Internationaler Kongress: Das Menschenbild im Strafrecht

Körtner: ''Kein Rechtssystem kann letzte Gerechtigkeit schaffen''

In Wien fand ein internationaler Kongress statt zum Thema ''Das Menschenbild im Strafrecht'' – Bischof Bünker: Gegen Rachefantasien im Rechtsdenken

Wien (epd Ö) - "Letzte Gerechtigkeit lässt sich durch kein Rechtssystem der Welt schaffen, weil auch die unbescholtenen Bürger Sünder sind und bleiben und auch unsere menschlichen Versuche, für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen, aufgrund der Sünde und der Realität des überpersönlichen Bösen zweideutig bleiben." Das erklärte der Professor für systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, Ulrich H.J. Körtner, in seinem Eröffnungsvortrag zum Internationalen Kongress "Das Menschenbild im Strafrecht - Brennpunkt christlicher Sozialethik" am 21. September im Großen Festsaal des Bundesministeriums für Justiz in Wien.

In seinem Vortrag mit dem Titel "Muss Strafe sein? Menschenbild und Strafrecht aus theologischer Sicht" betonte der Theologe: "Ein humanes Strafrecht zeichnet sich durch die Einsicht in seine Begrenzungen aus, die sich aus dem Unterschied zwischen strafrechtlicher und moralischer Schuld, der Achtung vor der Personenwürde des Täters, dem Wissen um die gesellschaftliche Mitverantwortung und um den transpersonalen Charakter menschlicher Schuld wie dem transmoralischen Charakter menschlicher Sünde ergibt."

Gleichzeitig hielt der Referent fest, so sehr die Forderung neuerer Straftheorien, den Täter-Opfer-Ausgleich in den Mittelpunkt zu stellen, grundsätzlich zu unterstützen sei, "so sehr muss doch auch gesehen werden, dass es Grenzen der Wiedergutmachung gibt". Vergebung und Versöhnung unter den Lebenden könne es nur geben, wenn sie zugleich ein Handeln seien, das mit den Toten als den Opfern von Gewalt und Verbrechen solidarisch ist.

"Haftstrafen sind Gewaltausübung"
Zum Problem der Todesstrafe sagte Körtner unter Berufung auf den Theologen Karl Barth: "Weil Christus ein für alle Mal stellvertretend den Tod des Sünders auf sich genommen hat, gibt es nach dieser Argumentationslinie prinzipiell keinen Rechtfertigungsgrund mehr für die Todesstrafe." Auch der Freiheitsentzug bedeutet nach Körtner in jedem Fall, "dass einem Menschen willentlich Leid zugefügt wird". Haftstrafen seien eine Form der Gewaltausübung, "mag diese auch für legitim erachtet werden". Das Gefängnis beschränke nicht nur die Lebens- und Kommunikationsmöglichkeiten sowie die Selbständigkeit und Eigeninitiative auf einen engen Raum, "es versetzt außerdem die Gefangenen an einen Ort, an dem strukturelle Gewalt herrscht und auch von Mitgefangenen Gewalt ausgeübt wird". In der Subkultur von Gefängnissen setze sich trotz aller Gegenmaßnahmen die Kriminalität fort, die durch die Strafe im Sinne der Generalprävention und der Spezialprävention verhindert werden soll. Das stellt, so Körtner, "die hohe Verantwortung vor Augen, die der Staat für die Qualität des Strafvollzugs und die Einhaltung der Menschenrechte auch hinter Gefängnismauern hat". Unbedingte Freiheitsstrafen sollten "wirklich nur das äußerste Mittel im Strafvollzug sein".

Bischof Bünker: Auftrag der Kirche, sich um Gefangene zu sorgen
"Weil der Herr der Kirche selbst das Los eines Gefangenen auf sich genommen hat, geht der Auftrag der Kirche, sich um Gefangene zu sorgen, von ihm aus", erklärte der lutherische Bischof Michael Bünker in seinem Grußwort vor dem Kongress. Der Bischof wandte sich gegen "pseudoreligiöse Rachefantasien", die im Rechtsdenken der Gesellschaft gelegentlich anzutreffen seien. Bünker kritisierte auch, dass die Betreuung von Schubhäftlingen in Salzburg durch die Diakonie nach acht Jahren erfolgreicher Tätigkeit vom Innenministerium beendet worden sei.

Die Frage, ob der Mensch "Menschenkind als Gotteskind" sei, stellte Weihbischof Franz Scharl in den Mittelpunkt seines Grußwortes an die Gefängnisseelsorge. Als "wertvolle Ergänzung des Betreuungsstabs", die das ganzheitliche Betreuungskonzept im Strafvollzug abrundet, bezeichnete Sektionschef Generalanwalt Franz Plöchl vom Bundesministerium für Justiz die Arbeit der SeelsorgerInnen. Grußworte sprachen auch Pastor Wim Timer von der International Prison Chaplains Association (IPCA) und der römisch-katholische Gefängnisseelsorger Meinrad Pieczkonwski, der eine Grußbotschaft des Präsidenten der International Commission for Catholic Prison Pastoral Care (ICCPPC), Christian Kuhn, verlas.

Der internationale Kongress "Das Menschenbild im Strafrecht", der bis zum 24. September dauerte, wurde von der Evangelischen Gefängnisseelsorge Wien in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Wien und der International Prison Chaplains Association (IPCA) veranstaltet. Seine Themen waren "Kriminalität und Lebenswelt 'Gefängnis'" sowie "Das Recht der Gesellschaft - das Recht der Betroffenen". Zu den Referenten zählten Theologen, JuristInnen, Anstaltsleiter, Gefangenenbetreuer und eine Psychiaterin aus Österreich, Deutschland, Belgien und Dänemark. Über die Möglichkeiten einer gefängnislosen Gesellschaft führte der Wiener Gefängnisseelsorger Matthias Geist ein Gespräch mit Betroffenen. Die Referate und Arbeitsgruppen fanden im Albert Schweitzer Haus in Wien statt.

Quelle (bearb.): www.evang.at


 

 

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Das reformierte Quartalsmagazin / März 2009
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Jörg Schmidt, Generalsekretär des Reformierten Bundes
Eine neue Internetseite informiert über die Aktivitäten der im Entstehen begriffenen World Communion of Reformed Churches (WCRC), dem Zusammenschluss von Reformiertem Weltbund (WARC) und Reformiertem Ökumenischen Rat (REC).

Barbara Schenck

Größeres Risiko von Gewalt gegen Frauen in der ökonomischen Krise

Der Reformierte Weltbund zum Internationalen Frauentag am 8. März
Geneva (ENI). Women are at higher risk of violence during the current economic crisis, yet the world is paying less attention to their needs, says the World Alliance of Reformed Churches. In a statement to mark International Women’s Day on 8 March, the Reformed churches alliance expresses concern that violent crimes against women, particularly rape and domestic violence, are on the rise at the same time that support for programmes to protect women is under threat. "The world seems to have become almost immunised to the stench of violence against women," said Patricia Sheerattan-Bisnauth, WARC's spokesperson on gender issues, in the 5 March statement.

Barbara Schenck

Churches told to confront ''moral crisis'' in the world economy

''Where are the prophetic voices of the churches?''
The multiple crises confronting the world are fundamentally a moral crisis says the president of the United Nations General Assembly. In remarks recorded for a public hearing on reconciliation in Geneva, Miguel d’Escoto Brockmann asks, ''But where are the prophetic voices of the churches today?''

Setri Nyomi zum Internationalen Jahr der Versöhnung 2009

Generalsekretär des Reformierten Weltbundes warnt vor dem Ausschluss von Immigranten und Minderheiten
Geneva (ENI). Immigrants and minorities in affluent countries are becoming targets of exclusion at a time when the global economic system is facing strains, a global Protestant leader has warned at a gathering in the Swiss city of Geneva. "There has been a resurgence of hate crimes against minorities in a number of nations," said the Rev. Setri Nyomi, general secretary of the World Alliance of Reformed Churches, at a 19 February meeting to mark the International Year of Reconciliation proclaimed by the United Nations for 2009.

Barbara Schenck

WARC welcomes statements made at the World Social Forum in Brazil

Reformierter Weltbund begrüßt die Stellungnahmen des Weltsozialforums
The World Alliance of Reformed Churches (WARC) has issued a statement of support in response to a declaration by a representative of the World Council of Churches (WCC) that the global economic crisis offers an opportunity to create a more just financial system.

Quelle: Reformierter Weltbund, 2. Februar 2009

RWB Kommunikation: neue Chefin

Kristine Greenaway: moderne Kommunikationstechniken verbinden
Der Reformierte Weltbund (RWB) hat den leitenden Posten in der Abteilung Kommunikation neu besetzt: Frau Kristine Greenaway von der Vereinigten Kirche von Kanada hat am 5. Januar die Arbeit in der Genfer Zentrale aufgenommen. Sie ersetzt somit John Asling, der die Stelle bis Ende Dezember 2008 innehatte.

Quelle: Internetseite Reformierter Weltbund (RWB)

End the Violence in Gaza

''The rockets from Gaza aimed at Israeli communities are destructive and the suicide bombing incidents cannot be condoned ... We strongly condemn the air and ground assaults from the Israeli Defense Forces leading to senseless deaths ...'' (Reformierter Weltbund)

Pressemitteilung des Reformierten Weltbundes (WARC), 7. Januar 2009

Die Schweiz und die Einigung Europas

SEK für Ausdehnung der Personenfreizügigkeit
Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) spricht sich für die Weiterführung und die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft auf Rumänien und Bulgarien aus.

Medienmitteilung der SEK, Simon Weber, 8. Januar 2009

Gemeinsame Grundsätze zur Pfarrerausbildung

Die theologischen Fortbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern soll auch intensiviert werden
Mit einer Konsultation vom 20.-23. November 2008 in Berlin hat die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) einen Prozess zur Verständigung über gemeinsame Grundsätze zur Pfarrerausbildung begonnen.

24.11.2008 Thomas Flügge, GEKE
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