Was dagegen gesagt werden muss

Ein Gegengedicht von Sylvia Bukowski

"Mit dem Gewicht seiner Persönlichkeit und in der Geste eines besorgten Friedensapostels verdreht er (Günter Grass) den Ursprung der Bedrohung und verhöhnt die Angst Israels um seine staatliche Existenz."

Ein zorniger alter Mann
schreibt ein Gedicht:
was gesagt werden muss.
Zornig ist er,
weil er so lange geschwiegen hat.
Ich sage:
zu lange
über seine jugendliche Verstrickung
in die Maschinerie der Gewalt,
die millionenfach Tod gebracht hat
über Europa
und über das jüdische Volk.
Nun ergreift er das Wort
mit poetischem Furor
und prangert an,
Israel sei es,
das heute den
Weltfrieden bedrohe.
Er rechtfertigt sich selbst
als mutigen Mahner,
der endlich ausspricht,
was Deutsche bisher nicht wagen zu sagen.
Mit dem Gewicht
seiner Persönlichkeit
und in der Geste
eines besorgten Friedensapostels
verdreht er den Ursprung der Bedrohung
und verhöhnt die Angst Israels
um seine staatliche Existenz.
Gelungen ist ihm,
sich selbst
ins Rampenlicht zu stellen,
und mit letzter Tinte
den Juden wieder
alle Schuld zuzuschieben.
Die Vergangenheit
holt Günter Grass ein.
 


Sylvia Bukowski, Pfarrerin, April 2012