Jung: 'Wir sehen nicht, was in Afrika geschieht'

Südafrika-Besuch rückt Migration in Blick


Konsultation zu Flüchtlingsfragen in Südarfrika 2018 unter anderem mit Kirchenpräsident Volker Jung (links) © Morawian Church

Wer in Deutschland behauptet, halb Afrika sei auf dem Weg nach Europa, habe keine Ahnung von der Situation auf dem Schwarzen Kontinent, sagt Kirchenpräsident Volker Jung nach seinem Besuch in Südafrika. Viele Menschen sind nämlich innerhalb Afrikas unterwegs. Das zeigte dort auch eine Konsultation mit vielen Vertreterinnen und Vertretern von hessen-nassauischen Partnerkirchen zur Migration, die jetzt eine gemeinsame Erklärung verabschiedeten.

Zum Abschluss seines Besuchs in Südafrika hat der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung am Dienstag, 9. Oktober, dazu aufgerufen, Herausforderungen der Migration in der Kirche mehr in den Blick zu nehmen. Nach einer Konsultation in Stellenbosch bei Kapstadt hatten die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und ihre Partnerkirchen in Afrika verabredet, das Bewusstsein für Migrationsfragen zu stärken. Das umfasse das Handeln der Kirchen, die Verkündigung, die diakonische Arbeit, das öffentliche Zeugnis, sowie die Anwaltschaft und Lobbyarbeit der Kirchen für Migrantinnen und Migranten, wie es in einer gemeinsam verabschiedeten „Erklärung zur Migration“ heißt.

„Migration ist ein großes Thema für die Kirchen. Es ging uns darum, aus afrikanischer und europäischer Perspektive differenziert die jeweiligen Herausforderungen in den einzelnen Ländern wahrzunehmen und zu erkennen, wo unsere Aufgaben als Kirchen sind. Aus europäischer Sicht war es sehr aufschlussreich zu sehen, dass Migration in Afrika in erster Linie eine Frage der innerafrikanischen Migration ist. Wer in Deutschland behauptet, da stünde ein halber Kontinent bereit, der nach Europa drängt, nimmt nicht wahr, was in Afrika wirklich geschieht“, sagte Jung. So nähmen sowohl Tansania als auch Südafrika Menschen aus anderen afrikanischen Ländern auf. Die Teilnehmenden der Konferenz aus Afrika hätten zudem die Abwanderung zum Teil sehr gut ausgebildeter junger Menschen in ganz unterschiedliche Länder beklagt.

Große Übereinstimmung habe bei dem Zusammentreffen in der gemeinsamen Überzeugung bestanden, „dass Migration fest zum menschlichen Leben gehört und nicht unterbunden werden kann, sondern gestaltet werden muss“, so Jung. Flüchtlinge in ihrer besonderen Situation wahrzunehmen und anzuerkennen, hielten die beteiligten Kirchen nicht nur für eine humanitäre Forderung, sondern für eine Grundhaltung des christlichen Glaubens. „Dies ist tief im Menschenbild des christlichen Glaubens verwurzelt, der alle Menschen als Ebenbilder Gottes versteht und menschliches Leben immer auch von anderen Menschen als den Nächsten her versteht“, hob Kirchenpräsident Jung hervor.

Mit einer fünfköpfigen Delegation war Jung am 30. September zu der Herrnhuter Kirche in Südafrika (Moravian Church in South Africa) gereist. Teil des Besuchs war auch ein Zusammentreffen der afrikanischen Partnerkirchen der EKHN aus Tansania und Ghana zu einer dreitägigen Konsultation über das Thema „Migration“. An der Begegnung in Stellenbosch konnte eine Delegation aus Ghana nicht wie geplant teilnehmen, weil sie nicht rechtzeitig ein Visum erhielt. Zur EKHN-Delegation gehörten Pröpstin Karin Held, Christine Schreiber (Mitglied des Kirchensynodalvorstands in der Kirchenleitung), Pfarrer Andreas Lipsch (Interkultureller Beauftragter) und Dr. Helga Rau (Afrika-Referentin im Zentrum Oekumene). Kirchenpräsident Jung nutzt die regelmäßigen ökumenischen Reisen zu Partnerkirchen nicht nur, um die Kontakte zu pflegen, sondern auch um gemeinsam theologisch an relevanten Themen zu arbeiten. So fand zuletzt 2013 in Amritsar (Indien) ein internationales Treffen zum Thema „Mission“ statt.
 


Quelle: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

Zur Erklärung im Wortlaut