. Germain errungen, dann eine Landeskirche aufgebaut und ihre Kinder gefördert. Sie war die reformierte Präsenz in der königlichen Familie und in ihren letzten Jahren wurde sie die Königin der Hugenotten.
Stammtafeln der Familie von Valois und der Familie von Bourbon (PDF)
Literatur
Quellen:
Albret, Jeanne d´: Lettres suivies d´une ample Déclaration, ed. Bernard Berdou d´Aas, Biarritz 2007.
Bordenave, Nicolas de: Histoire du Béarn et de la Navarre, Paris 1873.
Bucer, Martin: De regno Christi: libri duo, 1550, ed. François Wendel, in: Robert Stupperich, Hrsg. Ser. 2, Opera latina Bd. 15,1, Gütersloh 1955. In: Studies in Medieval and Reformation Thought, Leiden 1982. „Du royaume de Jesus Christ“, édition critique de la traduction française de 1558/texte établi par François Wendel, Bd.15,2, Gütersloh 1954.
Calvin, Johannes: Calvini opera quae supersunt omnia (= CO), hrsg.v.W.Baum, E.Kunitz, E.Reuss, 59 Bde, Braunschweig/Berlin 1863-1900.
Calvin-Studienausgabe (= CStA), hrsg.v. E.Busch u.a., Neukirchen-Vluyn ab 1994.
Coudy, Julien, ed.: Die Hugenottenkriege in Augenzeugenberichten, Darmstadt 1965
Potter, David, ed.: The French Wars of religion, Selected Documents, London & New York 1997.
Ruble, Alphonse de: Le mariage de Jeanne d´Albret, Paris 1877.
Ruble, Alphonse de: Antoine de Bourbon et Jeanne d´Albret, Paris 1881, 1882, 1885 & 1886, 4 Bde.
Ruble, Alphonse de: Jeanne d´Albret et la guerre civile, Paris 1897.
Ruble, Alphonse de: Mémoires et poésies de Jeanne d´Albret, Paris 1893, Slatkine Reprints Genf 1970 (online auf Französisch: https://archive.org/details/mmoiresetposies00rublgoog).
Stegman, A.: Les édits des guerres de religion, Paris 1979.
Sekundärliteratur:
Aas, Bernard Berdou d´: Jeanne III d´Albret, Chronique 1528-1572, Anglet 2002.
Actes du colloque “Arnaud de Salette et son temps – Le Béarn sous Jeanne d´Albret”, Orthez 1984 (war mir leider nicht zugänglich).
Actes du colloque “L ´Amiral de Coligny et son Temps”, Paris 1974.
Actes du colloque “Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Babelon, Pierre: Henri IV, Paris 1982.
Benedict, Philip, ed.: Reformation, Revolt and Civil War in France and the Netherlands 1555-1585, Amsterdam 1999.
Benedict, Philip: “Confessionalization in France? Critical reflections and new evidence”, in: Mentzer & Spicer: Society and Culture in the Huguenot World 1559-1685, Cambridge 2002.
Bryson, David: Queen Jeanne and the Promised Land, Dynasty, Homeland, Religion and Violence in Sixteenth Century France, Leiden 1999.
Buisseret, David: Henry IV, London 1984.
Cazaux, Yves: Jeanne d´Albret, Paris 1973.
Cholakian, Patricia F. & Cholakian, Rouben C.: Marguerite of Navarre, Mother of the Renaissance, New York 2006.
Cocula, Anne-Marie: ”Été 1568. Jeanne d´Albret et ses deux enfants sur le chemin de La Rochelle”, Actes du colloque ”Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Desplat, Christian: “Jeanne d´Albret, un modèle d´éducation maternelle?”, in: Actes du colloque ”Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Eurich, Amanda: “Le pays de Canaan”: L´évolution du pastorat béarnais sous Jeanne d´Albret”, in: Actes du colloque “Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Graeslé, Isabelle: Vie et légendes de Marie Dentière, Bulletin du centre protestant d´études, Genéve 2003.
Greengrass, Mark: “The Calvinist experiment in Béarn”, in: A. Pettegree, A. Duke & G. Lewis: Calvinism in Europe 1540 - 1620, Cambridge 1994.
Kingdon, Robert M.: Geneva and the Consolidation of the French Protestant Movement 1564-1572, Genève 1967.
Knecht, R.J.: Catherine de´ Medicis, London 1998.
Kuperty-Tsur, Nadine: “Jeanne d´Albret ou la persuasion par la passion”, in: Actes du colloque “Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Lambin, Rosine: Calvin und die adelige Frauen im französischen Protestantismus, http://www.reformiert-info.de/2304-0-0-20.html
Maag, Karin: “The Huguenot academies: preparing for an uncertain future”, in: Mentzer & Spicer: Society and Culture in the Huguenot World 1559-1685, Cambridge 2002.
Martin-Ulrich, Claudie: “Récit de vie, récit de mort: Le Brief discours sur la mort de la royne de Navarre, Jeanne d´Albret” in: Actes du colloque “Jeanne d´Albret et sa cour”, Paris 2004.
Mentzer, Raymond A. & Spicer, Andrew, eds.: Society and Culture in the Huguenot World 1559-1685, Cambridge 2002.
Nielsen, Merete: Theologie als Erzählung – erzählte Theologie, Das Heptameron von Margarete von Navarra, http://www.reformiert-info.de/side.php?news_id=5444&part_id=0&navi=4
Nielsen, Merete: Marie Dentière,
Marie Dentière
(1490/95-1561)

Die Frau, die ihr Kloster verlassen und zweimal Pastoren geheiratet hatte, kam 1535 nach Genf in der unruhigen Zeit, als die Stadt die Reformation einführte. Dentière schrieb drei Schriften, die erste über die Befreiung Genfs vom Herzogtum Savoyen, die zweite als einen offenen Brief an die Königin von Navarra mit deutlich feministischen Zügen und die dritte als Vorrede zu einer Predigt von Calvin.
Marie Dentière war nicht nur redegewandt, sondern auch eine engagierte und lebhafte Autorin. Der reformierte Glaube kann eine Reihe von tapferen Frauen aufweisen, aber wenige wie sie, die sich theologisch äußerten. Aus diesem Grund wurde der Name Marie Dentière am 3. November 2002 am Genfer Reformationsdenkmal neben den Namen von Hus und Wyclif eingeschrieben. Bis in die letzten Jahrzehnte ignorierte die Geschichtsschreibung der Reformation die frühe Mitstreiterin unter den Genfer Reformatoren. Erst als man anfing, nach den Frauen der Reformationszeit zu fragen, wurde sie wiederentdeckt. Ihr Schicksal zeigt, wie sehr Frauen sich von der Reformation eine bedeutendere Rolle im religiösen Leben erhofften und enttäuscht wurden. Im Deutschen Reich gab es ähnliche Frauenschicksale, man denke an Argula von Grumbach in Bayern und an Katharina Zell in Straßburg[1]. Gemeinsam war allen diesen Frauen ihre große Hoffnung, die bald zunichte gemacht wurde.
Jugendjahre
Marie Dentière oder d´Ennetières (1490/95–1561) wurde in Tournai in Flandern als das vierte von dreizehn Kinder geboren[2]. Sie entstammte einer adligen Familie, und wie so viele junge Frauen aus ihrer gesellschaftlichen Schicht kam sie ins Kloster. Dentière wurde Pröpstin in der Abtei Notre-Dame des Prés-aux-Nonnains in der Nähe von Tournai. Vermutlich unter dem Einfluss von Luthers Gedanken verließ sie das Kloster. Später erzählte sie von ihrem Flucht aus dem Kloster: „…in diesen Orden gibt es ja nichts anderes als Scheinheiligkeit, geistige Verderbnis und Müßiggang. Deshalb habe ich ohne langen Verzug dem Schatz etwa 500 Dukaten entnommen und mich aus diesem unglücklichem Dasein zurückgezogen…“[3]. Damit deutet sie den Reichtum des Konvents an. 500 Dukaten waren eine stattliche Summe. Vielleicht war es ihre Mitgift, die sie ins Kloster gebracht hatte, in dem Fall wäre ihre Familie wohlhabend gewesen.
Marie Dentière heiratete Simon Robert, früher Priester in einer Gemeinde bei Tournai, und genau wie bei Luther und Katharina von Bora war diese Ehe ein doppelter Zölibatsbruch: Eine Nonne heiratete einen Priester. Simon Robert gehörte zum Kreis von Metz um Bischof Briçonnet. Dieser Kreis bestand aus humanistischen Reformkatholiken, die mit der evangelischen Theologie Luthers sympathisierten, ohne jedoch den Bruch mit Rom zu wünschen. Gönnerin des Kreises und Beichtkind von Briçonnet war Margaretha von Navarra, die Schwester Königs Franz I. Zu diesem Kreis gehörten unter anderen der große Humanist Lefèvre d´Etaples (Faber Stapulensis) und Guillaume Farel, der Reformator von Genf.
1528 findet man das Paar Dentière – Robert in Straßburg, denn von dort aus schrieb Martin Bucer an Farel, dass Marie Dentière – „die Frau von Simon“ - sehr krank sei.
Aus dieser Ehe gingen auf jeden Fall zwei Töchter hervor, Marie Roberte und eine andere, deren Name wir nicht kennen. Die Familie wohnte ab Mai 1528 in Bex, später in Aigle, wo Simon Robert 1532 oder 1533 verstarb. Danach heiratete Marie den sehr viel jüngeren Pastor Antoine Fromment (oder Froment). In dieser Ehe gebar sie mindestens eine Tochter, Judith. 1535 sagt Marie Dentière von sich selbst, sie habe fünf Kinder geboren. Eine Erklärung für diese Diskrepanz kann sein, dass viele Kinder früh starben. Von drei Töchtern sind jedoch die Namen ihrer Ehemänner bekannt, so dass sie das Erwachsenenalter erreicht haben müssen.
Antoine Froment(1509-1581), wie Farel auch ein Franzose aus der Dauphiné, war Pastor in Yvonand. Zusammen mit Guillaume Farel und Pierre Viret predigte er die evangelische Lehre in der Gegend um Neuchâtel und im Jura. Alle drei Pastoren kamen nach Genf, um die Stadt für die Reformation zu gewinnen. Marie zog im März 1535 mit der Familie nach.
Genf und die Klarissen
Genf gehörte bis zum Jahr 1526 dem Herzogtum Savoyen. Die Stadt sagte sich von dieser Herrschaft los und verbündete sich mit den Städten Bern und Fribourg, um ihre Unabhängigkeit von Savoyen zu erreichen. Für das Bündnis mit Bern war es wichtig, derselben reformierten Religion anzuhören. In den Jahren 1532-35 kamen mehrere evangelische Prediger, darunter Farel, Viret und eben auch Antoine Fromment nach Genf. Erst 1535 wurde Genf nach ein Paar tumultuarischen Jahren evangelisch.[4]
Für die Ereignisse in diesen unruhigen Jahren haben wir eine interessante Quelle, geschrieben von einer Nonne im Klarissenkloster.[5] Jeanne de Jussie, die Schriftführerin des Klosters, schrieb ihre „Petite Chronique“, um die Vertreibung der Nonnen aus Genf ins benachbarte savoyardische Annecy zu schildern. Ihre Chronik, die den Zeitraum von 1528-35 schildert, war nur für die Schwestern bestimmt – als Erinnerung an die Ereignisse, die zu ihrer Vertreibung aus Genf führten.
Im Sommer 1535 gerieten die Klarissen zunehmend unter Druck, ihr Kloster zu verlassen. Zu den evangelischen Frauen, die die Nonnen überzeugen wollten das Klosterleben aufzugeben, gehörte auch Marie Dentière. Von ihr sowie von einer anderen Frau, Claude (oder Claudine) Levet, einer Apothekersgattin, berichtet Jeanne de Jussie mit Verärgerung, dass sie sich „in das Predigtamt eindrängte“(„se mesloit de prescher“). Für die Nonnen war es eine Zumutung, einer Predigerin zuhören zu müssen. Als sie selbst vom Rat zum Disput aufgefordert wurden, ihren Glauben darzustellen und zu verteidigen, lehnten sie entrüstet ab, da es sich nicht gehöre, dass Frauen in der Öffentlichkeit disputierten: „Es ist nicht die Aufgabe der Frauen, zu disputieren…und sie dürfen sich nicht in die Auslegung der Heiligen Schrift einmischen“[6].
Der Hintergrund für Marie Dentières Begegnung mit den Nonnen war der Wunsch des Rates der Stadt, das Kloster aufzulösen und die jungen Nonnen ihren Familien zurückzugeben, damit sie heiraten könnten. Am 26. August 1535 erschien erst der Gesandte der Stadt Bern, um den Klarissen zu erklären, dass nur eine Religion in Genf toleriert werden könne. Sie müssten die Stadt verlassen, aber einige Schwestern dürften bleiben, unter ihnen Schwester Colette Masuere. Da die Nonnen diesen Antrag ablehnten, erschien Marie Dentière, um mit ihnen zu sprechen. Sie suchte vergeblich nach Schwester Colette, die sich verleugnete. Dentière begann dann von ihrem Leben, ihrer Flucht aus dem Kloster, ihrer Ehe mit einem „hübschen Gatten“ und ihren fünf Kinder zu erzählen. Sie, wie auch der Gesandte von Bern, betonten, dass sie jetzt im hellen Licht des Evangeliums gelangt waren[7], und die alten Irrtümer hinter sich gelassen hatten. Damit stieß Marie Dentière allerdings auf den entschiedenen Widerstand der Klarissen: sie halten in der Chronik daran fest, selbst die Erleuchteten zu sein, während die Evangelischen in Dunkelheit und Barbarei versänken[8]. Sie nannten Marie Dentière eine abtrünnige Nonne mit einer Giftzunge und spuckten sie an[9]. Nach Marie Dentière erschien Pierre Viret mit anderen, um die jungen Schwestern aus dem Kloster zu holen. Diese blieben jedoch standfest und verließen alle zusammen am 30. August 1535 Genf und gingen nach Annecy in Savoyen[10].
Marie Dentière war vermutlich vom Rat der Stadt oder von den Predigern beauftragt, eine bestimmte Schwester zu finden. Sie selbst kannte Schwester Colette nicht und musste ihren Namen von anderen, von der Familie oder vom Rat haben. Sie handelte also im Auftrag der Stadt und zusammen mit den Pastoren.
„Vom Krieg und von der Befreiung der Stadt Genf“
Ihre Stellung in Genf als aktive Mitstreiterin in der Verkündigung des Evangeliums schlägt sich dann in Dentières erster Veröffentlichung nieder. 1536 veröffentlichte sie ihr erstes Buch: „Krieg und Befreiung der Stadt Genf“[11]. In diesem Werk schildert sie lebhaft die Geschichte der Stadt von 1504 bis 1535, und lässt kein Zweifel daran, dass Gott selbst Genf aus der Hand der übermächtigen Feinde befreite, damit die Stadt zum rechten Glaube kommen konnte. Die Freiheit der Genfer war ihr wichtig:
„Denn es ist eine Tatsache, dass allezeit, seitdem diese Stadt Genf gegründet und erbaut ist, sie in großer Freiheit und Offenheit gewesen ist, ohne Unterwerfung unter irgendjemanden, so wie dies schriftlich bezeugt ist im Rathaus“.[12]
Die „Unterdrückung“ der Herzöge von Savoyen sei unrechtmäßig und Gott selbst habe der Stadt ihre Freiheit zurückgegeben, damit sie ihn recht anbeten könne. Zu dieser Freiheit gehört für Dentière auch Gerechtigkeit und es ist bemerkenswert, dass sie vor der Ankunft Calvins in die Stadt die Forderung nach Kirchenzucht deutlich ausspricht. Die Ratsherren sollen Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person walten lassen:
„…indem sie die Übeltäter strafen und die Guten verteidigen; nicht erlauben, irgendwelche Bilderverehrung, Gotteslästerungen, Zoten, Diebereien, öffentliche Trunksucht, überhaupt nichts, was gegen Gottes Gebot ist, zu tun oder zuzulassen; aber alle, die all diesem zuwider handeln, zu bestrafen; immer aber mit den Gehorsamen in aller Herzlichkeit und Güte reden.“[13]
Marie Dentière hoffte, der Rat der Stadt würde diese neue Sittlichkeit einführen. Das Besondere bei Calvins Einführung der Kirchenzucht war, dass er es als Aufgabe der Kirche sah, unter der Obhut von Pastoren und Ältesten die Kirchenzucht auszuüben, und nicht als Aufgabe des Rates. Die vom Konsistorium durchgeführten Maßnahmen der Kirchenzucht entsprachen aber dem Vorschlag Marie Dentiéres. Dies war allerdings nichts Besonderes für Genf: in jeder evangelischen Stadt wurde der Ruf nach besserer Moral, verantwortlicher Armenfürsorge und Freiheit laut.
Nicht nur Marie Dentière, sondern auch ihr Mann verfasste einen Bericht über die Ereignisse in Genf[14], sein Werk entstand jedoch sehr viel später, erst 1554. Vom Stil her ist es unwahrscheinlich, dass er der Verfasser der „Guerre et deslivrance“ ist[15], obwohl die Schrift anonym herausgegeben wurde, angeblich von einem Genfer Kaufmann[16]. Nur wenige Frauen konnten damals publizieren, sowohl Katharina Zell als auch Argula von Grumbach bekamen erhebliche Schwierigkeiten[17]. Es ist verständlich, dass eine Frau unter männlichem Pseudonym schrieb, bis ins 19. Jahrhundert wählten viele Autorinnen diesen Ausweg, um gelesen zu werden.
„Ein nützlicher Brief“
1539 schrieb Marie Dentière einen offenen Brief an die Königin von Navarra. Warum Farel und Calvin aus Genf verjagt worden waren, hatte die Königin gefragt und Marie Dentière veröffentlichte ihre Antwort[18]. Dabei drückte sie sich teilweise „sehr modern feministisch“ und antiklerikal aus. Der Brief wurde sofort vom Rat der Zweihundert beim Drucker beschlagnahmt[19]. Dentières Mann musste vor dem Rat erscheinen, denn Frauen waren damals nicht gerichtsfähig. Es ist natürlich möglich, dass der Rat ihn für den Verfasser hielt, aber auch für den Fall, dass Marie als Verfasserin des Briefes erkannt war, musste er sich für sie verantworten.
Marguerite d´Angoulême de Navarre (1492-1549) war die Schwester Königs Franz I. von Frankreich[20]. Sie war geprägt vom Geist des französischen Humanismus und des Reformkatholizismus, für den auch die oben genannten Namen Lefèvre d´Etaples und Bischof Briçonnet standen. Als Königin von Navarra schützte sie die Reformierten, unter anderem gab sie Calvin Geld, als er von Frankreich flüchten musste, damit er zu ihrer Cousine, Renée de France, Herzogin von Ferrara, reisen konnte[21]. Ihre Tochter, Jeanne d´Albret, ließ sie gut ausbilden und an ihrem Hof förderte sie die Bildung von Frauen. Marguerite de Navarre war die Verfasserin vom „Spiegel der sündigen Seele“, einem Meditationsbuch, das die Sorbonne 1533 wegen ketzerischen Inhalts verbot, und vom „Heptameron“, einer Sammlung von Kurzgeschichten, die nie ganz fertig wurde – sie sollte ursprünglich hundert Geschichten umfassen – und erst nach ihrem Tod herausgegeben wurde.[22] Marguerite de Navarre blieb katholisch, vielleicht aus Liebe zu ihrem Bruder[23], vielleicht aus Bequemlichkeit oder aber weil sie dachte, sie könne so für die Reformkatholiken und für die Reformierten von größerem Nutzen sein.
Formlos, ja fast vertraulich schrieb Marie Dentière an die Königin. Andere Briefschreiber richteten sehr viel formellere, mit allen Versicherungen der Hochachtung und Untertänigkeit geschriebene Briefe an sie. Marie Dentière dagegen begnügte sich mit einem einfachen „Ma dame“ und sandte Grüße von ihrer Tochter an die Tochter der Königin, Jeanne d´Albret. Als Angehörige des niederen Adels und als Nonne würde sie kaum Zugang zu Marguerite de Navarre gehabt haben. Möglicherweise hatte sie als Glaubensflüchtling bei ihr Schutz gesucht[24] oder - vielleicht wahrscheinlicher - hatte sie über ihren ersten Mann, Simon Robert, und den Metzer Kreis der Humanisten ihre Bekanntschaft gemacht. Marie Dentières zweiter Mann, Antoine Fromment, beschrieb ihr Verhältnis zur Königin als freundschaftlich[25]. Er selbst besuchte den Hof der Königin und war ob des freundlichen Empfangs ganz entzückt. Die beiden Frauen könnten in ihrer humanistischen Bildung zusammengefunden und sich als intelligente, religiös interessierte Frauen über alle Klassenunterschiede hinweggesetzt haben.
Der Brief Dentières gliedert sich in eine Einleitung, gefolgt von einer Verteidigung der Frauen („Défense des femmes“) und drittens den eigentlichen Brief, der sehr kritisch gegenüber der kirchlichen (katholische) Hierarchie ist und die Bibel als einzige Norm für eine Ethik festlegt.
Marie Dentière ist sich bewusst, dass Frauen nicht Männer belehren dürfen, sie sieht aber eine Möglichkeit für Frauen sich untereinander zu bestärken und bekräftigen. Diese Standpunkt passt auch zu ihrem Auftritt im Klarissenkloster und zu ihrer anonymen Veröffentlichung der Geschichte Genfs. Ihr Brief kann durchaus im Rahmen der in Frankreich seit längerer Zeit geführten Geschlechterdebatte, „querelle des femmes“, gesehen werden. In diesem Streit wurden Rolle, Aufgabe und Fähigkeiten der Frauen kontrovers diskutiert. Die Debatte führten zu einem großen Teil Männer, dennoch waren im 16. Jahrhundert, besonders in Adelskreisen in Frankreich und Italien, viele Frauen gut ausgebildet und durchaus fähig, sich ihre Meinung zu bilden und sich schriftlich zu Wort zu melden. Marie Dentière plädiert in ihrem Brief dafür, dass die Frauen selbst die Bibel lesen und in theologischen Fragen einen eigenen Standpunkt vertreten.
„Und wie sehr uns auch verboten sein mag, in öffentlichen Versammlungen und Kirchen zu predigen (1.Kor.14,24), so ist es uns doch nicht verboten, zu schreiben und eine die andere zu ermahnen, in aller Liebe.“[26]
Die Verfasserin scheint eine Parallelgesellschaft vor Augen zu haben, in der die Frauen sich gegenseitig trösten und stärken.
Im Titel kündigte Dentière an, gegen Türken, Juden, Ungläubigen, falsche Christen, Wiedertäufer und Lutheraner zu schreiben. Tatsächlich geht sie gegen zweierlei Gruppen von Geistlichen vor. Die eine Gruppe bilden die Kleriker am Hofe von Marguerite de Navarre:
„Was fürchten Sie die Kardinäle und die Bischöfe, die Sie an ihrem Hof haben…Wenn sie ihre Sache nicht als eine gute, von Gott angeordnete vertreten wollen, ertragen Sie, dass sie über Sie bestimmen? Wir (scil. die Frauen) sagen das Gegenteil, mögen sie es beweisen. Wir wollen es darlegen, sollen sie sich mit der Heiligen Schrift verteidigen…Haben wir zwei Evangelien, eins für die Männer und eins für die Frauen? ...Sind wir nicht eins in unserm Herrn? (Gal.3,28)“[27].
Hier sind es ohne Zweifel katholische Geistliche, die die Verfasserin als frauenverachtend angreift und von ihnen verlangt, auch den Frauen Rede und Antwort zu geben. Anscheinend fühlt Marie Dentière sich theologisch so sattelfest, dass sie jeder Zeit bereit ist, mit den Prälaten zu disputieren. Die andere Gruppe Geistlicher, die sie scharf angreift, sind die Pastoren in Genf, die Calvin und Farel vertrieben haben. Marie Dentière ist ganz klar auf der Seite der verjagten Reformatoren. Einen offenen Brief an die Königin mit einer angekündigten Polemik gegen katholische Geistliche konnte sie nicht senden. So darf man die Vermutung wagen, dass mit den erwähnten „Juden“ die katholische Kirche mit ihren Zeremonien und Regeln gemeint war und mit den „falschen Christen“ die Genfer Pastoren, die ohne Calvin und Farel das religiöse Leben der Stadt regelten. Diese Kritik an den reformierten Geistlichen war wohl der Grund für ihr Schreibverbot.
Dentières eigentlicher Beitrag zur Geschlechterdebatte steht in der „Verteidigung der Frauen“. Biblische Frauengestalten nennt sie als gute Beispiele für alle Frauen, sowohl auf Grund ihrer Tugenden als auch ihres Glaubens und ihrer Lehre:
„Es sind nicht nur Verleumder und Gegner der Wahrheit, die uns allzu großer Kühnheit und Waghalsigkeit beschuldigen, sondern auch Gläubige, die sagen: die Frauen sind zu kühn, indem sie sich schriftlich über die Heilige Schrift austauschen. Denen kann man in aller Ruhe antworten, dass alle diejenigen [scil. Frauen], die geschrieben haben und die in der Heiligen Schrift bewandert sind, nicht als zu waghalsig gelten; vor allem weil mehrere in den Heiligen Schriften lobend erwähnt werden, sowohl für ihre Tugenden, ihre Haltung, ihre Gesten, ihr Beispiel, als auch für ihren Glauben und ihre Lehre.“[28]
Nach ihrer Aufzählung der biblischen Frauen, unter welchen die Samariterin, die „über Jesus und sein Wort“ predigte, und die Frauen am Grab, „denen er aufgetragen hat, es [scil. die Auferstehung] den anderen zu sagen, zu predigen und zu verkünden“, nicht fehlen, fährt Marie Dentière fort: „Und, egal wie viel Unvollkommenheit es auch bei den Frauen geben mag, sie wurden trotz der Männer nicht davon ausgeschlossen“[29]. Man fragt sich, wovon sie nicht ausgeschlossen wurden, und der Antwort kann sein, dass sie von der Heilsbotschaft nicht ausgeschlossen wurden, wohl auch, und dies ist ein radikaler Neuansatz: von Predigt und Verkündigung! Auch wenn die Verfasserin mehr oder weniger zähneknirschend akzeptiert, dass sie nur für andere Frauen die Heilige Schrift auslegen darf, ist dieser Anspruch doch bahnbrechend.
Die fehlende Bildung der Frauen war meistens die Begründung für das alleinige Predigeramt der Männer. Eine Nonne wie Jeanne de Jussie war z.B. nicht im Stande, fehlerfrei Latein zu schreiben[30]. Wir wissen nicht, ob Marie Dentière sich die notwendige damalige Bildung in Sprachen für die Exegese, Latein[31], Griechisch und Hebräisch angeeignet hatte, aber sie ließ ihre Tochter eine Ausbildung in Hebräisch zukommen, und wer Hebräisch konnte, würde man annehmen, sei des Griechischen mächtig. Ob nun Marie Dentière der Tochter die Ausbildung gab, die sie selbst nicht hatte, oder ob sie ihre Töchter dasselbe gönnte, was sie sich erarbeitet hatte, können wir nicht mehr feststellen. Die zweite Tochter aus der Ehe mit Robert Simon schrieb eine kleine hebräische Grammatik, und die stolze Mutter hat sie Marguerite von Navarre mit dem Brief zugeschickt, damit deren Tochter Jeanne d´Albret daraus lernen könnte, und auch, um der jungen Verfasserin Mut zu machen, die Grammatik in Druck zu geben:
„…Und auch um meinem kleinen Mädchen, Ihrem (Paten)Töchterchen, Mut zu machen, ist eine kleine hebräische Grammatik, die sie auf Französisch geschrieben hat, zum Drucken zu geben – zur Benutzung und zum Nutzen der anderen jungen Mädchen. Und in erster Linie für meine Prinzessin, Ihre Tochter, an die sie gerichtet ist. Denn, wie Sie wissen, ist das weibliche Geschlecht schamhafter als das andere, und das nicht ohne Grund. Denn die Buchstaben [scil. Literatur überhaupt] sind ihnen bisher so sehr verborgen geblieben, dass sie sich nicht trauten, ein Wort zu sagen.“[32]
Marie Dentières gut ausgebildete Tochter heiratete später den Professor in Hebräisch an der Universität Lausanne. Ihr Mann, Jean Raymond Merlin, wurde 1563 nach Frankreich zu Jeanne d´Albret gesandt. Diese hatte gerade ihren Gemahl, Antoine de Bourbon, verloren und sich am Weihnachtstag 1560 offen zum reformierten Glauben bekannt. 1563 begann sie, den reformierten Glauben in ihren Gebieten um Béarn einzuführen.[33]
Zurück zu Marie Dentière: Das Zitat zeigt, dass sie, wie alle Reformatoren, der Überzeugung war, Ausbildung sei der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilnahme, zum öffentlichen Auftreten und zu verlässlicher Bibelauslegung. Als Calvin 1559 seine Akademie in Genf gründete, erhielten nur die Jungen diese Chance. Die Mädchen erhielten keine Schulbildung über die Grundschule hinaus, sofern sie nicht zu Hause unterrichtet wurden.
Eine Begegnung mit Calvin
Trotz Dentières Verteidigung Calvin in ihrem „sehr nützlichen Brief“, scheint es, dass sie sich nicht unkritisch gegenüberstanden. 1546 nahm Dentière Anstoß an Calvins langer Robe, in der er wie auch Farel, Beza und Knox auf dem Genfer Reformationsdenkmal abgebildet ist. Ihre Kritik verbreitete Dentière überall in Genf. Als Calvin[34] sie daraufhin ansprach, lachte sie und sagte, er sei entweder unpassend für die Kirche gekleidet, oder er wisse nicht, dass man sich vor den falschen Propheten in langen Roben in Acht nehmen müsse. Eine kurze Diskussion über Schriftbelege für diese kühne Behauptung folgte, und da Marie Dentière ganz unverfroren zwei Bibelverse vermischte, fühlte Calvin sich bestätigt in der Annahme, sie wisse nicht, wovon sie spreche. Zum Schluss sagte Marie Dentière dem Reformator, er übe Tyrannei aus und verbiete die freie Rede. Calvin war offenkundig auf seine Selbstbeherrschung stolz und wahrte die Höflichkeit. Danach ging Marie Dentière, die zu dieser Zeit mit ihrem Mann in Massongy lebte, zurück zu ihrer Gastgeberin, einer Witwe, die Tisch und Bett mit ihr teilte, „weil sie schlechtes von den Pastoren sprach“[35]. Anscheinend gab es in Genf eine Gruppe gleichgesinnter Frauen, die sich um sie kümmerten und ihr Gastfreundschaft zeigten.
Lange Roben sagten etwas über ihre Träger aus, wusste auch Jeanne de Jussie: „Schon 1526 verließen 52 vornehme Bürger, „reiche Kaufleute und Leute mit langer Robe“, die Stadt“[36]. Die vornehmen Leute verließen 1526 Genf und schon 1546 hatte sich eine neue Oberklasse aus Herren in langen Roben ausgebildet. Genau wie Katharina Zell in Straßburg[37] sah Marie Dentière hier einen Verrat an der ursprünglichen Reformation.
Die Vorrede Dentières zu einer Predigt Calvins
Am Ende versöhnten sich Marie Dentière und Calvin wohl doch miteinander. 1561 gab ein Drucker in der Normandie ein Büchlein heraus[38], das eine Predigt von Calvin enthält, zusammen mit einem Vorwort von Marie Dentière und Auszügen aus dem Buch des Kirchenvaters Cyprian „Von der Kleidung der Jungfrauen (De habitu virginum)“, übersetzt ins Französische und mit einem Zitat aus Spr. 11,22: „Ein schönes Weib ohne Zucht ist wie eine Sau mit einem goldenen Ring durch die Nase“.[39]
Hier geht es um reformierte Kleiderordnung, und vor allem um Schminke, die damals sowohl Männer als auch Frauen trugen. In Frankreich, wo das Büchlein gedruckt wurde, gab es viele Sympathisanten für die Reformation in den höchsten Adelskreisen, die sich standesmäßig elegant kleideten. Die hugenottischen Damen, die von zeitgenössischen (oft katholischen) Berichterstattern für ihre hohe Moral und Frömmigkeit gelobt wurden, wurden gleichfalls für ihre höfische Eleganz im Tanz, in ihren Manieren und in ihrer Kleidung gerühmt.[40] Dagegen plädierte Marie Dentière in ihrer Schrift für eine „innerweltliche Askese“, um das Ausdruck von Max Weber zu verwenden. Die Jungfrauen bei Cyprian sind Nonnen, aber auch die reformierten Frauen und Männer sollen sich dezent und bescheiden kleiden, und sich nicht schminken. Der Christ und die Christin sollen sich vor dem Teufel in Acht nehmen und alle Laster scheuen, in diesem Fall könnte der Anfang von vielen Lastern modische Kleidung und Schminke sein:
„Also, unter den heute herrschenden Lastern nehmen das Schminken und die übertriebene Kleidung eine viel zu hohe Bedeutung ein.“[41]
Wir sind – sowohl Männer wie Frauen - in Gottes Ebenbild geschaffen, und zerstören dieses Ebenbild durch Schminke und modische Aufmachung:
„Kurzum, die Schminkerei ist nichts anderes als eine Verkehrung der Natur, oder – vielmehr noch – ein gegen Gott geführter Kampf. Gott will in keiner Weise, dass seine Werke derart verkehrt oder gegen ihre Bestimmung gerichtet werden. Überflüssig zu sagen, dass die heißt, Gottes Ebenbild, das wir in uns tragen, auszulöschen. So wie der heilige Doktor…Augustin betont, dass das Ebenbild Gottes wichtiger ist als die äußeren körperlichen Merkmale.“
Auf die inneren Werte kommt es an! Die Wohlhabenden können sich elegante, modische Kleidung leisten, aber das ist nicht der rechte Gebrauch von Gottes Gaben:
„Gott will, dass wir die Dinge gebrauchen, die er uns zu Besitz und sinnvollem Gebrauch gegeben hat: man muss sie zu guten und gewinnbringenden Zwecken einsetzen, und zu solchen, die er befohlen hat.“
Am Ende nimmt Dentière ganz freundlich Bezug auf die Predigt Calvins:
„Lasst uns auf den Apostel hören, was er Timotheus sagt, und auf den, der diesen Bibeltext öffentlich gepredigt hat, und der für seine reine Lehre es verdient hat, unter allen den Pastoren und treuen Prediger, die es heute in Europa gibt, gehört zu werden“.
Dieses Buch wurde 1561, im Todesjahr von Marie Dentière, herausgegeben. Wurde sie im Alter milder? Oder war ihre Kritik an Calvin nicht allzu ernst gemeint?
Marie Dentière war die einzige Frau, die sich damals theologisch äußerte. Es gab viele Frauen, die die reformierte Lehre annahmen, die für diese Lehre sogar in den Tod gingen, die für diese Lehre kämpften, aber es gibt – nach unserem Wissensstand - nur eine Frau, die über theologische Fragen schrieb. Marie Dentière war die einzige, die die Bildung und das Wissen hatte, sich ihre eigene Meinung zu bilden und diese auch anderen Frauen mitzuteilen. Sie hat es verdient wieder bekannt zu werden.
Literatur:
Primärliteratur:
Eine moderne wissenschaftliche Ausgabe in der Originalsprache der Schriften von Marie Dentière fehlt.
Die älteren Ausgaben sind:
Marie Dentière: „La guerre et deslivrance de la ville de Genesve”, Genève 1881, in: Mémoires et documents publiés par la Société d´histoire et d´archéologie de Genève, Bd. 20, Genève 1879-1888.
Marie Dentière: ”Épître très utile, faicte et composée par une femme chrestienne de tornay, envoyée à la Royne de Navarre, soeur du Roy de france, contre les Turcz, Juifs, Infideles, Faulx chrestiens, Anabaptistes et Lutheriens”, in: A.-L. Herminjard: Correspondance des Réformateurs dans les pays de la langue française, Bd. 5, Nr. 785, Genève 1878.
Die Vorrede zur Predigt Calvins, in: Hornus, Jean-Michel & Peter, Rodolphe: „Calviniana rarissima du fonds Jean Louis Médard à la Bibliothèque Municipale de Lunel“, in: Études Théologiques et Religieuses 54/1 (1979).
Moderne Ausgabe mit Übersetzung von Auszügen aus Épître très utile:
Brodbeck, Doris, Hrsg.: Dem Schweigen entronnen – Religiöse Zeugnisse von Frauen des 16. bis 19. Jahrhunderts, Würzburg 2006.
Englischsprachige Übersetzungen:
Thomas Head: „A Propagandist for the Reform: Marie Dentière”, in:
McKinley, Mary, ed.: Marie Dentière: Epistle to Marguerite de Navarre and Preface to a Sermon by John Calvin. The Other Voice in Early Modern
Jeanne de Jussie: Petite Chronique, Einleitung, Edition, Kommentar von Helmut Feld,
Fromment, Anthoine: Les Actes et gestes merveilleux de la Cité de Genève, ed. G. Revilliod, Genève 1854.
Pfanner, Josef (Hrsg.): Die Denkwürdigkeiten der Caritas Pirckheimer, in: Caritas Pirckheimer – Quellensammlung, 2. Heft, Landshut 1962.
Zell, Katharina: Ein Brief an die ganze Bürgerschafft der Stadt Straßburg von Katharina Zellin, in: J.C. Füßlin: Beyträge zur Erläuterung der Kirchen=Reformations=Geschichten des Schweitzerlandes, Bd.V, Zürich 1753.
Sekundärliteratur:
Backus, Irena: „Marie Dentière: un cas de féminisme thélogique à l´époque de la Réforme?“, in: Bulletin de la Société de l´Histoire du protestantisme français 137, 1991.
Chrisman, Miriam U.: ”Women and the Reformation in Strasbourg 1490-1530”, in: Archiv für Reformationsgeschichte, 63, 1972.
Douglass, Jane Dempsey: „Christian Freedom: What Calvin learned at the
Douglass, Jane Dempsey: “Calvin´s Use of Metaphorical Language for God: God as Enemy and God as Mother”, ARG 77, 1986.
Douglass, Jane Dempsey: Women, Freedom and Calvin,
Graesslé, Isabelle: Vie et Légendes de Marie Dernière, Bulletin du Centre Protestant d´Études, Genève 2003.
Roelker, Nancy L.: “The Appeal of Calvinism to French Noblewomen in the Sixteenth Century”, in: The Journal of Interdisciplinary History, vol. II, 1971/2, p. 391-418.
Roelker, Nancy L.: “The Role of Noblewomen in the French Reformation”, in: ARG 63, 1972.
Thompson, John Lee: John Calvin and the Daughters of Sarah, Women in regular and Exceptional Roles in the Exegesis of Calvin, his Predecessors, and his Contemporaries, Travaux d´Humanisme et Renaissance, no CCLIX, Genéve 1992.
Zimmermann, Margarete: Salon der Autorinnen, französische dames de lettres vom Mittelalter bis zum 17.
Weitere Literatur:
PD Dr. Isabelle Graesslé
Direktorin, Internationales Museum der Reformation, Genf: Marie Dentière – ein weiblicher Beitrag zur Reformation
Zitierempfehlung:
Merete Nielsen, Marie Dentière (2009), auf www.reformiert-info.de, URL: http://www.reformiert-info.de/3565-0-5-3.html (Abrufdatum)
[1] Katharina Zell war Pfarrfrau in Straßburg. Sie schrieb über ihre Ehe und die Reformation in Straßburg. Argula von Grumbach war eine Adlige, die an die Universität Regensburg schrieb. Beide Autorinnen hatten mit erheblichen Schwierigkeiten seitens ihrer Umwelt zu kämpfen.
[2] Für die folgende Ausführung stütze ich mich auf Isabelle Graesslé: Vie et Legendes de Marie Dentière, Bulletin du centre protestant d´études, Genève 2003.
[3] Doris Brodbeck(Hrsg.): Dem Schweigen entronnen – Religiöse Zeugnisse von Frauen des 16. bis 19. Jahrhunderts, Würzburg 2006, 297.
[4] Jeanne de Jussie: Petite Chronique, Einleitung, Edition, Kommentar von Helmut Feld, Mainz 1996, XXVIII-XLVIII.
[5] Chronique a.a.O. (Feld 1996). Auszüge mit Übersetzung in Brodbeck 2006, 279-303.
[6] Brodbeck 2006, 296. Die Übersetzung macht sich manchmal dem Text gegenüber selbstständig.
[7] Feld 1996, 238:“…suis venue à la vraye lumière de verité” –„...ich bin zum hellen Licht der Wahrheit gelangt“.
[8] Feld 1996, 277: “Ha, genesue, aceste heure tu pert tout ton bien et lumiere” – “Ach, Genf, in dieser Stunde verlierst du all dein Gut und Licht.” Die Devise von Genf ist immer noch: „Post tenebras lux“.
[9] Brodbeck 2006, 296-298. Feld 1996, 238-9. Feld hat den besseren Text.
[10] In Nürnberg führte Caritas Pirckheimer einen ähnlichen Kampf um den Erhalt ihres Klosters, vgl. „Die Denkwürdigkeiten des Caritas Pirckheimer“ hrsg. von Josef Pfanner (Caritas Pirckheimer – Quellensammlung, 2. Heft) Landshut 1962. Straßburg war toleranter, zwar ließ im Mai 1525 der Rat alle Schwestern von ihrer Verwandtschaft abholen, erlaubte dann aber im September desselben Jahres zurückkehrenden Nonnen in zwei Klöstern zu bleiben. Einziges Problem war die geistliche Betreuung, denn der Rat ließ Bucer und Hedio predigen, was bei den Nonnen gar nicht gut ankam. Am Ende sangen sie selbst die Messe. Miriam U. Chrisman: „Women and the Reformation in Strasbourg 1490-1530“, in: ARG 63, 1972, 143-167, bes. 165f.
[11] Marie Dentière: La Guerre et Deslivrance de la ville de Genesve, Genf 1881, p. 35-72 (Mémoires et documents publiés par la Société d´histoire et d´archéologie de Genève, Bd. 20, Genf 1879-1888, p. 309-384).
[12] Graesslé 2003, 25. Für die Übersetzungen danke ich Pastor i. R. Gottfried Wehr.
[13] A.a.O. 26.
[14] Anthoine Fromment: Les Actes et gestes merveilleux de la Cité de Genève, ed. G. Revilliod, Genf 1854.
[15] Graesslé 2003, 11, und n. 39.
[16] In der Sekundärliteratur zweifelt nur Mary McKinley die Verfasserschaft Dentières an: Marie Dentière: Epistle to Marguerite de Navarre and Preface to a Sermon by John Calvin. Ed. Mary McKinley. The Other Voice in Early Modern Europe, University of
[17] L. Dacheux: Annales de Sebastian Brant, in: BSCMA, Strasbourg 1899, II. série, Bd. 19, 85f: „…alsdann woll s.F.G. fürfaren und damit inen ein geschrifft, eins heißen inhalts angezeigt, so mster Matthisens frauw s.F.G. zugeschickt und betrotzt copien zu schicken. Erkant:…mit mster Matthisen reden, daß er darob und daran by siner frauwen sey, daß die angestellt geschrifft hinderhalten und in keinen weg wolle drucken lassen, dann m.H.H. irs schreiben gar kein gefallen haben.“ S.F.G. ist der Bischoff, und m.H.H. sind die Ratsherren in Straßburg.
[18] Épitre très utile faite et composée par une femme chrétienne de Tornay, envoyée à le Reine de Navarre, soeur du Roi de France, contre les Turcs, Juifs, Infidèles, Faux Chrétiens, Anabaptistes et Luthériens. Ein Teil ist veröffentlicht in: A.-L. Herminjard: Correspondance des Réformateurs dans les pays de langue française, Bd. 5, Nr.785, Genf 1878, 295-305. Brodbeck 2006, 304-320, mit deutscher Übersetzung. Thomas Head: „A propagandist for the Reform: Marie Dentière”, in: Katharina M. Wilson: Women Writers of the Renaissance and Reformation,
[19] Herminjard 1878, 304, Anm. 23.
[20] Wilson, Katharina M.: Women Writers of the Renaissance and Reformation, Athens, Ga. 1987; Roelker, Nancy M.: ”The Appeal of Calvinism to French Noblewomen in the Sixteenth Century”, in: The Journal of Interdisciplinary History, vol. II, Number 4, 1971/2, 391-418; Roelker: “The Role of Noblewomen in the French Reformation”, ARG 63, 1972, 168-194; Zimmermann, Margarete: Salon der Autorinnen, Berlin 2005.
[21] Roelker, 1972, 173.
[22] Wilson 1987, Zimmermann, 2005, 135-138.
[23] Roelker 1972, 175.
[24] Graesslé 2003, 4-5.
[25] Graesslé 2003, 6.
[26] Brodbeck, 2006, 314.
[27] Brodbeck 2006, 315f.
[28] Graesslé 2003, 27, Übersetzung von Gottfried Wehr und Brodbeck 2006, 316f.
[29] Brodbeck 2006,317f.
[30] Feld 1996, XLIII.
[31] Sie hatte nicht nur sehr gute Bibelkenntnisse, sondern konnte auch richtig aus dem kanonischem Gesetz zitieren, Graesslé 2003, 11.
[32] Brodbeck 2006, 320; Graesslé 2003, 11f.
[33] Roelker 1971/2, 399f, 416.
[34] Ioannis Calvini opera, Bd. 12, Sp. 378, Braunschweig 1874.
[35] Graesslé, p.16.
[36] Feld 1996, XXXII.
[37] Zell, Katharina: Ein Brief an die ganze Bürgerschafft der Stadt Straßburg von Katharina Zellin, in: J.C. Füßlin: Beyträge zur Erläuterung der Kirchen=Reformations=Geschichten des Schweitzerlandes, Bd. V, Zürich 1753.
[38] Hornus, Jean-Michel und Peter, Rodolphe: „Calviniana rarissima du fonds Jean Louis Médard à la Bibliothèque Municipale de Lunel“ Études Théologiques et Religieuses 54/1 (1979), 51-68.
[39] Graesslé 2003, 15f.
[40] Roelker 1971/2, 409: „The Huguenot ladies so much admired for their moral character and piety by contemporary writers (mostly Roman Catholic) are often praised in the same sentence for their skills in courtly accomplishments such as dancing and flirtation, and sometimes for their elegance of dress as well.”
[41] Graesslé 2003, 29ff. Übersetzungen von Pastor i.R. Gottfried Wehr.
Marie Dentière im Internet (eine kleine Auswahl)
Englische Übersetzung des Briefes Marie Dentières an Marguerite de Navarra von Elisabeth Wengler
Margarete Zimmermann, „Salon der Autorinnen“ auf Google Buchsuche. Der Teil zu Marie Dentière ist veröffentlicht >>>
©Merete Nielsen, Göttingen
Biografie, Theologie und Politik in Frauensachen. Eine Sammlung von Texten und Links auf reformiert-info